Forstwirt Timo Renz ist gekommen, um zu retten
Autor: Carmen Schmitt
Kitzingen, Freitag, 07. Juni 2013
Hunderte Bäume im Landkreis sind Insekten und Pilzen zum Opfer gefallen. Das Eichensterben ist nun aufgeklärt. Forstwirt Timo Renz und die Waldbesitzer sind gefragt.
Die Eiche hat schon immer viel ausgehalten. Sie ist zäh. 2009 und 2010 musste der Baum besonders viel ertragen. Schließlich gab er den Widerstand auf. Viele Hundert Eichen starben. In dem Bereich der südlichen Fränkischen Platte waren 2000 Hektar betroffen. Die Opfer: alte Eichen in 37 Waldgebieten. Eine Forschungsgruppe untersuchte seitdem die Ursachen. Jetzt erklärte sie zusammen mit Forstminister Helmut Brunner im Wald des Marktes Wiesentheid, warum es dazu kam und was zu tun ist, um die Eichenbestände zu erhalten.
Ideal für Schädlinge
Die Urheber der Zerstörung fühlen sich in den Wäldern im Landkreis wohl. Die Bedingungen für die Schmetterlingsraupen wie Eichenwickler, Schwammspinner und Eichenprozessionsspinner sind optimal: warm und lichtdurchflutet. Sie fressen die jungen Blätter des Baumes, bis die Krone kahl ist.
"Das ist normalerweise kein Problem für die Eiche." Jetzt habe aber die Häufigkeit zugenommen, erklärt er. Vor vier Jahren schlugen die Schädlinge immer wieder zu. Dazu kam noch der Eichen-Mehltau. Der Blattpilz siedelt sich auf den Blättern an, der Baum kann die Sonne nicht mehr gut einfangen. Der Stoffwechsel des Baumes wird beeinträchtigt. Auch der Standort ist entscheidend, wie die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) untersucht hat. Ist der Boden "staunass", bekommt die Wurzel nicht genug Luft. "Ein zusätzlicher Stressfaktor für den Baum", sagt Renz. Nach dem Blattfraß kann er sich nur schwer wieder erholen. Das alles wurde zu viel für den Baum und es kam zum Eichensterben.
Mischwald statt Monokultur
Klimafachkräfte sollen nun helfen, den Wald so umzubauen, dass es den Eichen besser geht. Timo Renz ist einer von ihnen. Der 30-Jährige ist zuständig für den Landkreis Kitzingen und arbeitet seit zwei Monaten als Forstliche Fachkraft beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Der Stumpf, auf dem er hockt, gehört zu einer Eiche. Sie war 120 bis 160 Jahre alt, schätzt er. Auch sie ist abgestorben und konnte nicht mehr gerettet werden.
"Das Kräfteverhältnis der Bäume im Wald muss ausgewogen sein", sagt Timo Renz. Angestrebt werde ein Eichenanteil im Wald von unter 50 Prozent. Bisher liegt der oft wesentlich höher. "Dann wären die Eichen längst nicht so anfällig." Forstminister Helmut Brunner betont: "Vielfalt ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Eiche braucht Gesellschaft." Rotbuche, Hainbuche, Winterlinde oder auch die Elsbeere sollen laut den Forschungsergebnissen mehr Platz bekommen. Mischwald statt Monokultur ist die Devise für den stabilen Wald der Zukunft.
Außerdem sollte sichergestellt sein, dass auch junge Eichen nachwachsen. Laut Minister Brunner wird hier die Zusammenarbeit mit den Jägern wichtig. "Wir müssen ein Netzwerk zwischen allen Akteuren schaffen", sagt er. Allein den Abschuss auf Rehe zu erhöhen, für die die Knospen der jungen Bäume eine Delikatesse sind, reiche nicht aus. Zu dem "Bündel von Maßnahmen" gehöre außerdem, eine "saubere" Waldwirtschaft zu betreiben. Erkrankte und befallene Bäume müssen raus aus dem Wald.
Die Willanzheimer Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert sieht den Maßnahmenplan als ersten Schritt. Die Gemeinde ist besonders betroffen vom Eichensterben. "Wir müssen die Ergebnisse jetzt herunterbrechen und die Informationen umsetzen", sagt die Bürgermeisterin.
Auch die Wälder des Marktes Wiesentheid werden seit den 90er Jahren immer wieder von Schädlingen heimgesucht, sagt Bürgermeister Dr. Werner Knaier. Seit über zehn Jahren werde in der Gemeinde am Waldumbau gearbeitet.
Eichen wollen mehr Schatten
"Die Wälder müssen schattiger und kühler werden, damit sie weniger interessant werden für Insekten", sagt Klaus Behr, Bereichsleitung Forsten beim AELF Kitzingen. Diese Kühle bringt zum Beispiel die Hainbuche, erklärt Timo Renz. "Der Stamm der Eiche muss beschattet sein."
Der 30-Jährige findet es wichtig, dem Baum zu helfen. "Von der Eiche hängen einige Hundert Arten ab." Sie bilden eine Lebens- und Artengemeinschaft, erklärt er. "Wenn die Eiche verschwindet, verschwinden auch die anderen Arten."
Dennoch würde die Umwelt auch mit einer anderen Entwicklung klar kommen. "Der Natur ist das im Grunde völlig egal", sagt Timo Renz. "Aber der Mensch will ein stabiles System, mit dem er rechnen kann." Jeder will etwas anderes vom Wald, meint der Forstwirt. "Wenn jeder Kompromisse eingeht, kann man alles unter einen Hut bringen."
"Die Initiative müssen jetzt die Waldbesitzer ergreifen", sagt Rainer Fell, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Kitzingen w. V. und Stadtförster in Iphofen. Forstminister Helmut Brunner will ihnen jetzt konkrete Hilfe anbieten, damit der Bestand der Eichenwälder gefestigt werden kann. "Alle Waldbesitzer mit Interesse oder Fragen können sich gerne an die zuständigen Revierleiter oder an die Forstliche Fachkraft vom AELF Kitzingen wenden", sagt Timo Renz. Dort werden sie kostenlos beraten.