Heute schon geträumt?
Autor: Julia Volkamer
Kitzingen, Donnerstag, 21. Februar 2013
Wenn ich am Mittwoch nicht diesen Spätdienst gehabt hätte, wäre mir womöglich gar nicht wirklich etwas Neues eingefallen für meine letzte Episode der Fastenserie. Praxiseröffnung ohne Alkohol hatten wir, Sofa-abende auf der Couch ohne Alkohol hatten wir, Saisonabschlussfeier ohne Alkohol hatten wir. Dazu noch den Kampf gegen die (oder mit der) Waage und die Solidarisierung mit notorischen Teetrinkern. Aber dann kam dieser Mittwoch. Kurz vor Feierabend die Horrormeldung: Wohnungsbrand in Kitzingen. Schon wieder. Und ich ganz allein in der Redaktion. Also: Fotos organisiert, Texte online gestellt und im Minutentakt aktualisiert, auf der Titelseite die kaputten Albertshöfer Osterbrunnen runter und die kaputte Wohnung in der Kanzler-Stürtzel-Straße drauf. Auf Facebook neugierige Nachfragen beantwortet, mit den Online-Kollegen und Rechts-
experten telefoniert. Und dann mit zweistündiger Verspätung endlich die Lichter aus- und die Tür zur Redaktion hinter mir zugemacht.
Daheim wurde ich schon halb schnarchend erwartet, dabei hatte ich doch so viel zu erzählen! Aufgedreht wie ich war, fing ich erstmal an, die Spülmaschine ein- und alte Sachen aus dem Kühlschrank auszuräumen. Da fiel mir eine offene Flasche Ramazotti ins Auge. Davon jetzt einen Doppelten, mit einem Stück Zitrone und Eiswürfel, und ich wäre innerhalb von zehn Minuten so müde, dass sich sämtliche Gedanken an Feuer und Blaulicht und die zwei Verletzten in kleine Luftwölkchen auflösten. Über die müsste ich dann höchstens noch zwei bis sechs Schäfchen springen lassen, und schon schwebte ich ins Land der Träume...
Dazu kam es nicht. Ich beschränkte mich darauf, eine große Tasse Entspannungstee mit Honig zu trinken und noch ein Stück "Titanic" zu schauen. Müde war ich dann schon, aber mir ging zu viel durch den Kopf, um beruhigt einschlafen zu können. Endlich eingeschlummert, wachte ich zwei Stunden später wieder auf - der Tee wollte raus. Dann kamen die Gedanken zurück, ich warf mich von der einen auf die andere Seite und zog schließlich sogar ins Gästezimmer um, wo ich mindestens 100 Seiten in meinem Roman las. Der Titel: "Heute schon geträumt?"
Ich sage nur: Ironie des Schicksals. Es blieb bei den zwei Stunden Schlaf, jetzt sitze ich hier und schreibe diese Kolumne. Die letzte für diese Fastenserie. Und träume von morgen Abend...