Hilfe für Familien mit seelisch kranken Eltern
Autor: Pat Christ
Würzburg, Donnerstag, 17. Januar 2013
Wenn ein Elternteil seelisch krank ist, bedeutet das eine große Belastung für die Kinder. Regionale Akteure wollen betroffene Familien in ganz Unterfranken deshalb künftig noch besser unterstützen.
Auch Mütter und Väter, die unter Phobien, Panikstörungen, Depressionen, Süchten oder Zwangserkrankungen leiden, wollen gute Eltern sein. Doch es gibt krankheitsbedingt Phasen, in denen sie nicht mehr so gut für ihre Kinder sorgen können. Um diesen Eltern künftig besser zu helfen, will der unterfrankenweite Kooperationsverbund "Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil" bis Frühjahr 2013 eine neue Steuerungsgruppe auf den Weg bringen.
Kinder seelisch kranker Eltern können schreckhafter, ängstlicher oder auch aggressiver als ihre Altersgenossen sein. Dass hinter diesen Verhaltensweisen das seelische Leiden einer Mutter oder eines Vaters steckt, weiß nicht jeder, der mit solch einem Kind zu tun hat. Doch selbst wenn eine psychische Krankheit in der Familie vermutet wird, bleibt das weitere Vorgehen schwierig.
Seit Jahren ist die Einrichtung dem Thema "Psychisch kranke Eltern" auf der Spur. 2008 startete das Zentrum das Projekt "Gute Zeiten - schlechte Zeiten" für Kinder mit einer depressiven Mutter oder einem suchtkranken Vater. Hieraus ging der unterfrankenweite Kooperationsverbund hervor. Ihm gehören psychiatrische Einrichtungen in der Region, Erziehungsberatungsstellen, sozialpsychiatrische Dienste, Sozialdienste und Jugendämter an. Mitarbeiter all dieser Stellen wurden durch den Kooperationsverbund inzwischen qualifiziert. Im nächsten Schritt sollen die Institutionen ihre Kompetenzen bündeln und bei konkreten Fällen stärker miteinander kooperieren.
Die Erziehung ist schwierig
Warum dies notwendig ist, zeigt Schrappe am Beispiel von Paul, einem Zweitklässler aus Main-Spessart, auf. Pauls Mutter musste in der Lohrer Psychiatrie behandelt werden. Geschulte Mitarbeiter aus der Klinik dachten daran, bei der Patientin nachzufragen, ob sie denn Kinder hat und wer sich nun um die Kinder kümmert. "Es stellte sich zum einen heraus, dass Pauls Vater neben seinem Beruf nicht ausreichend Zeit für den Jungen hatte. Außerdem wurde deutlich, dass die Erziehung schon länger schwierig war." Nur hatte sich die Mutter nie getraut, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mehr noch: Sie hätte gar nicht genau gewusst, wohin sie sich hätte wenden können.
Eine bunte Palette an Hilfen
Erziehungsberatung ist laut Anja Rapp, Mitarbeiterin im Evangelischen Beratungszentrum, eine von vielen Hilfeformen, auf die Familien in Schwierigkeiten verwiesen werden können. "Es gibt aber auch noch Familienpflege oder die sozialpädagogische Familienhilfe", erläutert die Beraterin.
Familienbildner wiederum schulen Eltern und stärken ihre Erziehungskompetenz - wovon vor allem auch Mütter und Väter mit seelischen Problemen profitieren. Eigene Angebote für seelisch Erkrankte haben die sozialpsychiatrischen Dienste. Die Sozialdienste der Kommunen wiederum vermitteln Jugendhilfeleistungen. Andreas Schrappe: "Kaum jemand kann die bunte Palette an Hilfen noch übersehen, dazu ist das Angebot zu differenziert." Umso wichtiger sei eine verbindliche Kooperation aller Partner im Hilfesystem. Im Falle des kleinen Pauls sollten die Mitarbeiter der Lohrer Psychiatrie zum Beispiel wissen, zu welcher Hilfeform sie der Familie zunächst raten können.
Eine inkonsequente, nicht durchschaubare Erziehung aufgrund der seelischen Erkrankungen eines Elternteils kann Kinder stark belasten. Manche leiden ein Leben lang hierunter. Darum ist es von so großer Bedeutung, dass Jungen und Mädchen früh Hilfe erfahren. Im Projekt "Gute Zeiten - schlechte Zeiten" gibt es Gruppen für Kinder und Jugendliche, in denen sich die Söhne und Töchter seelisch erkrankter Eltern austauschen können.
Bis dahin erzählten sie meist niemandem, dass der Vater mitunter furchtbar cholerisch reagiert - meist ohne jeden Grund. Oder sie verheimlichen, dass der Papa bedrohliche Dinge sieht, die gar nicht existieren. Oder dass die Mama dauernd weint. Anja Rapp: "In der Gruppe zu sehen, dass sie nicht alleine sind, das ist für diese Kinder immens entlastend."