„Horror“ in den eigenen Reihen: Feuerwehrmann als Brandstifter
Autor: Siegfried Sebelka
Kitzingen, Donnerstag, 30. Mai 2019
Ein Ex-Feuerwehrmann hat mehrere Brände gelegt. Das Schöffengericht schickt den 25-Jährigen für drei Jahre und acht Monate in Haft. Was hat ihn getrieben?
Der 7. Juni 2015 war nicht nur wegen der Hitze ein heißer Tag für die Dimbacher. Die kleine Feuerwehr des Volkacher Stadtteils, die im Schnitt einen Einsatz pro Jahr hat, rückte an diesem Sonntag dreimal aus. Erst glomm ein Strohballen in einer Feldscheune, dann brannte der Schuppen ab und am Ende stand ein Strohballenlager in Flammen. Schnell machte das Gerücht von Brandstiftung die Runde. Der Verdacht bestätigte sich nach fast vier Jahren vor dem Schöffengericht in Kitzingen.
Dort wurde jetzt ein 25-Jähriger als Brandstifter verurteilt. Wobei die Dimbacher Strohfeuer eher die Nebenrolle spielten. Weil der vorbestrafte und unter Bewährung stehende Mann Anfang Februar 2016 in der von ihm mitbewohnten Wohnung seiner Freundin Feuer gelegt hat, muss er wegen Brandstiftung in zwei Fällen (Dimbach) und schwerer Brandstiftung (Volkach) für drei Jahre und acht Monate hinter Gitter. Das Besondere: Der Mann war Mitglied in der Feuerwehr in Dimbach und für wenige Wochen auch in Volkach. Auch wenn er nur wenige Monate aktiv war und längst ausgeschieden ist, wurde deutlich: Für eine Feuerwehrführung ist der "Brandstifter aus den eigenen Reihen" der Super-Gau. "Das ist Horror", sagte der Volkacher Kommandant als Zeuge.
14 Zeugen
Dass der "Horror" Wirklichkeit wurde, stand für das Gericht nach zwei Verhandlungstagen mit 14 Zeugen und zwei Sachverständigen fest. "Sie haben es uns nicht leicht gemacht", sagte die Vorsitzende des Schöffengerichts. Weil der 25-Jährige von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte, es keine direkten Zeugen und Beweise gab, entwickelte sich ein reiner Indizienprozess.
Am Ende hatte sich ein Gesamtbild zusammengefügt, das für die Verurteilung reichte. Der Staatsanwalt: "Es gibt eine Vielzahl von Indizien, die sich zu einer erdrückenden Beweislast verdichteten." Der Auffassung folgte das Schöffengericht, dem vorgeschlagenen Strafmaß auch. Die Verteidigung, die "weder ein Motiv, noch tatsächliche Beweismittel" erkennen konnte, hatte Freispruch gefordert.
"Täterwissen"
Davon war das Urteil weit entfernt. Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Mann bei seiner Freundin in Dimbach das Wochenende verbracht. Am Sonntag kurz nach 13 Uhr hatte er den Brand in einer Feldscheune gemeldet. Tatsächlich hatte ein Strohballen in der Halle vor sich hin "gekokelt" und war schnell gelöscht. Mit dabei als Zuschauer: der Feuermelder. Dass er aussagte, er habe vom Grundstück der Freundin aus das Feuer gesehen, wurde ihm zum Verhängnis. "Ein offenes Feuer war nicht zu sehen", hielt ihm das Gericht vor. "Das ist für mich Täterwissen", hatte eine Ermittlerin gesagt. Dazu kam: Der Mann hatte die Zeit, um Feuer zu legen und als Raucher auch die Gerätschaften dazu.
"Das Zeitfenster passt", sagte das Gericht zum zweiten Fall. Danach war der Mann am späten Abend zu der Hütte gegangen und hatte das vollendet, was mittags nicht ganz geklappt hatte. Die Feldscheune stand gegen 23 Uhr in Flammen. Wieder war der Angeklagte beim Einsatz dabei, diesmal aktiv als Feuerwehrmann. Schaden: 15 000 Euro. Und das Gericht ist auch überzeugt, dass der Brand der Strohballen in der Nacht auf Kosten des Mannes geht, der wieder in der ersten Reihe das Feuer bekämpfte, auch wenn der Fall nicht Gegenstand der Verhandlung war.
Nur Zufall?
Ein halbes Jahr später fiel der Mann in Volkach auf. Gegen 10 Uhr wurde ein Wohnungsbrand gemeldet. Mit beim Löschen dabei: der 25-Jährige, der genau in dieser Wohnung mit seiner damaligen Freundin wohnte. Schaden in diesem Fall: rund 67 000 Euro. Der Mann geriet schnell ins Visier der Fahnder. Er war der letzte in der Wohnung. Er hatte an diesem Morgen – entgegen aller Gewohnheit – die Katze seiner Freundin aus der Wohnung zum Elternhaus der Ex-Freundin gebracht. Wenig später brannte es in der Wohnung. – Zufall?