Großes Interesse an Käßmann-Vortrag in Geiselwind
Autor: Gerhard Bauer
Geiselwind, Mittwoch, 26. Sept. 2012
Die ehemalige Landesbischöfin Margot Käßmann zieht die Menschen nach wie vor in ihren Bann. In Geiselwind spricht sie über Heimat, Kraft und Liebe.
Die vielfältige Sehnsucht nach Leben, nach Heimat, Kraft und Liebe stellte Professor Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann am Dienstagabend in den Mittelpunkt einer Benefizlesung in der Strohofer Eventhalle in Geiselwind.
"Eine Lesung zeigt auf, was ein Autor in seinem Werk als wichtig empfindet", betonte Manuela Strohofer, als sie mehr als 600 Zuhörer begrüßte. Eineinhalb Jahre hatte sich die Unternehmerin um eine Veranstaltung mit der prominenten Theologin bemüht, am Dienstagabend endlich ließ sich ein anderer Termin in Franken mit der Lesung in der Eventhalle verbinden. Strohofer durfte am Ende von einem wertvollen Abend sprechen.
Von Margot Käßmann begeistert
Begeistert von der Lesung war auch Hermine Weigand aus Dornheim. Sie sprach von einer leicht verständlichen und bodenständigen Darstellung, die zu keiner Zeit ermüdend gewirkt hätte. "Das Buch lesen ist jetzt kein Wunsch mehr, es ist ein Muss", meinte Weigand und stellte sich mit vielen anderen Besuchern am Tisch an, an dem Margot Käßmann ihr Buch signierte.
Das ist Käßmanns Heimat
Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat ihre geografische Heimat auf Usedom gefunden. "Auch mein Glaube ist meine Heimat", ergänzte sie bei ihrer Lesung.
Eine wesentliche Station in der Lesung war die Sehnsucht nach Heimat. "Es ist ein Problem, Heimat zu definieren", meinte Käßmann und dachte dabei an viele Flüchtlinge, die ihre Heimat verlassen mussten, da kein lebensfähiger Raum mehr vorhanden war. Nur Heimat biete eine jederzeit offene Tür, daher wolle auch jeder dorthin.
Sie erinnerte sich an ihre Oma, die den letzten Zug nach Westen verpasste und erleben musste, wie der Opa von der Sowjetarmee verschleppt wurde. Erst 1946 sei der Oma nach unfassbarer Gewalt die Flucht gelungen. Dennoch sei die Familie nie revanchistisch eingestellt gewesen.
Käßmann überwindet Krankheit und andere Katastrophen
"Kraft ist immer wieder ein Geschenk", bilanzierte Margot Käßmann nach ihren beruflichen Einschnitten mit Neuorientierung, überstandener Krebserkankung und Scheidung. Kraft werde gebraucht, wenn eine persönliche Katastrophe hereinbreche und man nicht wisse, wie es weitergehen soll. Kraft sei dabei keine Frage der Muskeln. Um nicht länger kraftlos zu sein, müsse man sehen, wo die Kraftquellen liegen. Dabei verwies Käßmann auf die Worte im Vaterunser.
"Es wimmelt von Engeln"
Die Sehnsucht nach Engeln ist für die Pastorin vor allem in Westeuropa zu spüren. Engel beschrieb sie als ein biblisches Phänomen, das man nicht alleine der Esoterik überlassen könne. "Vor allem im Neuen Testament wimmelt es von Engeln", unterstrich die Theologin. Warum sollte Gott auch nicht in Engeln gegenwärtig sein. Engelserfahrungen gebe es auch im 21. Jahrhundert, wenn mitgeführte Engel Ruhe, Trost und Kraft geben. "Getröstet zu werden und trösten zu dürfen ist eine lebenslange Sehnsucht", bekannte die 54-jährige Theologin. Die Kraft dafür könne aus dem Glauben gezogen werden.
Kinder: Käßmanns größte Liebe
Die größte Liebeserfahrung war für die Theologin die Geburt ihrer vier Kinder sowie das Erlebnis, sie heranwachsen zu sehen und sie dabei zu begleiten. "Ich gestehe, dass die Liebe die größte unter den Sehnsüchten ist", schloss die ehemalige Landesbischöfin.
"Die Gedanken kamen sehr gut rüber, vor allem durch die beeindruckende Stimme und durch die Mimik", fand Elke Schömig, die eigens aus Sennfeld nach Geiselwind gekommen war, um die Autorin selbst zu hören. Die Lesung wurde von Werner Hucks virtuos auf der Gitarre mit Interpretationen geistlicher Lieder begleitet. Der Erlös der Benefizlesung kommt der ökumenischen Jugendarbeit zugute.