Kitzinger Tafel: Die Arbeit ist eingestellt
Autor: Frank Weichhan
Kitzingen, Dienstag, 17. März 2020
Corona: Aus Sicherheitsgründen unterbricht die Tafel in Kitzingen die Ausgabe von Lebensmitteln. Für Tafel-Chef Manfred Seigner geht die Sicherheit der Mitarbeiter vor.
Es geht nicht mehr. Manfred Seigner hat die Reißleine: Ab sofort wird die Kitzinger Tafel geschlossen. Die Entscheidung fiel dem durch und durch engagierten Tafel-Chef nicht leicht, aber es muss sein: Es geht um den Schutz seines 45-köpfigen Helfer-Teams. Die Gefahr, dass sich einer der Mitarbeiter mit dem Coronavirus ansteckt, ist inzwischen einfach zu groß.
Das Duchschnittsalter seiner Truppe, so hat Seigner mal ausgerechnet, "liegt um die 72 Jahre". Das heißt: Wir reden genau von dem, was immer wieder als "Risikogruppe" bezeichnet wird. Allein die Fürsorgepflicht zwingt den Kitzinger also, diesen Schritt zu gehen und erst einmal dicht zu machen. Bei der zweimal wöchentlich stattfindenen Ausgabe von Lebensmitteln ist die Ansteckungsgefahr einfach zu groß.
Die Altersstruktur der Helfer liegt Seigner schon länger im Magen. "Wir brauchen jüngere Helfer!", hatte er schon vor Jahren Alarm geschlagen. Allein: Es blieb bei dem Wunsch. Der Altersdurchschnitt blieb, wie er war. Ein Problem, dass auch schon dafür gesorgt hatte, dass manche Tafel in Deutschland – etwa in Nürnberg – zwischenzeitlich nicht weitermachen konnte.
Problem der Überalterung
Dabei sind Tafeln wichtiger denn je: Deutschlandweit sind 1,7 Millionen Menschen – aus welchen Gründen auch immer – auf die Lebensmittel der Tafel angewiesen. Das Problem der Überalterung ließ sich nicht lösen – und sorgt nun für das Vorübergehende Aus.
Seigner, selbst schon weit in den 70ern, hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Letztlich aber stand klar im Vordergrund: "Ich muss jetzt meine Leute schützen!" Zwei Ausgabe-Termine sollen aber noch gestemmt werden: Wie gewohnt an diesem Mittwoch sowie am kommenden Samstag möchte das Tafel-Team noch einmal alle versorgen, die Hilfe brauchen. Nur: "Ob wir das hinkriegen, kann ich aber leider nicht versprechen!" Die Situation, so fasst Seigner zusammen, "ist ganz, ganz schwierig".
Keine Hektik ausgebrochen
Während zuletzt in den Supermärkten Hektik ausbrach, war das bei der Tafel so gar nicht der Fall: "Es lief normal. Die Leute wissen, dass der Letzte so viel bekommt wie der Erste." Erstaunlich war allerdings, dass in den vergangenen Tagen "spürbar weniger Leute gekommen sind". Warum das so war, darüber kann auch der Fachmann letztlich nur Mutmaßungen anstellen.
Im Schnitt versorgt die Kitzinger Tafel jedes Mal um die 130 Menschen, darunter "bis zu 17 Nationalitäten". Wie die Menschen nun auf die Ankündigung der Schießung reagieren, kann auch Seigner nur schlecht abschätzen. Einen Mutmacher gibt es immerhin: Sobald es geht, werden die Helfer wieder anpacken und ihre segensreiche Arbeit fortsetzen.