Trotz Regens protestierten 200 bis 300 Menschen in Volkach mit Pfeifen, Hupen und Plakaten gegen die Freibad-Schließung. Das Thema eroberte die Stadtratssitzung.
So ähnlich muss sich ein Kabinett in Zeiten der Revolution fühlen: Während am Montagabend im Sitzungssaal des Volkacher Rathauses der Stadtrat tagt, protestiert auf dem Marktplatz davor eine Menschenmenge dagegen, das Freibad in diesem Sommer – womöglich für immer – nicht mehr zu öffnen. Trillerpfeifen, Tröten und Hupen machen kräftig Lärm. Dazwischen fordern Sprechchöre immer wieder "Freibad auf!", während der Regen die selbst gestalteten Plakate aufweicht.
Die Polizei, die mit zwei Beamten vor Ort ist, spricht von gut 200 Protestierenden. Der Förderverein Volkacher Bäder, der zum Protest aufgerufen hat, vermeldet in Sozialen Medien 300 Teilnehmer. Darunter sind viele Junge. Im Ratssaal ist zwischendurch kaum eine Wortmeldung zu verstehen, so laut schallt es durch die geschlossene Tür herein. Die Protestler bevölkern die Rathaustreppe und das Foyer vorm Sitzungssaal. Zwischenfälle und Probleme verzeichnet die Polizei keine, wie sie am Dienstag berichtet.
Zuhörer im Saal bleiben ruhig
Probleme haben drinnen die Stadtratsmitglieder, eine geordnete Sitzung abzuhalten. Den kurzen Part des Bauausschusses spult Bürgermeister Peter Kornell routiniert ab. Doch dann, mit Beginn der Stadtratssitzung, drängt sich das Thema "Freibad" zwangsläufig auf, obwohl es laut Tagesordnung nicht vorgesehen ist. Im Saal sind mittlerweile alle Zuhörerplätze besetzt; dort bleibt es ruhig. Dafür ist es vor der Tür umso lauter. "Wenn jemand die Verantwortung übernimmt, machen wir auf", sagt der Bürgermeister. Doch diesen Schritt wagt keiner im Stadtrat.
1#googleAds#100x100
Dann wagt er selbst den Versuch. Er möchte mit den Bürgern vor der Tür sprechen. Doch es bleibt beim Versuch: Nach wenigen Augenblicken und einem Schwall von "Buh"-Rufen schließt Kornell die Tür wieder. "Ich glaube nicht, dass jemand hören möchte, was ich zu sagen habe", hat er schon vorher vermutet.
Laut Bürgermeister scheitert die Freibad-Sanierung am Geld
Im Sitzungssaal verteidigt er seinen Entschluss, das Freibad nicht zu öffnen . Weil Mitarbeiter ihm schriftlich mitgeteilt hätten, dass sie keinen sicheren Betrieb gewährleisten könnten, sei ihm als Bürgermeister nichts anderes übrig geblieben. Doch das bedeute nicht, dass er das Bad für immer schließen möchte: "Das ist Blödsinn." Wenn das Geld vorhanden wäre, würde er sofort den Auftrag vergeben, das Bad zu sanieren, erklärt Kornell.
Er hat Zahlen mitgebracht, die widerlegen sollen, dass die Stadt die vergangenen Jahre ins Freibad nichts investiert hat. 914 000 Euro habe man seit 1999 ins Bad gesteckt, für Reparaturen und den Unterhalt, berichtet der Bürgermeister. Zugleich sanken die Besucherzahlen. Im Hitzesommer 2018 waren es 45 000 Badegäste, im ähnlich heißen Sommer 2003 noch 103 000 Besucher.
Vier Jugendliche wenden sich mit Fragen an den Bürgermeister
Vier klatschnassen Jugendlichen, die plötzlich als eine Art Delegation der Demonstranten im Saal stehen, erklärt Kornell, dass er verantwortungsbewusste Politik darin sehe, ihrer Generation und ihren Kindern keine Schuldenberge zu hinterlassen. Eine Sanierung des Freibads koste mindestens sechs Millionen Euro – netto. Als die Jugendlichen wissen möchten, wofür die Stadt das meiste Geld ausgibt, zählt der Bürgermeister die jüngsten Großprojekte auf: Kläranlage und Hallenbad, und die Mittelschule stehe an.