Feldarbeit als Grund für späte Sommerferien?
Autor: Julia Volkamer
Marktsteft, Montag, 22. April 2013
Warum sind die Sommerferien in Bayern immer im August? Weil die Kinder bei der Ernte helfen müssen? Kilian, Annemarie und Franz Wolf wissen es besser, denn dieses Argument ist längst veraltet. Aber es gibt noch andere.
An seinem Bulldog hat Kilian inzwischen schon einen Narren gefressen. Mit dem Opa war er oft auf dem Feld unterwegs, hat die Kühe gefüttert, den Hof gekehrt. Nicht nur in den Ferien, sondern das ganze Jahr über. Aber es war nie ein Muss. "In der Familie hilft man zusammen", sagt der 21-jährige Maschinenschlosser und nimmt sich schon mal Urlaub, wenn besonders viel Arbeit auf dem elterlichen Hof zu tun ist. Aber er trifft sich auch mal mit Freunden am Main, ruht sich aus. Genau wie seine jüngeren Geschwister Annemarie und Franz. Sie waren und sind in den Ferien nie zwangsläufig als "Erntehelfer" eingeplant.
Dabei wurden noch in den 70er Jahren auch mit dieser Begründung die Sommerferien in Bayern in den August gelegt. Für Wilfried Distler vom Bayerischen Bauernverband in Kitzingen ist das schon lange kein Argument mehr.
Keine Notwendigkeit mehr
Nicht nur für die Wolfs-Kinder und Wilfried Distler ist das Argument der "Erntesaison" wenig schlagkräftig. Auch Norbert Zwicker, Schulrat in Kitzingen und derzeit für die Leitung des Staatlichen Schulamts abgeordnet, sieht diese Notwendigkeit nicht mehr. Der langjährige Schulleiter der St. Hedwig.-Grundschule würde es sogar begrüßen, wenn die bayerischen Sommerferien nach vorne rücken würden. "In der wirklich heißen Zeit, wenn es auch in den Zimmern zu warm ist, um sich zu konzentrieren und die Kinder müde sind, halten wir Unterricht." Er habe sich schon oft gefragt, ob die Sommerferien wirklich so spät angesetzt werden müssten. "Das einzige, stichhaltige Argument ist, dass schulorganisatorisch alles umgestellt werden müsste. Und dazu ist im Moment niemand bereit."
Genau um diese organisatorischen Dinge geht es Gert Weiß, Ministerialbeauftragter für die Gymnasien in Unterfranken. Er sähe eine "gewaltige Umwälzung" auf Bayern zukommen. "Wären die Sommerferien früher, wäre der Abstand zu den Pfingstferien zu kurz. Fielen die Pfingstferien weg oder kürzer aus, wäre der Abstand zu den Osterferien zu groß und der Erholungswert bliebe gering." Er spricht sich dafür aus, dass es grundsätzlich feste Termine für die Sommerferien gibt. "Ich würde in Bayern alles so lassen, wie es ist. Und für die Planungssicherheit für die anderen Länder ist eine feste Rhythmisierung von Vorteil."
Kilian und seine Geschwister können den ganzen Rummel nicht so ganz nachvollziehen. Sie halfen und helfen gerne mit, wenn im Stall oder auf dem Feld Arbeit anfällt. Kilian nimmt sich dafür gerne auch die Zeit. Vielleicht tritt er ja irgendwann sogar die Nachfolge von Vater Thomas und Opa Willi an - ganz freiwillig, versteht sich.
Rechtliche Grundlage Das "Hamburger Abkommen" legt die Dauer der Ferien pro Schuljahr verbindlich fest. Die Verteilung regeln die Länder in eigener Verantwortung - mit Ausnahme der Sommerferien.
Endlich Ferien! Aber wann, wo und wie lange?
Sonderfall Sommerferien Die Kultusministerkonferenz terminiert die Sommerferien in Abstimmung mit den Verantwortlichen aus Wirtschaft, Tourismus und Verkehr über Jahre hinweg - aktuell bis 2017. Daraus ergeben sich die Zeiträume der anderen Ferien. Bis auf Bayern und Baden-Württemberg unterliegen die Sommerferien in allen Ländern einem Rotationsprinzip. 2012 starteten zum Beispiel Berlin, Brandenburg und Hamburg bereits am 12. Juni (bis 3. August) in die Sommerferien und tun das auch in diesem Jahr (20. Juni bis 2. August). 2016 und 2017 sind dann erst ab 21./ 22. Juli Ferien.
Diskussion Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt kritisiert das Sommerferienprivileg Bayerns als "überholt". Die Argumente der Rolle der Schüler als "Erntehelfer" und der Bedeutung des Glaubens will sie nicht mehr gelten lassen. Das Bayerische Kulturministerium lehnt eine Angleichung aber ab - mit der Begründung, dass die zweiwöchigen landesspezifischen Pfingstferien eine frühere Ansetzung der Sommerferien nicht erlaubten - der Zeitraum zwischen den beiden Ferien werde zu kurz, um die Termine der Abschlussprüfungen zu organisieren.
Neue Regelung Anfang 2014 soll die Sommerferienregelung für 2018 bis 2024 festgelegt werden - Niedersachsen und Frauke Heiligenstadt will sich dafür stark machen, dass künftig alle Länder am rotierenden System beteiligt werden.
