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Für Jürgen Müller kommt das große Aufräumen


Autor: Carmen Schmitt

Kitzingen, Montag, 10. Juni 2013

Nach dem Wasser kommt das große Aufräumen. Eine Stütze vom Staat soll fürs Erste helfen. Unternehmer Jürgen Müller hat sein Lächeln nicht verloren. Gemeinden schließen sich für Schutzmaßnahmen zusammen.
Foto: Carmen Schmitt


Die Hochwasseropfer sind auf dem Weg zurück zur Normalität. Renovieren und Sanieren steht für viele an. Unternehmer wie Privatleute im Landkreis haben teilweise großen Schaden zu verzeichnen. Der Freistaat Bayern unterstützt die Geschädigten nun mit einem Hilfspaket.

Auch Jürgen Müller hat das Wasser erwischt. Überraschend. In der Nähe seiner Videothek in Wiesentheid fließt weder ein Bach noch ein Fluss. "Wenn ich mit allem gerechnet hätte, aber damit nicht", sagt der selbstständige Unternehmer. Ein Schock für den 49-Jährigen am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub. Sein halber Laden stand unter Wasser. Zwar nur einige Zentimeter hoch, dafür flächendeckend, erzählt er.

Jahrhundertniederschläge

Der Grund dafür: Die heftigen Niederschläge zwischen 30. Mai und 2. Juni.

Auf ganz Bayern fielen 8,28 Billionen Liter Wasser vom Himmel, berechnete der Deutsche Wetterdienst (DWD). Fast doppelt so viel, wie auf Sachsen, Thüringen und Hessen zusammen. Wegen des vielen Regens im Mai kamen die Böden schnell an ihre Grenzen und konnten schon bald nichts mehr fassen. Bäche traten über die Ufer.

Wie der Silberbach und die Schwarzach. Die beiden Gewässer sind einigen Bürgern aus Schwarzach zum Verhängnis geworden. "80 bis 82 Anwesen hat es bei uns getroffen", sagt der Schwarzacher Bürgermeister Lothar Nagel (FCW). Auch die Schreinerei Pfriem hat einiges abbekommen. Der Betrieb liegt direkt am Bach. Doch solche Außmaße habe der noch nie gehabt, erzählt der Bürgermeister. "Selbst die älteren Leute können sich nicht daran erinnern, dass es einmal so viel Wasser gab."

Gemeinden handeln gemeinsam

Trotzdem könne es wieder vorkommen, sagt Nagel. Ein Konzept, das die Marktgemeinde zusammen mit anderen Gemeinden vor zwei Jahren ausgearbeitet hat, rückt nun wieder in den Fokus. Das "Gewässerentwicklungskonzept" sieht keine großen Dammbauten vor, dafür Renaturierungsmaßnahmen. "Die Bäche brauchen wieder Überschwemmungsgebiete. Das Wasser soll gehalten werden und langsamer fließen", erklärt Nagel. "Man hat die Bäche schnurgerade ausgebaut und die natürlichen Bachläufe immer weiter zurückgenommen", sagt Dr. Werner Knaier, Bürgermeister von Wiesentheid. Er glaubt, dass das Wasser so nicht genug Raum bekommt. "Einzelne Maßnahmen bringen aber nichts", sagt Knaier. Gemeinsam und gemeindeübergreifend müsse man es angehen. Gerade werde der Förderantrag beim Wasserwirtschaftsamt geprüft.

Wasser langsamer ablaufen

Dort wird in Zukunft wahrscheinlich mehr eingehen als sonst, schätzt Thies Rixen. Er ist Leiter des Fachbereichs staatlicher Wasserbau und Leiter des Hochwassernachrichtendienstes beim Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg. "Wenn Betroffenheit besteht, ist die Resonanz hoch", sagt er. Dann gehe es oft um Rückhaltekonzepte. "Rückhaltebecken und kleine Dämme sollen dafür sorgen, dass das Wasser langsamer abläuft."

Bisher teilen sich Freistaat und Kommunen die Kosten für Hochwasserschutzmaßnahmen. Geht es nach Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, müssten der Bund und auch die Länder ihre Investitionen für den Deichbau weiter verstärken. Es brauche notfalls auch schärfere gesetzliche Vorgaben für den Hochwasserschutz, meint er. Im Zweifel müsse dem HochwasserschutzVorrang vor dem Naturschutz eingeräumt werden.

Hilfe vom Staat

Wie viel die betroffenen Dorfschätze-Gemeinden die Umsetzung des gemeinsamen Konzeptes kosten soll, ist noch nicht klar. Welche Kosten gerade eine größere Rolle spielen, sind die der geschädigten Hochwasseropfer. Bis zu 1500 beziehungsweise 5000 Euro bekommen Privatpersonen und Unternehmer als Soforthilfe vom Freistaat Bayern. "Das ist für den Einzelnen nicht viel und reicht mit Sicherheit nicht, aber man muss es als kleine Stütze des Staates sehen", sagt Lothar Nagel. Die Zahlungen funktionieren sehr "unbürokratisch". 30 000 Euro hat die Gemeinde bisher ausgezahlt. Auch Jürgen Müller aus Wiesentheid hat den Antrag für die Soforthilfe ausgefüllt und eingereicht. DVDs und Elektroartikel hat es in seinem Geschäft erwischt. Gegen solche Wasserschäden ist er nicht versichert: "Es besteht ja auch kein Grund, eigentlich." Der 49-Jährige ist guter Dinge, er sei noch glimpflich davon gekommen "Jetzt muss es weitergehen", sagt er optimistisch und lächelt.

Hilfe für Hochwassergeschädigte:
Soforthilfe Der Freistaat Bayern stellt für Hochwassergeschädigte ein Sofortgeld bereit. Privathaushalte, Unternehmen und land- und forstwirtschaftliche Betriebe erhalten die staatliche Hilfe.

Höhe Das Sofortgeld beträgt 1500 € pro Haushalt. Bei Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bis zu 5000 €.

Wann Der Zuschuss wird gewährt, wenn ein Schaden durch das Hochwasser von Ende Mai bis Anfang Juni entstanden ist. Das Geld muss für Ersatzbeschaffungen von zerstörtem Hausrat oder Betriebsvermögen verwendet werden.

Infos Weitere Informationen zum Sofortprogramm der Bayerischen Staatsregierung und Antragsformulare sind bei der Regierung von Unterfranken in Würzburg, bei der Gemeinde, der Stadt oder beim Landratsamt erhältlich.