Gibt es Verbrechen des Pflegers in Franken?
Autor: Manfred Schweidler
Kitzingen, Mittwoch, 28. März 2018
Bei fünf alten Menschen in Unterfranken arbeitete der unter Mordverdacht geratene Pfleger Stanislaw W. Die Polizei prüft, ob er auch in der Region geraubt und gemordet hat.
Der unter Mordverdacht geratene Hilfspfleger Stanislaw W. (36) hat an mindestens fünf Arbeitsplätzen in Unterfranken alte Menschen gepflegt. Der Mann soll aus Habgier mehrere ihm anvertraute Senioren bestohlen und mindestens zwei getötet haben – darunter im Januar einen 84-Jährigen im Landkreis Kitzingen.
57 Arbeitsplätze sind bekannt
Die Polizei hat inzwischen neben diesen Fällen vier weitere Arbeitsplätze des Mannes in Unterfranken und weitere sechs in Mittelfranken im Blick. Dies bestätigte ein Pressesprecher in München auf Anfrage. Diese sind auf einer von der Polizei veröffentlichten Deutschlandkarte mit insgesamt 57 Orten zu sehen, an denen er gearbeitet haben soll.
Einstichstellen festgestellt
Nach dem Tod eines 87-jährigen Pflegebedürftigen in Ottobrunn bei München hatten Rechtsmediziner im Februar Einstichstellen wie von Injektionen gefunden, außerdem einen extrem niedrigen Blutzuckerwert. Dabei sei der 87-Jährige gar kein Diabetiker gewesen, erklärte Josef Wimmer, Chef der Münchner Mordkommission. Der festgenommene W. habe bei der Befragung zugeben, dem Pflegebedürftigen Insulin gespritzt und dem alten Mann sein Geld und die EC-Karten gestohlen zu haben, sagt Wimmer. Doch seit er in Haft sitze, schweige der 36-Jährige.
Die Polizei nahm schließlich weitere Arbeitsplätze des Kurzzeitpflegers unter die Lupe. Dabei fiel unter anderem der vier Wochen zuvor gestorbene Mann aus Kitzingen auf. Der 84-Jährige aus dem Landkreis Kitzingen war – wie es in seiner Todesanzeige hieß – „nach einem Leben voller Tatkraft und Fürsorge“ gestorben.
Zweiter Todesfall in Kitzingen
Er wurde am 20. Januar in seinem Heimatort bestattet. Doch dann konkretisierte sich der Verdacht auf eine unnatürliche Todesursache. Die Mordermittler beschlossen schließlich, auch diesen Mann exhumieren und von der Rechtsmedizin untersuchen zu lassen. „Die Nachricht, dass die Kripo auf dem Friedhof ist, ging wie ein Lauffeuer durch den Ort,“ bestätigt ein Mitbürger. Seit Tagen sei darüber geredet worden, welcher Verdacht dahinter steckt.
Auch bei der Leiche aus dem Kreis Kitzingen wurden „Auffälligkeiten“ festgestellt, die einen dringenden Tatverdacht begründeten, sagt Wimmer. Eine natürliche Todesursache könne ausgeschlossen werden. In mindestens vier weiteren Fällen in Deutschland kamen Pflegebedürftige ins Krankenhaus, während sie von dem Pfleger betreut wurden. Das Auffallende: Bei allen seien nicht erklärbare, extrem niedrige Blutzuckerwerte festgestellt worden. Dabei hatte keiner von ihnen Diabetes.
In ganz Franken tätig
Der Pfleger wird in 15 Fällen des Diebstahls beschuldigt. Er soll Geld, Eheringe und Essen gestohlen haben. Die Polizei bittet die Öffentlichkeit weiter um Informationen, wo er noch tätig gewesen sein könnte. Bislang gibt es Hinweise auf weitere Pflegestellen des 36-Jährigen zwischen Kitzingen und Würzburg, westlich von Würzburg an der Grenze zu Baden-Württemberg sowie auf zwei weitere im Landkreis Rhön-Grabfeld. Das bestätigte ein Sprecher des Polizeipräsidiums München am Mittwoch. Nähere Informationen zu den Orten machte er wegen der laufenden Ermittlungen jedoch nicht.