Haftstrafe nach Hitler-Gruß und Faustschlägen
Autor: Franz Barthel
Würzburg, Donnerstag, 13. Juni 2013
Zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ist ein 21-Jähriger verurteilt worden, der in Würzburg einen Gast in einem Döner- Restaurant mit dem Hitler-Gruß eingeschüchtert und nach Verlassen des Lokals ohne Vorwarnung mit Faustschlägen ins Gesicht "bearbeitet" hat.
Den Döner in der Nacht Ende Oktober 2012 wird ein junger Thailänder (21) mit deutschem Pass vermutlich lange nicht vergessen: Nach dem Besuch einer Diskothek saß er mit zwei Freunden am frühen Morgen gegen 3 Uhr in einem Restaurant mit griechisch-türkischen Spezialitäten; er saß am Fenster, als draußen auf dem Gehsteig ein merkwürdiges Programm ablief. Ein junger Mann schüttete aus einem Pappbecher ein Getränk an die Fensterscheibe, verpasste sich selbst mit den Zeigefingern Schlitzaugen, hob zweimal die Hand zum sogenannten "Hitlergruß" und signalisierte dem Thailänder im Lokal mit seinem Handy, dass er Verstärkung anfordern werde.
Der junge Mann und seine Freunde, drinnen im Lokal, das an Wochenenden bis 5 Uhr früh geöffnet hat, sind davon ausgegangen, dass es sich bei der Szene draußen auf dem Gehsteig um den Auftritt eines Betrunkenen handelt und haben den Zwischenfall zunächst gar nicht ernst genommen.
Als sie später das Lokal verließen, war plötzlich der Mann " mit dem Hitlergruß" hinter dem Thailänder und griff ihn sofort an. Er nahm ihn in den Schwitzkasten, schlug ihm mit der Faust ins Gesicht und ein Begleiter des rabiaten jungen Mannes schlug und trat ebenfalls auf und gegen den Wehrlosen. Dann gingen Täter und Opfer zu Boden, Freunde des Thailänders trennten sie und haben sich dann gemeinsam schnell entfernt, um weitere Tätlichkeiten zu verhindern, zumal auf der anderen Seite noch ein dritter Mann gewesen sein soll. Der Mann aus Thailand absolvierte damals ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Integrationsprojekt in Würzburg.
Knast statt Geldstrafe
Im Krankenhaus wurde später bei dem Opfer eine Schädelprellung festgestellt und eine geschwollene Backe attestiert. Der Tipp eines Kripo-Beamten an das Opfer, in Facebook mal ein bisschen nach den unbekannten "vermutlich rechten" Schläger zu fahnden, war erfolgreich. Nun stand der ehemalige Rechtsanwaltsgehilfe, derzeit arbeitsloser Tankwart, vor Gericht. Gegen einen Strafbefehl über 2400 Euro - für den "Hitler-Gruß", der unter das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach Paragraph 86 a des Strafgesetzbuches fällt und wegen Körperverletzung - hatte er Einspruch eingelegt.
Appell des Anwalts nutzt nichts
Der Prozess ist für den nicht vorbestraften Angeklagten aus seiner Sicht dann "dumm gelaufen‘". Denn am Ende der Verhandlung, nach der Vernehmung der drei Zeugen, ist der junge Mann zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden und zwar ohne Bewährung. Für Kontakte zu rechten Kreisen, die man zunächst angenommen hatte, gab es, so ein Kripo-Beamter, nicht den geringsten Hinweis. Im Gegenteil: Auf Facebook habe der Mann auffallend viele ausländische Freunde.
Richter Thomas Behl hatte den Angeklagten bei Prozessbeginn gewarnt: Wenn es sich herausstellen sollte, dass er es war, sehe es schlecht aus für ihn. Der Verteidiger versicherte, dass er seinen Mandanten, der einen Freispruch wollte, genau darauf hingewiesen habe. Es wurde sogar eine Pause eingelegt, zum gemeinsamen Nachdenken, aber ohne Erfolg. Der Angeklagte behauptete, dass er zur Tatzeit an einer Tankstelle gearbeitet habe, doch dafür fehlten überzeugende Belege. Bei der polizeilichen Vernehmung hatte er noch erklärt, er könne sich an so einen Zwischenfall nicht erinnern, ihn aber auch nicht ausschließen.
In der Verhandlung ist, vom strafbaren "Hitler-Gruß" abgesehen, aus der einfachen Körperverletzung eine gefährliche geworden: Weil nach Angaben des Opfers und eines Zeugen noch ein zweiter Mann, der allerdings nicht ermittelt werden konnte, auf den Thailänder eingeschlagen hat, als der vom Angeklagten im Schwitzkasten gehalten wurde.
Aggressiver Gesichtsausdruck
Das Opfer war "hundertprozentig" sicher, dass ihm vor Gericht der Typ von damals gegenübersitzt, zumal er den früher schon einmal bei einem Fußballturnier gesehen habe. Ein Freund des Opfers war "ziemlich sicher", dass der richtige auf der Anklagebank sitzt, eine Bekannte ebenso, sie hatte sich die Augenpartie und den aggressiven Gesichtsausdruck des Täters eingeprägt und die sehr kurzen Haare.
Dem Richter reicht es
Richter Thomas Behl ging es am Ende nicht nur um anzuwendende Paragraphen des Strafgesetzbuches, sondern auch um den Ruf "von meinem Würzburg". Was da passierte, sei ein absolut übler Übergriff gewesen, der eine entsprechende Reaktion verlangt. So verteidigte der Richter sein gerade verkündetes Urteil, das er selbst als "hart" einstufte. Aber nach einer so massiven Attacke, nur weil einer eine etwas dunklere Hautfarbe hat und als Asiate erkennbar ist, da sage er "jetzt reicht es".
Für Strafaussetzung zur Bewährung hätten besondere Umstände vorliegen müssen wie zum Beispiel ein Geständnis und Reue, aber, so Bau, da war einfach "nichts". Der Angeklagte solle sich, so der Richter vorbeugend, nicht zu früh freuen und darauf verlassen, dass es in der nächsten Instanz "mit Sicherheit" Bewährung geben werde, dafür kenne er die nächste Instanz und ihre Rechtsprechung zu gut.