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Kitzingen hat keine Angst um die Mittelschule


Autor: Carmen Schmitt

Kitzingen, Donnerstag, 13. Juni 2013

Laut einer Studie werden einige Mittelschulen die nächsten Schuljahre nicht überleben. Im Landkreis Kitzingen hält sich die Sorge über diese Aussage sehr in Grenzen.
Rektorin Jutta Fey hat keine Angst vor der Zukunft. Die Schülerzahlen für das kommende Schuljahr sind konstant. Foto: Carmen Schmitt


Jutta Fey ist Rektorin an der Rudolf-von-Scherenberg Mittelschule in Dettelbach. Sie schätzt den "netten Umgang" mit den Schülern. "Es macht mir unheimlich Spaß mit den jungen Leuten zu arbeiten." Und das will sie auch in Zukunft. Doch laut einer aktuellen Studie der SPD stehen bis Ende des Schuljahres 2019/2020 fast
20 Prozent der unterfränkischen Mittelschulen vor dem Aus.

Zusammen mit der Mittelschule Volkach bildet die Dettelbacher Schule einen Verbund. Mehr als 300 Schüler gehen in die Mittelschulen der beiden Ortschaften. "Unsere Standorte sind für die nächsten drei bis fünf Jahre gesichert", sagt die Rektorin. Was danach kommt, sei von mehreren Entwicklungen abhängig.

Verbund gegen Schließung

Um Schulstandorte zu erhalten, bilden sich seit einigen Jahren Schulverbünde.

In einem Verbund bleiben die jeweiligen Schulen selbstständig und die Leitung bestehen. Die Schulen tauschen sich aus, wenn einzelne Klassen nicht zustande kommen. Im Landkreis Kitzingen haben sich sechs Mittelschulen zu drei Verbünden zusammen geschlossen. Die Nikolaus-Fey-Mittelschule in Wiesentheid ist eigenständig. Die Marktbreiter Mittelschule zählt zu einem Schulverbund im Landkreis Würzburg.

Das bayerische Kultusministeriums erhofft sich dadurch weniger Schließungen. Gab es zum Ende des Schuljahres 2007/2008 in 45 Hauptschulen keinen Unterricht mehr, mussten laut Ministerium im Jahr 2012 nur noch drei Haupt- und Mittelschulen geschlossen werden. Trotzdem gibt der bayerische Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle keine Entwarnung: "Angesichts der rückläufigen Entwicklung der Bevölkerung und der Schülerzahl und der Wanderungsbewegung innerhalb Bayerns, kann nicht jeder Standort erhalten werden."

Für das Schuljahr 2013/14 sind annähernd die gleichen Schülerzahlen gemeldet, wie im vergangenen Jahr, sagt Norbert Zwicker, Schulrat und Leiter des Schulamtes Kitzingen. "Es gibt keinen Grund zum Schwarzmalen." Die Situation sei angespannt, "aber in den nächsten vier bis fünf Jahren wird garantiert keine Mittelschule dicht gemacht." Zwar werden die Zahlen weniger, so drastisch wie in manchen Prognosen dargestellt, gehe es aber nicht aus.

Viel mehr Praktika

Anna Schneider und Nina Pfeuffer stecken gerade mitten in ihren Abschlussprüfungen an der Dettelbacher Mittelschule. Die beiden Mädchen sehen ihren Abschluss auf der Mittelschule bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz als Vorteil: "Man wird später eher genommen, weil man hier viel mehr Praktika macht", sagt die 16-Jährige Anna aus Schwarzach. "Außerdem wird man nicht einfach so ins Berufsleben reingeschmissen", meint ihre Schulkollegin Nina.

"Bei uns werden die Schüler berufsorientiert ausgebildet", bestätigt Jutta Fey. In der siebten Klasse schnuppern die Schüler in die drei Fachrichtungen Technik, Soziales und Wirtschaft. Einen der Zweige belegen sie ab der achten Klasse. Die Schüler kochen oder werkeln mit verschiedenen Materialien. Nicht nur der Theorieunterricht steht auf dem Stundenplan. "Sie erwerben berufspraktische Grundkenntnisse." Auch Elmar Walter, Schulleiter der Dr.-Karlheinz-Spielmannschule in Iphofen, ist sich sicher: "Wir bereiten die jungen Leute spezifisch und direkt auf das Berufsleben vor." Es sei wichtig, dass die Kinder gern in die Schule gehen. "Unsere Aufgabe ist es, die Kinder zum Beruf zu führen."

Wie gut das funktioniert, zeigt sich nach dem Abschluss: "Firmen kommen sogar mit Ausbildungsangeboten auf uns zu", sagt die Rektorin der Dettelbacher Mittelschule. "Die Schüler wissen, wo sie anpacken müssen und Handwerker sind gefragt." Die Nachfrage der Betriebe sei in den letzten zwei bis drei Jahren deutlich gestiegen. Für Fey ein Ergebnis aus der starken Förderung der Schüler.

Keine Restschule

Dennoch sei die gesellschaftliche Akzeptanz der Mittelschüler verzerrt. "In der Wirtschaft ist es längst angekommen, dass der Abschluss viel wert ist. In den Köpfen vieler Eltern noch nicht", sagt die Rektorin. "Die Eltern müssen ihr Kind mit den Begabungen und Neigungen annehmen, das es hat." Die Schüler müssen sich schließlich in dem Beruf, den sie lernen, vor allem wohlfühlen und von ihm überzeugt sein. "Die Mittelschule gilt als Restschule, ist sie aber nicht", sagt Norbert Zwicker.

Die Mittelschule sei gut aufgestellt und biete ein attraktives Angebot, meint der Schulrat. "Man muss den Glauben aus den Köpfen der Eltern heraus kriegen, dass das Kind nur etwas werden kann, wenn es aufs Gymnasium geht." Jemand, der sein Kind auf der Mittelschule hat, habe noch überhaupt nichts versäumt, sagt Zwicker. Auch dann könne sich der Schüler noch die Hochschulreife erarbeiten.

Jutta Fey ist jedenfalls optimistisch. "Die Zukunft wird spannend", sagt sie und lächelt. Die Rektorin wünscht sich, dass auch Schüler in kommenden Jahrgängen die Möglichkeit bekommen, "das breite Angebot der Mittelschule zu nutzen". Die Schülerzahl der Dettelbacher Grund- und Mittelschule ist für das nächste Schuljahr konstant, sagt die Rektorin.

Langfristig müsse ihrer Meinung nach die Politik die Weichen stellen. Wenn sich mehr Schulverbünde zusammenschließen, bedeute das weitere Wege für die Schüler, sagt Fey. "Aber auch für andere weiterführende Schulen werden die größeren Distanzen in Kauf genommen."