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EU-Pläne stellen Milchbauern vor Probleme


Autor: Sabine Paulus

, Dienstag, 11. Sept. 2012

In der EU gibt es Pläne für ein Verbot, Rinder angebunden zu halten. Nicht alle Milcherzeuger können in neue Gebäude und Technik investieren.
Die Milchkühe der Kreßmanns fressen ihr Futter im hellen, luftigen Freilaufstall in Wiesenbronn.   Fotos: Sabine Paulus


Etwa alle drei Wochen findet in der Dettelbacher Frankenhalle ein Kälber- und Zuchtviehmarkt statt. Auch Rudolf Müller aus Tiefenstockheim brachte ein Kalb in die Halle zur Versteigerung. Am Vormittag hatte der Milchviehhalter das Tier nach Dettelbach gefahren. Es war eines der letzten Kälber, die er zum Verkauf gebracht hat. Denn der knapp 65-Jährige will nach dem Winter mit der Milcherzeugung aufhören und in Rente gehen.

Diesem Schritt ist eine lange Phase der Überlegungen vorausgegangen. Milcherzeuger in ganz Bayern müssen sich entscheiden, ob sie in einen bis zu eine Million teuren Freilaufstall mit moderner Robotermelktechnik investieren wollen oder können, ob sie über den nötigen Platz für einen Laufstall verfügen oder sich aus der Produktion zurückziehen wollen oder müssen. Der Grund: Ein mögliches Verbot der noch weit verbreiteten Anbindehaltung ist im Gespräch. Freilich haben dieses Thema nicht die Bauern angestoßen, sondern die EU-Generaldirektion für Landwirtschaft in Brüssel.

Gefahr für die bayerische Milchproduktion?


In Vorahnung dieser Entwicklung hat die Familie von Hans Kreßmann in Wiesenbronn frühzeitig die Weichen in Richtung "Weitermachen" gestellt. An ihren kleinen Kuhstall bauten die Kreßmanns schon 1990 einen Freilaufstall an und richteten sich einen modernen Fischgräten-Melkstand ein. 2000 erweiterten sie ihren Stall, indem sie ihre Scheune für die Freilaufhaltung umbauten. "Alles ist luftiger und heller. Wenn die Kühe mehr Platz und frische Luft haben, geben sie auch mehr Milch", erklärt Markus Kreßmann, angehender Landwirtschaftsmeister. Der Laufstall kommt der Gesundheit und Vitalität der Rinder zugute und bietet dem Landwirt Vorteile.

Die Kreßmanns haben sich mit dieser Baumaßnahme nicht nur das Melken, Füttern und Ausmisten der insgesamt 150 Tiere erleichtert, sondern zusammen mit Weinbau und Zuckerrübenanbau eine solide Basis für ihren Betrieb geschaffen.

"Bayern ist das Milchproduktionsland Nummer 1 in Deutschland. Ein plötzliches Verbot der Anbindehaltung würde den ganzen Milchmarkt durcheinanderbringen", schätzt Gerhard Rost aus Gräfenneuses. Der 2. Vorsitzende der Milcherzeugergemeinschaft Kitzingen verfügt über einen modernen Freilaufstall. Er sagt aber auch: "Wer in Zukunft mit der Milch erzeugung weitermachen will, wird darum nicht herumkommen."

Der schlechte Milchpreis ist das Problem


Rudolf Bender, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes Kitzingen, findet, die Diskussion über die Anbindehaltung sei politisch motiviert, aber nicht fachlicher oder sachlicher Natur. Konkrete Regelungen oder Stichtage gibt es laut Bender aber noch nicht. Belastender seien für die Bauern der schlechte Milchpreis, die steigenden Kosten bei Dieselkraftstoff und Strom sowie die überbordende Bürokratie.

Rudolf Müller hat schon vor vielen Jahren, im Jahr 1965, im Alter von 18 Jahren den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Seitdem musste er erleben, wie immer mehr Vorgaben aus Brüssel, Berlin oder München auf die bayerischen Landwirte einprasseln. Und nun geht es um weitere Vorschriften bei der Haltung.

Strukturwandel bei den Milchbauern


Seit 1989 hat er den Vorsitz der Milcherzeugergemeinschaft Kitzingen inne. Kurz nach seinem Amtsantritt gab es noch über 330 Milcherzeuger in einem Gebiet von Volkach, Biebergau, Geiselwind bis zum südlichen Landkreis von Marktbreit, Obernbreit bis Seinsheim. Aktuell sind es in diesem Bereich 99 Milchbauern. "Zwei haben heuer aufgehört. Das ist der Strukturwandel", sagt Rudolf Müller.

Dass sich die Umstellung der Rinderhaltung auf das bäuerlich Gefüge in den Dörfern auswirkt und kleinere Betriebe zum Aufgeben zwingt, beobachtet Rudolf Müller also schon seit Jahrzehnten. Er und seine Frau kümmern sich derzeit um 36 Kühe. Wenn das Futter aufgebraucht ist, kommen die Rinder weg.