Gelöster Kriminalfall: Mord an den Eltern
Autor: Frank Weichhan
Kitzingen, Dienstag, 13. November 2018
Mit einem Beil erschlägt ein 17-Jähriger Vater und Mutter. Danach rast der Mörder in den Tod - im Auto des Vaters stirbt er als Geisterfahrer. Aus unserer Serie "Gelöste Kriminalfälle".
Der 17-Jährige ist auf der Stelle tot. Er stirbt als Geisterfahrer. Im Stadtzentrum von Kitzingen hat ihn eine Polizeistreife in einer Oktobernacht 2010 stoppen und kontrollieren wollen. Um sich dem zu entziehen, gibt der Jugendliche Gas. Im Auto seines Vaters flüchtet er über die Bundesstraße fünf Kilometer hinaus auf die A7. Dort ist er dann – zwischen den Anschlussstellen Kitzingen und Marktbreit – als Geisterfahrer in falscher Richtung unterwegs.
Wenig später passiert es: Der Audi 100 kracht auf einen entgegenkommenden Sattelzug. Das Auto wird völlig zerstört, der Motorblock herausgerissen. Die Fahrbahn: ein Trümmerfeld. Selbst der viel stabilere Laster ist schwer demoliert. Der 17-Jährige, der keinen Autoführerschein hat und nicht angeschnallt war, wird herausgeschleudert. Er ist auf der Stelle tot.
War es Panik oder Absicht?
War das falsche Auffahren auf die Autobahn Absicht – oder ein Versehen aus der Panik heraus? Es wird nicht die einzige offene Frage in einem Fall bleiben, der sich schnell als kaum fassbares Familiendrama entpuppen soll.
Die Polizei hat den Flüchtigen bei dessen Geisterfahrt zwischenzeitlich – bewusst – fahren lassen und aus den Augen verloren. Minuten später bietet sich ihnen ein grauenvolles Szenario. Nach dem tödlichen Unfall wollen die Beamten den Eltern in dem Kitzinger Stadtteil Repperndorf die traurige Nachricht überbringen. Trotz mehrerer Versuche öffnet niemand. Nachbarn versichern: das Ehepaar müsste da sein.
Die Beamten steigen deshalb am nächsten Morgen durch ein Kellerfenster in das massive Steinhaus ein. Begleitet von einer Ahnung, die sich im Obergeschoss umgehend bestätigen soll: Dort liegen zwei übel zugerichtete Leichen – die Eltern des 17-Jährigen. Brutal im Schlaf getötet vom eigenen Kind.
Die ausgelöschte Familie lebte zurückgezogen. Der 59-jährige Vater war alteingesessener Repperndorfer, der seinen Hof wegen einer schweren Erkrankung nicht mehr bewirtschaften konnte. Die Mutter war 50 Jahre alt und stammte aus Osteuropa – was für den Heranwachsenden auf eine ganz seltsame Art ein Problem gewesen sein muss. Später kommt heraus, dass er ihr öffentlich angedroht hat, sie „abzustechen“.
"Erhebliche kriminelle Energie"
Der 17-Jährige hat wenig Freunde, mehrfach wechselt er die Schule. Auf sein Umfeld wirkt er zunehmend aggressiv. Der Eindruck täuscht nicht: Im Juni stand er vor dem Kitzinger Jugendrichter, weil er an einem Auto Reifen zerstochen hat. Außerdem beschädigte er mit einer Eisenstange das Heckfenster eines weiteren Wagens.