Druckartikel: Heimat im Glas und auf dem Teller

Heimat im Glas und auf dem Teller


Autor: Claudia Kneifel

Kitzingen, Sonntag, 22. November 2015

Geschützte Herkunft Die Europäische Union schützt über 3000 Spezialitäten, wie Wein, Käse oder Wurstwaren. Einige davon stammen auch aus Franken.
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Was wäre Franken ohne seine Schmankerln? Spezialitäten wie Frankenwein, Fränkischer Spargel, Mainfranken-Bier, Nürnberger Bratwürste oder auch Fränkischer Grünkern sind von der Europäischen Union (EU) geschützt, damit sie nicht nachgeahmt werden. Seit 1993 bietet die EU die Möglichkeit geografische Bezeichnungen als „Geschützte geografische Angabe“ oder „Geschützte Ursprungsbezeichnung“ gegen Missbrauch und Nachahmung zu schützen. „Nur hochwertige landwirtschaftliche Produkte oder Lebensmittel, die untrennbar mit einer bestimmten Region verknüpft sind, bekommen diese Siegel“, erklärt Steffen Schulz, Pressesprecher der Vertretung der Europäischen Kommission in München.

Geographische Herkunftsbezeichnungen oder Herkunftsangaben sind Namen von Orten oder Landschaften, welche die Herkunft einer Ware bezeichnen. Sie geben dem Käufer und Verbraucher einen Hinweis darauf, in welcher Gegend die Ware hergestellt oder verarbeitet wurde. „Parmaschinken“ ist zum Beispiel eine geschützte Ursprungsbezeichnung. Unter diesem Namen darf nur in Parma hergestellter Schinken angeboten werden, der aus im festgelegten Gebiet aufgezogenen Schweinen hergestellt wurde.

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Wird er geschnitten und abgepackt, muss dies nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ebenfalls in Parma geschehen.

Schwarzwälder Schinken dagegen trägt das Siegel „geschützte geografische Angabe“. Das heißt: „Das Fleisch für diesen Schinken muss nicht aus der Region kommen, sondern könnte auch aus Norddeutschland stammen. Geräuchert und gereift wird es dann im Schwarzwald“, verdeutlicht Simon Reitmeier vom Cluster Ernährung in Bayern. Dieser Schritt, die Räucherung und die Reifung machen dieses Produkt aus. Für den Schwarzwälder Schinken sei nicht ausschlaggebend, woher das Fleisch kommt, sondern wie es veredelt ist.

Dagegen stammt die Milch für den Allgäuer Emmentaler mit dem Logo „geschützte Ursprungsbezeichnung“ zwingend aus dem Allgäu. „Denn hier macht der Geschmack der Milch den Käse aus.“

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Zeichen ist: Bei der „geschützten Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) muss die Erzeugung vollständig in der genannten Region erfolgen. „Die Weidemilch des Allgäus ist für den Geschmack des Käses ausschlaggebend“, erklärt Reitmeier. Für die geschützte geografische Angabe (g.g.A.) genügt es, wenn ein Produktionsschritt in dem angegebenen Gebiet stattfindet.

Die EU versucht so, die Echtheit europäischer Qualitätserzeugnisse zu bewahren. Denn Produkte wie Feta, Prosecco oder Parmaschinken werden oft in Drittländern nachgeahmt. Durch die Produktfälschungen könnten die Hersteller der echten Produkte hohe Einbußen erleiden. „Viele Hersteller haben ein Interesse daran, ihr Produkt schützen zu lassen“, sagt Steffen Schulz. In der EU sind über 3000 Herkunftsbezeichnungen für Weine, Spirituosen oder Lebensmittel registriert, um Produktbezeichnungen gegen Missbrauch zu schützen und die Transparenz der Herkunftsangaben zu gewährleisten.

Dieser dem Markenrecht ähnliche Schutz wurde zunächst von Ländern wie Italien, Frankreich und Spanien in Anspruch genommen. So stammen 585 aller 1026 registrierten Herkunftsbezeichnungen aus diesen drei Nationen. In Deutschland hingegen wurde das hohe wirtschaftliche Potenzial bisher nur in geringem Umfang genutzt. Mit einer Ausnahme: Bayern ist nach der Emilia Romagna die Region mit der wirtschaftlich größten Bedeutung der geschützten Produkte. „Es zeigt sich, dass das Schutzsystem den Produzenten höhere Erlöse bringt und die Erzeugung qualitativ hochwertiger Lebensmittel fördert“, sagt Simon Reitmeier.

Bei den fränkischen Produkten sind bisher vor allem Getränke wie Frankenwein, Mainfranken-Bier und Spirituosen wie Kirsch- und Zwetschgenwasser oder Fränkischer Obstler geschützt. Auch Spargel aus Franken genießt seit März 2013 einen EU-weiten Herkunftsschutz. Dem ist ein vierjähriges Anerkennungsverfahren vorausgegangen. „Fränkischer Spargel ist ein regionales Produkt der besonderen Art. Klima, Boden, Sorte und traditionelle Anbauweise machen ihn so einzigartig im Geschmack“, sagt Christine Müller, Spargelberaterin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen.

„Dank des Ursprungsschutzes darf der Fränkische Spargel nun nicht mehr umetikettiert werden. Das wird auch kontrolliert.“

Generell ist das Verfahren heute deutlich kürzer: Auf europäischer Ebene prüft die Kommission maximal sechs Monate, dann gibt es noch eine Einspruchsfrist von drei Monaten. „Die Anträge werden zuvor auf nationaler Ebenen geprüft“, erläutert Reitmeier. Auch eine Gebühr von etwa 900 Euro muss bei der Antragstellung beim Deutschen Patent- und Markenamt gezahlt werden.

Die Kontrolle obliegt der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Die Aufgaben der LfL umfassen die Zulassung und Überwachung von privaten Kontrollstellen. Diese führen die notwendigen Kontrollen bei den Erzeugern und Verarbeitern durch.

Aktuell gibt es in Bayern knapp 50 Spezialitäten, die einen EU-weiten Schutz genießen. Und es werden immer mehr. Die wirtschaftlich stärksten Produkte sind „Bayerisches Bier“ und „Bayerisches Rindfleisch“.