Freie Stellen: Azubis müssen ins Team passen
Autor: Anna Baum
Kitzingen, Donnerstag, 30. Juli 2015
Ein Praktikumsplatz hat einigen Bewerbern dabei geholfen, den richtigen Betrieb zu finden. Dass Praktika nötig sind, zeigen aktuelle Zahlen der Agentur für Arbeit.
„Wir sagen am Nachmittag zu Bekannten und Freunden tschüss“ – ein gutes Betriebsklima ist im Betrieb von Bäcker Marcus Will aus Kitzingen sehr wichtig. Deshalb achtet er auch bei der Einstellung von Auszubildenden auf das Zwischenmenschliche. Seine drei neuen Azubis aus Kitzingen passen ins Team.
Im Gegensatz zu seinen Kollegen hat er die Lehrstellen für September bereits besetzt. Durch Schulpraktika konnte er früh passende Kandidaten finden. Andere Bäckereien im Landkreis suchen noch. Doch es gibt ein Problem: Wunsch und Möglichkeit gehen weit auseinander im Ausbildungsmarkt.
Obwohl aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom Juni eigentlich ein Gleichgewicht vorgeben: 238 Bewerber, die noch keine Stelle gefunden haben, treffen auf 232 freie Stellen. Das Problem ist, dass sich auch im Landkreis viele Bewerber auf ein paar Berufe stürzen. Größtenteils weibliche Arbeitssuchende möchten zum Beispiel Kauffrau für Büromanagement oder medizinische Fachangestellte werden. Bei den jungen Männern liegen Berufe wie Mechatroniker und Tischler weit vorne auf der Wunschliste.
In der Gastronomie hingegen fehlen die Bewerber. Besonders werden Köche und Hotelfachfrauen gesucht. „Der Haken bei den Bewerbern ist oft das Alter“, sagt Ortrun Glaser, Hotelfachfrau im Hotel Leicht in Bibelried. Mit unter 17 Jahren dürfen die Auszubildenden nur im Zeitraum von sechs bis 22 Uhr arbeiten. Aber das eigentliche Problem liegt nach Ortrun Glasers Meinung am Ansehen der Branche: „In unserer Gesellschaft bist du der Depp, der arbeiten muss, wenn andere frei haben.“ Die flexiblen Arbeitszeiten sind aber gerade ein Vorteil. „Man kann Einkäufe und Arztbesuche entspannt unter der Woche vor seiner Schicht oder an den freien Tagen erledigen. Alle anderen müssen am Samstagvormittag mit der Menge rennen.“ Auch sind die Möglichkeiten in diesen beiden Berufen sehr groß. Nach der Ausbildung zum Beispiel ins Ausland gehen ist immer ein Thema.
Dieses Jahr hat das Hotel Leicht genauso wie die Bäckerei Will wenig Bewerbungen bekommen. Dabei ließ teilweise auch die Qualität zu wünschen übrig. Rechtschreibung ist dabei ein großes Problem, sowie deutsche Sprachkenntnisse. Im Kontakt mit Kunden und Gästen reicht ein „Hallo“ und „Tschüss“ nicht aus.
Andere Berufe wecken anscheinend mehr das Interesse der werdenden Azubis. Interessant ist, dass eine Stelle im Einzelhandel auf der Wunschliste der Bewerber ganz oben steht. Gleichzeitig sind aber noch viele solcher Ausbildungsstellen unbesetzt. Ralf Hofmann, Referent für Ausbildungs- und Fachkräfteberatung der IHK Würzburg Schweinfurt, sagt dazu: „Eigentlich ist alles dafür getan, dass Betriebe und mögliche Auszubildende zusammenfinden.“ Das läuft über Agentur für Arbeit und die Lehrstellenbörse der IHK. „Jeder, der sucht, könnte also eine Stelle finden“, so Hofmann weiter. Dass es nicht am Abschluss der Mittelschüler liegt, steht für ihn außer Frage: „Im Gegensatz zu der kursierenden Meinung haben Mittelschüler mit dem Quali keinesfalls schlechtere Chancen.“
Die Wurzel des Problems liegt eher auf einer persönlichen Ebene. „Unsere Herausforderung besteht darin, Bewerber und Stellen regional, berufsbezogen und qualifikatorisch zusammenzubringen“, so Wolfgang Giegerich, Pressesprecher der Agentur für Arbeit. Also zählt neben Abschlussnote und Bewerbung auch das Zwischenmenschliche.