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Große Koalition: Die Basis ist positiv gestimmt


Autor: Ralf Dieter

Kitzingen, Donnerstag, 28. November 2013

Führende SPD-Lokalpolitiker sprechen sich für den Koalitionsvertrag aus.
Die Parteichefs Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer.


Die Parteichefs haben lange getagt. Jetzt ist die Basis gefragt. Von ihrer Antwort hängt es ab, ob eine Große Koalition tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen wird.
Robert Finster nimmt kein Blatt vor den Mund. "Natürlich war ich zuerst sehr kritisch", sagt der Vorsitzende der Kreistagsfraktion der SPD. Sein erster Gedanke nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses: Soll die Merkel den Dreck doch alleine machen. Aber mittlerweile hat sich Finster besonnen. "Es ist schon gut, wenn die SPD auch Verantwortung übernimmt und ihren Part in der Großen Koalition spielt." Die Alternative ist Finster nur all zu bewusst. "Unsere Themen wären sonst untergegangen."

Untergegangen ist die SPD in der letzten Großen Koalition nicht gerade. Aber sie hat die Zeit nur mit schweren Schäden überstanden. "Die letzte Große Koalition ist nicht rund für uns gelaufen", gibt der Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes, Heinz Galuschka, zu.

Dennoch spricht auch er sich für einen neuen Versuch aus. "Wir haben jetzt eine große Chance, uns zu profilieren", sagt er.

Sein Blick geht schon voraus ins Jahr 2017. Galuschka ist überzeugt, dass es die letzten vier Jahre von Angela Merkel als Bundeskanzlerin sein werden. "Danach werden die Karten neu gemischt." Und für ein gutes SPD-Blatt wäre es von Vorteil, jetzt mitzuregieren.

Sowohl Robert Finster als auch Heinz Galuschka sind davon überzeugt, dass im Koalitionsvertrag viel SPD enthalten ist. Mindestlohn, abschlagsfreie Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren. "Wichtige SPD-Themen", wie Finster findet. Die Pkw-Maut, ausdrücklicher Wunsch von Horst Seehofer, stört ihn schon. "Aber irgendeine Kröte muss man schlucken."

Nicht nur die lokalen Größen der SPD im Landkreis sind zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis, auch Dr. Anja Weisgerber von der CSU ist optimistisch gestimmt. "Das Verhandlungsergebnis ist gut für unser Land", sagt die Bundestagsabgeordnete. "Und auch für die Region Kitzingen und Schweinfurt." Als Beispiel nennt sie die Vereinbarung hinsichtlich der Konversionsflächen. Die Kommunen hätten künftig nicht nur ein Vorkaufsrecht, sondern könnten die ehemaligen US-Liegenschaften verbilligt erwerben. Entsprechende Verfahren zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) und den Kommunen sollen beschleunigt werden. "Ein gutes Signal für Kitzingen und Schweinfurt", urteilt Weisgerber. Allerdings ist das Programm auf 100 Millionen Euro innerhalb der nächsten vier Jahre begrenzt - deutschlandweit.

Für die frisch gewählte Bundestagsabgeordnete werden mit dem neuen Koalitionsvertrag Gerechtigkeitslücken geschlossen. Zum Einen mit der Pkw-Maut, zum anderen mit der Mütterrente. Und dass es zu keinen Steuererhöhungen komme, sei ebenfalls zu begrüßen. "Damit haben wir Wort gehalten."

So unterschiedlich die Positionen von SPD und CSU auch sind: In zwei Punkten gibt es Gemeinsamkeiten. Auch Anja Weisgerber sieht die Große Koalition nämlich als Chance. "Nur so können auch große Projekte für unser Land verwirklicht werden", meint sie. Und nicht nur die SPD will sich dank dieser politischen Konstellation profilieren. Auch die CSU will ihr Profil stärken. "Wir werden auch weiterhin unsere eigenen Forderungen einbringen", kündigt Weisgerber an. Die jüngsten Verhandlungen haben ihr diesbezüglich Mut gemacht. "Wir haben unsere drei Kernprojekte durchgebracht."

Bevor es aber tatsächlich an die Arbeit geht, steht noch das Votum der SPD-Mitglieder aus. Vom 6. bis 12 . Dezember werden sie über den vorliegenden Vertrag abstimmen. Wenn mindestens 20 Prozent der rund 470000 Sozialdemokraten teilnehmen, ist das Votum verbindlich. Wird der Vertrag jetzt noch an dieser Hürde scheitern? Robert Finster kann sich so ein Szenario nicht vorstellen. "Ich hoffe sehr, dass die nötige Zahl der Stimmen zusammenkommt", sagt er. Den SPD-Mitgliedern müsse klar sein, dass es jetzt nicht um eine Abrechnung mit der Vergangenheit geht. Der Blick müsse sich vielmehr nach vorne richten. Mit einer guten Regierungsarbeit könne die SPD aus dem Umfragetief herauskommen. "Meine Stimme hat Herr Gabriel jedenfalls", kündigt Finster an.
Zusammen mit der Stimme von Heinz Galuschka sind es schon zwei. Die Beteiligung der Basis bezeichnet dieser als sehr geschickten Schachzug von Sigmar Gabriel. "Das war ein Faustpfand in den Verhandlungen", urteilt er . "Damit konnte Druck auf die Union ausgeübt werden." Anfang Dezember sollen die unterfränkischen Bundestagsabgeordneten die hiesigen Mitglieder detailliert über die Ergebnisse der Verhandlungen informieren. Galuschka geht davon aus, dass eine Mehrheit für den Vertrag stimmen wird.

Davon ist mittlerweile auch der Vorsitzende des Kitzinger SPD-Ortsverbandes, Dirk Danz, überzeugt. Am letzten Freitag hat das noch ganz anders ausgesehen. "Bei der Mitgliederversammlung hätte es wohl keine Mehrheit für den Vertrag gegeben", sagt er. Jetzt sind die Inhalte bekannt, etliche wichtige Punkte für die SPD sind im Vertrag enthalten. "Außerdem müssen wir unserer Führung auch ein Stück weit vertrauen", fordert Danz.

Selbst Anja Weisgerber von der CSU ist zuversichtlich, dass die Überzeugungsarbeit bei der SPD gelingen wird. "Falls die Basis ablehnt, müsste die Parteispitze zurücktreten", meint sie. Die Koalitionsverhandlungen wären dann umsonst gewesen. Eine erschreckende Vorstellung für Dirk Danz. "Schwarz-Grün oder Neuwahlen sind keine richtigen Alternativen", sagt er. "Sie helfen dem Land auch nicht weiter. " Es sei vielmehr an der Zeit, dass es endlich losgeht mit der Großen Koalition. "Es ist genug geredet worden", meint er. Auch seine Stimme hat Sigmar Gabriel sicher.