Karl Kösters Leben voller Erinnerungen
Autor: Thomas Meyer
Geißlingen, Montag, 14. Januar 2013
Karl Köster ist 92 Jahre jung. Über seinen Ort Geißlingen weiß wohl niemand so viel wie er.
Das Alter sieht man dem Jubilar überhaupt nicht an. Auch geistig ist er topfit. Er spricht viel von seiner Arbeit - der Geschichtsforschung. Karl Köster feierte gestern in seinem Haus in Geißlingen den 92. Geburtstag.
Sein neuestes Werk, das er demnächst zusammen mit einem Marktbreiter herausgeben will, befasst sich mit der so genannten ,Mautpyramide' zu Gnodstadt, die in letzter Zeit viel für Schlagzeilen sorgte. "Mit der Pyramide befasse ich mich schon seit den 1950er Jahren", sagt er. Über dieses Denkmal weiß er einfach alles - und er hat seine persönliche Meinung, die er in dem Buch herausarbeitet.
Geboren wurde Karl Köster am 14. Januar 1921 in Boele-Kabel bei Hagen in Westfalen als zweites von fünf Kindern. Der Vater war Beamter und schickte den Sohn nach der Volksschule auf eine Klosterschule mit Gymnasium in Riedberg. Nach der Schule ging der Junge zunächst bei einem Bäcker in die Lehre, trat aber dann auf Anregung seines Vaters in die Marine ein und verpflichtete sich für zwölf Jahre. Nach einem Unteroffizierslehrgang kam Köster zu einer Minensuchabteilung.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte dem jungen Offiziersanwärter einen großen Strich durch die Rechnung gemacht, denn Minen im Ärmelkanal zu suchen bedeutete nichts anderes als reine Lebensgefahr. "Auf jedem Minensuchboot waren acht Mann - nur Freiwillige und wenn möglich Ledige", erinnert er sich.
Sein Arbeitsplatz war die vierte R.-Flotille im Ärmelkanal, dort blieb er bis Kriegsende. Die Landung der Alliierten in der Normandie überlebte er wie durch ein Wunder. "Ich glaube nicht an Zufälle", sagt Köster und berichtet die kleine Geschichte, wie er sich am Vortag der Landung der Alliierten in der Normandie bei einem Handballspiel den Arm auskugelte und ins Lazarett geschickt wurde, so dass er bei den Kämpfen weit weg war.
Nach Kriegsende zog es ihn zurück nach Hagen. Allerdings fand er das Elternhaus zerstört und von seiner Familie keine Spur. Da schlug ihm ein Kriegskamerad, Walter Conrad aus Gnodstadt vor, nach Unterfranken zu kommen. So verschlug es ihn nach Geißlingen, wo nach dem Krieg rund 700 Flüchtlinge Obdach fanden.
Am Kirchweihsamstag 1945, der ersten Tanzveranstaltung nach dem Krieg, lernte er dort seine spätere Frau Luise, eine geborene Sinn kennen. "Wir tanzten damals zu dem bekannten Lied vom treuen Husar", erinnert er sich noch heute genau. Da funkte es zwischen den beiden - sie heirateten 1946. "Geld für einen Hochzeitsanzug hatte ich nicht, deshalb wurde meine alte Marineuniform umgeschneidert."
Bis 1956 betrieben die Kösters in Geißlingen eine eigene Bäckerei, dann schulte er um und wurde Technischer Zeichner. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete er auf diesem Beruf im Fernmeldeamt in Würzburg.
Das Eigenheim bauten die Kösters Ende der 1950er Jahre in Geißlingen, aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Sein großes Hobby war von Kindheit die Geschichte. Mit Forschen und dem Wälzen alter Schriften beschäftigt er sich am liebsten. Von seinem Heimatort Geißlingen weiß er so gut wie alles. Beispielsweise erzählt er, dass Geißlingen einst ein reichsfreies Dorf war, das nur dem Kaiser unterstand und Steuer schuldig war. "Bis zum Jahr 1816 musste der Ort keine Rechnungen vorlegen." Köster weiß auch, dass der Ort 165 Jahre dem Deutschen Orden angehörte, oder dass die Fürstbischöfe von Würzburg den Ort im
15. Jahrhundert brandschatzten, nur weil die Bewohner als "Reichsfreie" den Truppen den Durchgang verweigerten.
Seit vielen Jahren ist Karl Köster Mitglied beim Frankenbund, für den er auch viel gemacht hat. Von 1991 bis 2001 war er Vorsitzender der Ortsgruppe Marktbreit/Ochsenfurt. Der heutige Vorsitzende Peter Wesselowsky kam natürlich am Montag vorbei, um seinem Vorgänger zu gratulieren.
Auf die Frage, wie man bei guter Gesundheit so alt werden kann, sagte Karl Köster: "Durch viel Denken und Forschen in der Geschichte." Außerdem empfiehlt er täglich eine Hand voll Nüsse zu essen. "Das ist gut für das Gehirn." Er isst am liebsten Wal- und Haselnüsse. Geholfen hat es ganz offensichtlich.