Johann Gegner (90) feiert Geburtstag
Autor: Gerhard Bauer
, Dienstag, 28. August 2012
Wer mit 90 Jahren noch auf dem Fahrrad unterwegs ist, der war wohl sein ganzes Leben aktiv und mobil. Johann Gegner hat jedenfalls einiges zu erzählen.
Wer Johann Gegner am Montag zum 90. Wiegenfest gratulieren wollte, brauchte etwas Glück. Zwar erwartete der überaus rüstige 90-Jährige seine Gäste, mit Bürgermeister Adolf Falkenstein an der Spitze, im Anzug mit Krawatte, doch ist er ansonsten auch im hohen Alter täglich draußen unterwegs.
"Bis vor einem Jahr bin ich noch mit dem Roller herumgefahren", erzählt er. Schließlich hat er aber doch die Bedenken seiner beiden Töchter akzeptiert und ist nun allenfalls noch auf dem Traktor oder zu Fuß unterwegs.
Johann Gegner wurde am 27. August 1922 in Neudorf als jüngstes von drei Kindern von Margarete und Andreas Gegner geboren. Der Vater arbeitete in Bimbach als Waldarbeiter und unterhielt nebenbei eine Landwirtschaft. "Vor 85 Jahren mussten wir zu Fuß in die Schule nach Bimbach laufen, einen Schulbus wie heute gab es nicht", erinnert sich der Senior. Nach sieben Jahren Volksschule wechselte er auf die Volksfortbildungsschule.
Mit 19 Jahren musste er im Jahr 1941 zum Kriegsdienst einrücken. Zunächst an der Atlantikküste, dann im Mittelabschnitt der Ostfront und zuletzt in Ostpreußen stand Johann Gegner im Einsatz. Bis heute sind ihm die vielen grausamen Gesichter des Krieges gegenwärtig. "Am 17. April 1945 kam ich in russische Gefangenschaft", erzählt er. Im Kessel von Pillau ist er festgenommen worden. Erst sollte er in einer Kohlegrube untertage arbeiten, hatte dann aber unverhofft die Möglichkeit, in ein Straflager zum Autobahnbau Leningrad - Minsk zu wechseln.
"In den Militärjahren hatte ich nur ein einziges Mal Heimaturlaub, das war genau an dem Tag, an dem Schweinfurt bombardiert wurde", erinnert er sich. Als er 1949, viel früher als andere in russische Gefangenschaft geratene Kameraden, heimkehren durfte, fand er sein Heimatdorf ohne Zerstörungen vor, die Kriegsmaschine war an dem beschaulichen Dorf wohl wegen der Lage abseits der Hauptstraße vorbeigerollt.
Die Zeiten wurden besser und Johann Gegner fuhr immer wieder einmal mit dem Fahrrad nach Prichsenstadt ins Kino, wo er 1950 seine spätere Frau Dorothea näher kennenlernte. Sie war die Schwägerin seiner in Prichsenstadt verheirateten Schwester, die er meist besuchte.
Im Jahr 1952 übernahm er die Landwirtschaft von den Eltern, Hochzeit wurde 1955 beim Schwager gefeiert. "Zu mehr hatten wir damals kein Geld", erinnert sich Johann Gegner, den Bürgermeister Adolf Falkenstein bewundernd als "richtig fitten Rentner" bezeichnete.
1971 begann Gegner eine Beschäftigung im Hause Fehrer und arbeitete fast ausschließlich im Akkord, wo er "richtig gut" verdiente. Nebenbei arbeitete er, wie schon der Vater, in der Waldwirtschaft in Bimbach. Nach dem Tod der Mutter gab er die Landwirtschaft völlig auf.
Die sechs Jahre ältere Ehefrau Dorothea verstarb 1998, mit er hat er zwei Töchter, die zusammen mit drei Enkeln und zwei Urenkeln zum Gratulieren kamen.
Sein hohes Alter mit weitgehender Gesundheit schreibt der Jubilar seinem täglichen Apfelmost zu, den er mit Wasser verdünnt als Lebenselixier ansieht. Johann Gegner verwendet dafür nur ungespritztes Obst.
"In der Gefangenschaft hätte ich nie gedacht, dass ich einmal so alt werde", räumt der Jubilar ein. Seine vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten führten dazu, dass ihm die Stadt Prichsenstadt 2006 die Bürgermedaille verlieh. Gegner war Dorfbeauftragter für den örtlichen Friedhof, Mitglied im Flurbereinigungsausschuss, zweiter Feuerwehr-Kommandant von 1963 bis 1968, erster Kommandant von 1968 bis 1973 und Gemeinderat in Neudorf von 1957 bis zur Eingemeindung nach Prichsenstadt 1972. Nicht zu vergessen seine 57 Jahre andauernde Tätigkeit als Mesner in Bimbach, die er bei Wind und Wetter ausübte und erst mit 85 Jahren einstellte.
Und wenn Johann Gegner zuhause nichts zu tun hat, nimmt er das Fahrrad und fährt in der Gegend herum. "Man trifft immer wieder Bekannte", begründet er seinen Ausflugsdrang, denn in der freien Natur hält er sich immer noch mit Abstand am liebsten auf.