Gurken-Skandal: So reagiert der Handel
Autor: Norbert Hohler
Segnitz, Dienstag, 13. Juni 2017
Eingeschweißt oder unverpackt? Die Gurken von Franz Hagn aus Segnitz sorgen inzwischen bundesweit für Aufmerksamkeit. Und eine Handelskette weiß das für sich zu nutzen.
Franz Hagn fühlt sich ein bisschen überrollt von dem, was seit Samstag passiert ist. Das Video, in dem der Segnitzer Gemüsebauer Gurken unterpflügt, weil er sie nicht mehr unverpackt verkaufen kann, hat ihm eine Welle von Unterstützung eingebracht, aber auch Kritik.
Wie man eine so emotionale Geschichte, die bundesweit für Aufmerksamkeit sorgt, gut aufnimmt und nutzt, hat Tegut vorgemacht: Die Lebensmittel-Kette hat im sozialen Netzwerk Facebook unter dem Titel „Wir unterstützen auch die Kleinsten in der Landwirtschaft“ ihren Kunden mitgeteilt, dass sie am Mittwochfrüh 3,5 Tonnen Gurken von Gartenbau Hagn kauft, „die die größeren Handelsketten nicht mehr abnehmen wollen, weil sie unverpackt sind“. Am gleichen Tag werden sie in den Läden unverpackt zum Kauf angeboten, für 29 Cent das Stück.
15.600 Stück in den Tegut-Filialen
„Wir bieten die Gurken in unseren 280 Läden von Göttingen bis Stuttgart an“, erklärte Pressesprecherin Bettina Heinrich am Telefon. „Wir kennen Herrn Hagn, er beliefert uns mit Tomaten und noch kleineren Gurken. Und deshalb unterstützen wir ihn gerne.“ Das Unternehmen mit Sitz in Fulda hat ausgerechnet, dass die 3,5 Tonnen rund 15 600 Stück Gurken sind. Wer nach den Gurken sucht: Sie werden unter dem Namen der Genossenschaft (Albert Gundel) verkauft, nicht unter Hagn.
In kürzester Zeit bekam Tegut auf Facebook über 3000 Likes, der Beitrag wurde 2400 mal geteilt. Nicht ohne kritische Töne. Eine Kundin merkt im Chat kritisch an: „Ich kann nicht sagen, wie oft ich schon bei tegut drum gebeten habe, mehr Obst und Gemüse ohne Plastik anzubieten. Das ist mal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“. Eine andere Kommentatorin schreibt von einer „tollen Aktion“ und bittet gleichzeitig, „die bisher übliche Verpackung bei Euch auf den Prüfstand stellen. Da ist ne Menge Luft nach oben“.
Handelsketten weisen Vorwürfe zurück
Edeka, Rewe und Kaufland haben die in dem Video erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Edeka schreibt in einer Stellungnahme: „Wir bieten Minigurken in beiden Formen an, verpackt und unverpackt, je nach Vorliebe der Kunden.“ Rewe schreibt, dass ihnen der Landwirt nicht bekannt sei. Was erneut für Aufregung sorgt, weil in den sozialen Netzwerken prompt Fotos kursieren, die Franz Hagn beim Verpacken von Tomaten in Rewe-Kartons zeigen.Mini-Gurken nur noch verpackt - wegen der dünnen Schale
Kaufland-Pressesprecherin Christine Axtmann schreibt: „Den Beitrag können wir nicht nachvollziehen, da der Erzeuger Hagn/Segnitz von uns keinen Auftrag hatte, für uns Ware zu produzieren“. Kaufland beziehe Mini-Gurken zentral über einen Lieferanten, nur bei höherem Bedarf werde zugekauft. Kaufland hat sich laut Axtmann dazu entschlossen, „die Mini-Gurken nur noch in verpackter Form anzubieten“. Aufgrund ihrer dünnen Schale sei dieses Produkt besonders empfindlich.Franz Hagn jedenfalls ist bewegt vom großen Zuspruch. Und betont: „Ich wollte niemand angreifen.“ Da klingt die bange Frage durch, ob er seine anderen Produkte wie bisher am Markt absetzen kann. Hagn sei vom Macher des Videos „ein bisschen missbraucht“ worden, vermutet Peter Höfler vom Bayerischen Bauernverband im BR-Interview. Es sei zu kurz gegriffen, das Problem auf den Einzelhandel abzuwälzen.
Unterdessen hat Franz Hagn Pflanzen für Schlangengurken bestellt. Und hofft, dass er die verkaufen kann.