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Kitzingen als A-capella-Hochburg


Autor: Tom Müller

Kitzingen, Sonntag, 18. November 2012

 Ein Schlagzeug hören, wo gar keines ist, vollen Sound erleben, ganz ohne Instrumente: "The Magnets" brillierten a-capella in der Alten Synagoge und rissen die Besucher von den Sitzen.
Die Choreografie sitzt punktgenau. "The Magnets" zählen zu den besten A-capella-Gruppen der Welt. Foto: Tom Müller


Ganz allmählich entwickelt sich Kitzingen zur fränkischen A-capella-Hochburg. Mit der Band "Soundchexx" ist die Stadt am Main mit einem Eigengewächs in der Szene vertreten. Dann feierte Kitzingen im vergangenen Juli zum sechsten Mal die A-capella-Nacht. Kurz vor Weihnachten kommt die Dresdner A-capella-Girl-Band "Medlz" in die Evangelische Stadtkirche. Und am Samstagabend rockte eine Boygroup der Extraklasse die Bühne der Alten Synagoge. "The Magnets" waren erstmals in Kitzingen zu Gast.

"The Magnets" - der Name scheint Programm zu sein. Magnetisch zogen sich nämlich Töne an, die mit einem enormen Schwung präsentiert wurden, der die Zuschauer in der Alten Synagoge regelrecht von den Sitzen riss. War man anfangs noch gefangen von der Art und Weise, wie raffiniert Musikinstrumente durch die Stimmen der sechs britischen Musiker ersetzt werden, so wenig fehlten Schlagzeug oder Keyboard auf der Bühne.

Nicht umsonst sind "The Magnets" eine der erfolgreichsten A-capella-Gruppen der Welt.

Die Jungs beherrschen ihr Handwerk perfekt. Überraschend nur, dass die wenigsten Besucher in der Alten Synagoge die sechs Londoner kannten. "Mir sagten die erst mal gar nichts", ließ Maria Luise Thein durchblicken, die nach eigener Aussage A-capella-Fan ist. So wie ihr ging es den meisten Zuschauern. "Ich bin aber restlos begeistert", stellte die Marktbreiterin klar. "Die Live-Performance und die vielen Überraschungsmomente sind einfach grandios".


Bekannte Hits neu arrangiert

In der Tat feuerten Frontmann Steve und seine Kollegen Callum, Andy, Fraser, Nic und Michael ein Feuerwerk britischer Popkunst nach dem anderen ab. Geschickt mischten sie Songs wie "Solsbury Hill" von Peter Gabriel oder "Lost in music" von Sister Sledge mit Hits der Beatles, Culture Club, Dire Straits, Sting und Coldplay. Sie boten so ein Kaleidoskop der besten Charthits der vergangenen 50 Jahre.

Diese waren auf den Punkt genau auf die unglaublichen Möglichkeiten der A-capella-Band arrangiert. "Was die bieten und wie sie diese Songs zu ihrer eigenen Performance machen", bestätigte Soundchexx-Mitglied Thomas Most, der sich diese Show natürlich nicht entgehen ließ, "ist schon beeindruckend".

Most war von der Exaktheit und dem Einfallsreichtum der sechs Londoner gleichermaßen angetan. "Ich weiß ja selbst, wie viel man üben muss, um die Songs auch nur annähernd so synchron zu interpretieren, daher will ich mir gar nicht vorstellen, wie hart die an den Stücken und der Choreografie arbeiten".

Stephen, kreativer Kopf der "Magnets", nickte da zustimmend. "Wir verbringen immer zwei Wochen am Stück mit einem Choreografie-Trainer in London", erzählt er. "Danach müssen die Stücke möglichst perfekt sitzen."


Nur 60 Prozent?

Das taten sie allemal, auch wenn Steve nach eigener Aussage "nur 60 Prozent bringen" konnte. Er war heiser, was seiner Stimme den rauchigen Touch von Joe Cocker verlieh und auf der Bühne nicht negativ ins Gewicht fiel. Die stimmliche Einschränkung wurde ohnehin von den Kollegen ausgeglichen, insbesondere von den beiden Beatboxern Andy und Fraser.

Hätte man dem Drummer-Solo von Andy Frost mit verbundenen Augen gelauscht, man wäre jede Wette eingegangen, ein komplettes Schlagzeug mit Percussion-Instrumenten aller Größenordnungen vor sich zu haben.
"Was ich mache, ist eine Mischung aus Wahnsinn und Genialität", erklärte Andy nach dem Konzert lachend.
Dies konnten sich seine Kollegen ähnlich auf die Fahnen schreiben. Und genial war auch die Idee von Richard Arndt-Landbeck, der die Boy-Group nach Kitzingen geholt hatte. "Ich hatte sie im vergangenen Jahr beim Würzburger Hafensommer erlebt und wollte sie in Kitzingen auf die Bühne bringen", erzählt er.

Die "Kultur in der Alten Synagoge" war so um ein weiteres Highlight reicher. Und Kitzingen hatte einen weiteren erstklassigen A-capella-Event in diesem Jahr.