„Fridays gegen Altersarmut“ protestiert gegen Rentenpolitik
Autor: Regina Sterk
Wiesentheid, Sonntag, 01. März 2020
Die Sorge um eine viel zu geringe Rente treibt sie um: Erstmals findet eine Mahnwache in Wiesentheid statt.
Sie sorgen sich um ihre Rente, sie haben Angst im Alter arm zu sein obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben und sie möchten auf sich und ihre Sorgen aufmerksam machen. Die Männer und Frauen stehen am Freitag in Wiesentheid an der Straße, ihr Banner mit der Aufschrift „Fridays gegen Altersarmut“ ist kaum zu übersehen.
Die Gruppe mit rund 25 Teilnehmern ist dagegen eher überschaubar. Eine stille Mahnwache soll es sein, es werden keine großen Reden gehalten. Wer stehen bleibt, kommt ins Gespräch. Von den vielen vorbeifahrenden Autos hält allerdings keines an. Kerzen brennen, es gibt etwas zu Essen und Getränke. Es ist die erste Veranstaltung dieser Art im Landkreis Kitzingen, in Ochsenfurt gab es solche Mahnwachen bereits.
Auf der Suche nach einem anderen Veranstaltungsort sind Angela Beuerlein und Jürgen Spiegel auf den Platz an der Wiesentheider Kirche gekommen. Sie möchten Präsenz zeigen, auf ihre Sorgen aufmerksam machen. „Wir sind viele“, erklärt Angela Beuerlein, „aber man sieht uns nicht.“ Das Thema betreffe schließlich alle, jede Generation. Sie selbst wird bei Erreichen des Rentenalters mehr als 45 Jahre gearbeitet haben. Wegen Erziehungszeiten aber nicht immer Vollzeit. „Das wird knapp“, sagt sie. „Für die Miete und sonstigen Kosten reicht es, aber große Sprünge kann ich nicht machen.“
Keine Partei-Politik
Die Bewegung müsse Geduld haben und am Ball bleiben, nur so könne man auf weitreichende politische Entscheidungen hoffen. Apropos Politik: Den Veranstaltern der Mahnwachen ist wichtig, dass sie keiner politischen Partei angehören. Vor allem in den sozialen Medien werden die Teilnehmer von „Fridays gegen Altersarmut“ immer wieder von rechten Meinungsmachern unterwandert.
Davon distanzieren sich die Menschen in Wiesentheid ausdrücklich. Im Gegenteil: „Armut ist nicht rechts oder links“, betont Angela Beuerlein, „sie kann uns alle treffen.“ Jürgen Spiegel kennt als Mitbegründer der Kitzinger Tafel die Gesichter der Armut. Ein Grund für ihn, sich für die Sache einzusetzen.
Die Teilnehmer der Mahnwache kommen bei weitem nicht nur aus Wiesentheid. Das Einzugsgebiet reicht von Stuttgart bis Schweinfurt. Man kennt sich, oft sind es dieselben Leute, die in den verschiedenen Orten demonstrieren. Auch Bürgermeister Werner Knaier hat vorbeigeschaut. Für ihn war die Genehmigung der Mahnwache kein Problem.
Viel Verständnis
Auch bei Geschäftsleuten, die Plakate in den Schaufenstern hängen hatten, rannten die Veranstalter förmlich offene Türen ein. „Es gibt ein großes Verständnis für unser Anliegen“, sagt Angela Beuerlein. Jetzt müsse man es noch schaffen, dass die Gruppe beim nächsten Mal ein wenig größer wird. Und dann wieder. Und irgendwann so groß ist, dass sie nicht mehr übersehen werden kann.