Frühstück: Usedomer Wein
Autor: Von Elmar Hochholzer red.kitzingen@mainpost.de
, Dienstag, 23. Sept. 2014
Es ist Hochsaison in den Weinbergen und Kellern. Nicht so im hohen Norden. Dort lässt man sich Zeit mit der Weinernte. Sie findet exakt am 24. Oktober statt, mit Handlese versteht sich, und zwar an einem Tag.
Es ist Hochsaison in den Weinbergen und Kellern. Nicht so im hohen Norden. Dort lässt man sich Zeit mit der Weinernte. Sie findet exakt am 24. Oktober statt, mit Handlese versteht sich, und zwar an einem Tag. Das hat der Hobbywinzer und Gastwirt Peter Noack aus Usedom an der Ostseeküste so festgelegt, berichtet eine überregionale Zeitung. Er bewirtschaftet den seiner Meinung nach „nördlichsten Weinberg Deutschlands“. Diesen Anspruch könnten freilich auch ein paar Parzellen auf Hamburg St. Pauli und Sylt erheben. Wirkliche Konkurrenz zu unserem Frankenwein droht von der Ostseeküste nicht, sowohl in Bezug auf Fläche als auch auf Geschmackserlebnis. Es sind 99 Rebstöcke in vier Reihen an einem Südhang im Seebad Loddin, an einer Lagune des Peenestroms.
Die klimatischen Bedingungen klingen zumindest nicht ganz schlecht: immerhin 2000 Sonnenstunden pro Jahr und eine steife Brise, die den Mehltau bremst. Aber das Besondere ist das, was man immer weniger „Terroir“ nennt. Denn es verleiht dem Usedomer Wein seine unverwechselbare und kernige Note. Der Ostseehäcker düngt nämlich seit 2001 mit Meeresmuscheln, und das macht den Ostseewein zu einem doch exklusiven „Muscheltrunk“.
Wissenschaftlich ist der Nutzen des maritimen Düngers zwar noch unbewiesen, aber immerhin bringt es eine Rebe auf rund fünf Kilo Trauben im Jahr. Falls die natürlichen Feinde, die Krähen, die Chardonnaytrauben nicht vorher wegfressen haben. Während es wegen dieser Träubelräuber kaum Weißwein gab, hat es 2013 für immerhin 90 Flaschen Cabernet Sauvignon gereicht. Angeblich dürfen ihn „nur nette Leute“ probieren, wird der Winzer zitiert, der den Wein nur verschenkt. Sein Geschmacksurteil: „Die Socken zieht er einem jedenfalls nicht aus“. Gemeint ist der romantisch klingende „Loddiner Abendrot“, der am besten bei Aal in Aspik zu genießen ist. Natürlich hat man auch eine örtliche Weinkönigin und eine Usedomer Traubensaftprinzessin. Eine solche Rebenhoheit fehlt bei uns noch.