Feuerwehr ist sauer auf die Stadt
Autor: Gerhard Bauer
Sickershausen, Sonntag, 10. März 2013
Lächeln war früher: Die Sickershäuser Wehr versteht nicht, warum die Stadt den örtlichen Unternehmer Hergert, der sich ehrenamtlich sehr engagierte, beim Putz-Auftrag fürs FFW-Haus leer ausgehen ließ.
Als Hans Steinberger, Rudolf Schwarz und Helmuth Rabenstein 1953 in die Freiwillige Feuerwehr Sickershausen eintraten, war noch alles anders. Ganz anders.
"Wir hatten damals nur einen Pferdeanhänger", erzählen Steinberger und Schwarz. Der Anhänger mit Handpumpe war im früheren Feuerwehrhaus am Friedhof eingestellt, den Schutzanzug, der gleichzeitig der Dienstanzug war, hatte jeder aktive Feuerwehrmann zuhause.
Wenn der Trompeter oder die Kirchenglocken wegen eines Feuers riefen, eilten alle zum Feuerwehrhaus, es wurde angespannt und los ging's. "Oft gebrannt hat es aber nicht", erzählen sie.
Nachdem das örtliche Wassernetz hergestellt war, kam 1964 eine Tragkraftspritze TS6. "Leider wurde vieles verkauft", beklagt Steinberger heute. Lediglich die Anhängeleiter mit Speichenrädern aus dem Jahr 1923 ist erhalten geblieben. "Sie ist heute eine Rarität."
Mit der Tragkraftspritze kam ein ausgemusterter Hanomag, den der damalige Kreisbrandrat bei der Polizei organisierte. Auch das sei nicht wie heute gewesen, wo ein einsatzbereites Fahrzeug auf den Hof rolle. Die Floriansjünger mussten ihre handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis stellen und ihren Wagen selbst ausrüsten.
Vorsitzender Mario Köhler beklagte den Abschied von Manfred Hergert. Er habe seinen aktiven Dienst quittiert und falle damit als Gruppenführer weg. Den Vorfall griff auch Kommandant Daniel Faßmann auf. Bei der Ausschreibung eines neuen Putzes für das Feuerwehrhaus habe der Stadtrat einem auswärtigen Unternehmen den Vorzug gegenüber dem ortsansässigen Unternehmen Hergert gegeben. Das "fremde" Ausschreibungsergebnis sei nur unwesentlich günstiger gewesen. Für die Feuerwehr seien die Folgen der Entscheidung besonders schmerzlich, da Hergert seit 34 Jahren unzählige Stunden für die Stadt Kitzingen und das Allgemeinwohl ehrenamtlich in seine Feuerwehr einbrachte und Verantwortung übernahm.
"Sickershäuser Bürger haben mich deswegen angesprochen", unterstrich Faßmann. Sie hätten die Meinung vertreten, dass hier das Ehrenamt mit Füßen getreten werde. Faßmann bat Hergert eindringlich, seine weitreichende Entscheidung mit Blick auf den demokratischen Beschluss des Stadtrates noch einmal zu überdenken.
"Wegen Dusseligkeit haben wir einen wertvollen Feuerwehrmann verloren", empörte sich Harald Steinberger und erhielt Beifall von seinen Kameraden.
"Unglücklich gelaufen"
Feuerwehrreferentin Rosmarie Richter verwahrte sich zwar gegen den Vorwurf, räumte aber ein, dass diese Vergabe unglücklich gelaufen sei. Andererseits hätte die Stadt wegen 100 Euro Unterschied eine Klage riskiert. Steinberger ließ sich jedoch nicht beirren und hielt dem Stadtrat vor, er müsse nun sehen, was er angerichtet habe. Auf einen solch wertvollen Feuerwehrmann könne man nicht verzichten.Die Enttäuschung über Hergerts Rücktritt brachte auch ein Vertreter für die Jugendfeuerwehr zum Ausdruck.
Es gab aber auch lustige Szenen in Faßmanns Berichtsjahr: Etwa, als die Wehrmänner gleich zweimal zum Einfangen eines Kängurus gerufen wurden. Erst holte das sprungfreudige Tier den zweiten Kommandanten vom Fahrrad, dann versteckte es sich im hohen Gras einer Schafweide, sprang schließlich zwei Feuerwehrkameraden um - und wurde schließlich doch gefangen. Seither habe sich Sicki, wie das Känguru getauft wurde, nicht mehr blicken lassen.
Die 57 aktiven Mitglieder waren zudem bei einem Bahndammbrand, einer Verpuffung in der St. Martin-Schule und technischen Hilfeleistungen wie dem Sturmschaden an der Erich-Kästner-Schule im Einsatz.
Die zehn Jugendlichen von Jugendwart Gerald Kosak bewiesen im Wissenstest ihre Fahrzeugkunde, fünf nahmen am Jugendzeltlager in Fahr teil und legten die Jugendflamme erfolgreich ab.
"Sie haben hier eine Sonderqualifikation Känguru", begeisterte sich Landrat Wilhelm Sturm, der die Ehrungen durchführte. Im Landkreis gebe es 103 Feuerwehren mit rund 3700 Kameraden sowie 81 Jugendgruppen, ein Drittel des Nachwuchses sei weiblich. Mit diesen Zahlen stehe der Landkreis in Unterfranken an der Spitze.
"Als ich selbst vor rund 42 Jahren zur Feuerwehr ging, gab es nur Brandeinsätze; heute überwiegt die technische Hilfeleistung", merkte Sturm an.
Stadtbrandinspektor Engelbert Scherer unterstrich die vielfältigen Aufgaben der Ortsteilwehr. Feuerwehren müssten immer mehr Hilfseinrichtungen unterstützen und sogar ersetzen.
Die im Vorjahr angesprochenen Probleme bei der G26-Untersuchung für Atemschutzträger seien behoben und die Lage jetzt entspannt.
Die GEEHRTEN:
60 Jahre: Helmuth Rabenstein, Rudolf Schwarz, Hans Steinberger
40 Jahre: Lothar Uhl
30 Jahre: Bernd Steinberger
verabschiedet: Alfred Köhler (nach 42 Jahren), Gerhard Waldmann (nach 45 Jahren) bag