Druckartikel: Geplante Saatgut-Verordnung der EU sorgt für Wirbel

Geplante Saatgut-Verordnung der EU sorgt für Wirbel


Autor: Diana Fuchs

Kitzingen, Sonntag, 05. Mai 2013

Kann die Europäische Union (EU) uns diktieren, was wir essen dürfen? Eine Verordnung sorgt für Aufruhr im Gemüsebeet.
Foto: Archiv


Regelt die EU bald, was wir in unseren privaten Gärten anbauen? Die geplante Saatgut-Verordnung sorgt derzeit nicht nur online für Wirbel. Auch die lokale Initiative "open house" sieht eine Bedrohung: "Die Zukunft der Vielfalt von Obst und Gemüse ist in Gefahr!"

Fakt ist: Die EU bereitet derzeit eine Verordnung zu Saatgut-Patenten vor, deren Text laut zuständiger Kommission noch ausgearbeitet wird. Initiativen wie die von Gärtnerin Barbara Keller aus Mainstockheim, die sich für freies und vielfältiges Saatgut engagieren, befürchten nun, dass das Patentrecht auf bestimmte Sorten gestärkt und die bürokratischen Hürden für die Zulassung von Saatgut festgemeißelt werden. Das käme vor allem den drei großen Saatgutkonzernen Monsanto, Dupont und Syngenta zugute, die zusammen mehr als den halben Weltmarkt beherrschen.

Viele alte Obst- und Gemüsesorten könnten dagegen vom Markt verdrängt werden.

Wen betrifft die EU-Saatgut-Verordnung?
Barbara Keller: Sie betrifft uns alle - all diejenigen, die essen müssen. Saatgut ist die Grundlage der Nahrung. Bunte Kartoffeln und Tomaten, seltene Apfelsorten - all das könnte es bald nicht mehr geben.

Was genau ist das Problem an der EU-Verordnung?
Dass alte und samenfeste Sorten für immer aussterben könnten! Die Industrie betreibt Lobbying für Gesetze, die kleine Samenhändler, Baumschulen, bäuerliches Saatgut und die Sortenvielfalt gefährden. Der freie Tausch von Saat- und Pflanzgut zwischen Bauern und Gärtnern könnte strafbar werden. Auch gefährdete Sorten dürften ohne aufwändige amtliche Zulassung von Bauern nicht weitergegeben werden.

Das hätte weit reichende Folgen für einen Flächen- und Gärtnerlandkreis...
Das ist einfach unvorstellbar. Auch unser Saatgut-Festival wäre plötzlich in Frage gestellt. Wir laden jährlich dazu ein, sich beim Saatgut-Festival mit seltenen und samenfesten Sorten zu versorgen. Unser Ziel ist es, unsere Region zum Zentrum der Vielfalt zu machen. Das könnte aber durch die geplante EU-Verordnung unmöglich werden. Alle, die bisher gerne Vielfalt gesät und gegessen haben, würden kein neues Saatgut mehr bekommen. Die Zulassung der Sorten für den Handel soll nur möglich sein mit kostspieligen Testverfahren, die nur industrielle Sorten der Agrarkonzerne bestehen können - alte und seltene Sorten werden damit von Weitergabe und Anbau ausgeschlossen.

Darüber könnten sich dann die großen Agrarkonzerne freuen.
Ja, denn dann bleibt uns nichts mehr anderes übrig, als ihren Einheitsbrei zu essen. Deren Monopolstellung würde noch weiter gefestigt und sie könnten uns allen diktieren, was wir essen, schlicht durch ihr Saatgut-Angebot.

Wie wollen Sie das verhindern?
Um das zu verhindern, unterstützen wir die gemeinsame Petition der Umweltschutzorganisation Global 2000 und der Erhaltungsorganisation Arche Noah. Der in Österreich ansässige Verein hat etwa 10 000 Mitglieder, darunter viele Deutsche. Er setzt sich auf unterschiedliche Weise für die Erhaltung der Vielfalt bei Obst und Gemüse ein. Bekannt ist das Sortenhandbuch der Arche Noah, ein Katalog, aus dem man seltene und samenfeste Sorten bestellen kann.

Was sind Ihre Forderungen?
Folgende Forderungen der Petition unterstützen wir: Die Vielfalt landwirtschaftlicher Kulturpflanzen schützen und fördern; Demokratie und bäuerliche Rechte schützen und fördern; Wahlmöglichkeit und Transparenz für Verbraucher schützen und fördern. Wer die Petition unterschreiben will, kann das direkt online tun oder bei unserer open-house-Initiative: Martin und Barbara Keller, Hauptstraße 110, in Mainstockheim.

Das Interview mit Barbara Keller führte Redakteurin Diana Fuchs.

INFOS: Genaueres erfahren Sie auf der Homepage der Arche Noah: www.arche-noah.at.