Kitzinger Haushalt: 82 Millionen im Rekordtempo verabschiedet
Autor: Andreas Brachs
Kitzingen, Mittwoch, 18. März 2020
Corona lässt grüßen: Ein ausgedünnter Stadtrat beschränkte sich bei der Haushaltssitzung 2020 auf das Nötigste. Die Kämmerin stimmte die Mitglieder auf schwierige Zeiten ein.
Für Oberbürgermeister Siegfried Müller (UsW) gehört die jüngste Haushaltssitzung des Kitzinger Stadtrats ins Guniess-Buch der Rekorde. Noch nie habe er in seinen zwölf Jahren als Rathaus-Chef eine kürzere Haushaltsberatung erlebt, sagte der Oberbürgermeister am Dienstagabend im Sitzungssaal.
Tatsächlich war so einiges anders an diesem Abend: Zunächst einmal waren nur 17 von 30 Stadträten erschienen; sonst gilt die Haushaltsverabschiedung als Königsdisziplin im Sitzungsjahr – dabei sein ist Ehrensache. Doch offensichtlich hatten einige Stadträte wegen der Corona-Krise auf ihr Erscheinen verzichtet, die KIK-Fraktion blieb vollzählig fern. Andere Fraktionen waren deutlich ausgedünnt.
Als Stadtrat Thomas Rank (CSU) eine Viertelstunde zu spät kam, musste er sich anhören: "Lass die Jacke an, wir sind fertig." Er erwiderte ungläubig "Respekt" und konnte es nicht fassen, dass das Gremium den städtischen Haushalt mit einem Volumen von 82 Millionen Euro in weniger als 15 Minuten durchgewunken hatte.
Stellungnahmen der Fraktionen entfallen
Das hatte allerdings nichts mit Gleichgültigkeit oder gar Desinteresse am Zahlenwerk zu tun. Vielmehr hatte das Gremium alle wesentlichen Punkte in vorangegangenen Sitzungen ausführlich diskutiert und sich von Kämmerin Monika Erdel erklären lassen. In der Haushaltssitzung wären normalerweise die Stellungnahmen der Fraktionen fällig gewesen.
Da im Kitzinger Stadtrat allerdings neun verschiedene politische Gruppierungen vertreten sind, wäre das zu einem abendfüllenden Programm geworden. Doch der Stadtrat hatte sich nicht nur personell selbst ausgedünnt, sondern auch die Reden komplett gestrichen. Daraufhin hatte sich OB Müller zuvor mit den Fraktionen verständigt, nachdem der Freie-Wähler-Sprecher Uwe Pfeiffle dies angeregt hatte.
Weder Müller, noch Erdel, noch die Fraktionsvorsitzenden wünschten das Wort, und so traten der Haushalt 2020, die Investitionsplanung 2019 bis 2023 und die Finanzplanung für denselben Zeitraum mit 18:0 Stimmen in Kraft. Auch der Sonderhaushaltsplan der Stiftung für Alten- und Pflegehilfe erhielt so sein Plazet.
Kämmerin rechnet mit sinkenden Steuereinnahmen
Die Kämmerin erklärte auf Nachfrage von Andrea Schmidt (Grüne), dass der Haushalt die Corona-Pandemie nicht eingepreist habe. "Die Finanzplanung setzt noch eine positive Steuerentwicklung voraus", erklärte Erdel. Doch das werde sich ändern. Die Kämmerin rechnet mit zurückgehenden Gewerbesteuer-Einnahmen in diesem Jahr. Auch die Beteiligung der Stadt an der Einkommens- und an Umsatzsteuer werde sinken. Ab 2022 rechnet Erdel auch mit einem Minus bei den staatlichen Schlüsselzuweisungen.