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Etwashausen: Alle angesteckt vom Kirchweih-Virus


Autor: Diana Fuchs

Etwashausen, Donnerstag, 10. Oktober 2013

Das große Kirchweih-Fest verbindet in Etwashausen die Generationen. Alle sind von dem speziellen Ebshäuser Virus befallen - im Ort gibt es derzeit nur noch ein Thema.
Zusammen stark: Anke und Markus Volbers nehmen ihren (Schwieger-)Vater Bernhard und ihren Sohn Nils mit ins Boot - äh: Wort.


Spätabends werden die Nasen kalt. Und die Finger. In der zugigen Halle zwischen den Gewächshäusern - die genaue Lage wird schön geheim gehalten - gibt's natürlich keine Heizung. "Wir schaffen uns warm", meint Kirchweih-Präsident Markus Volbers grinsend.

Er und ein eingespieltes Team von Etwashäusern haben am Montag den Endspurt eingeläutet: "Die schönsten Kirchweih-Wagen der Welt" müssen fertig werden. Während die "Mädels" Kränze und Blumenbögen binden, hämmern und schrauben die Männer, was das Zeug hält. Mittendrin ist Nils, der siebenjährige Sohn von Markus und Anke Volbers. Der Zweitklässler tut alles, um den Befehl "Jetzt aber wirklich ab ins Bett!" hinauszuzögern. Als "Werkzeug-Bringer" ist er unschlagbar.

Total im Kirchweih-Fieber

"Er ist schon total im Kirchweih-Fieber", analysieren die Erwachsenen.

Wenn sie ehrlich sind, müssen sie allerdings zugeben, dass sie selbst auch längst von dem speziellen Ebshäuser Virus befallen sind. Wenige Tage vor Beginn der "Kerm" gibt es nur noch ein Thema.

Kein Wunder: Seit August trifft sich der "harte Kern" aus Burschenschaft und Ebshäuser Männerfront zwei- bis dreimal pro Woche und lässt der Kreativität freien Lauf. Die Themen der Wagen sollen zwar ein Geheimnis bleiben, aber dass die Gärtnervorstadt Gemüse sprechen lässt, ist klar. Extra für die Kerm haben die Ebshäuser auch heuer gut 1500 Köpfe Blau- und Weißkraut, Wirsing und Grünkohl angebaut - Letzteren für die grünen Ränder um die Wagen.

Nils' Opa Bernhard Günther lässt seinen Blick über die fast fertig gestalteten Fahrzeuge schweifen. "Schöne Wagen waren auch zu meiner Jugendzeit schon das A und O beim Umzug." Damals wurden diese allerdings nicht von Bulldogs gezogen, sondern von Pferden. "Es war mein Job, die Gäule herzubringen", erinnert sich der 69-Jährige. "Manchmal hab' ich nachts vor lauter Aufregung nicht geschlafen."

Wie heute sein Enkel Nils, war auch Bernhard Günther schon als Kind vom Kirchweih-Fieber befallen. Einmal haben er und seine Kumpels sogar einen Kinder-Umzug veranstaltet - nachdem der große Umzug wegen eines Streits mit der Stadt ausfiel: "Damals hatten sich viele Etwashäuser geärgert, dass die Florian-Geyer-Halle nicht fürs Handball-Training genutzt werden durfte - obwohl die Handballer ein Aushängeschild der Stadt waren." Bernhard und seine Freunde bauten daraufhin einen eigenen Wagen, machten die Cousine zur Gärtnerkönigin und zogen mit Zylinder und feschen Sprüchen durch den Ort. "In allen Wirtschaften haben wir was gekriegt..."
Besonders gern denkt Günther auch daran zurück, wie Vorreiter Adam Straßberger einmal mitsamt Pferd gestürzt ist. "Doch der Adam, der war zackig. Noch bevor der Gaul sich aufgerappelt hatte, saß er schon wieder drauf."

Auch heute noch werden die Kirchweih-Ausgräber von einem Vorreiter angeführt. Doch die wenigsten sind den Umgang mit Rössern noch gewohnt. "Damit die Kerm nicht zum Rodeo wird, gibt's vorher Reitstunden", verrät Anke Volbers (Burschenschafts-Schriftführerin und "Mädchen für alles").

Überhaupt ist heute einiges anders als früher. Die Kirchweih lebt eben von und mit denen, die sie organisieren - und deshalb ändert sich auch manches im Laufe der Zeit. Bernhard Günther hat es einst genossen, "als man noch tagelang getanzt hat". Vom sonntäglichen Tanz im Weißen Lamm bis zum Burschenball am Dienstag sei es "richtig rundgegangen". In den 70ern sei diese Tradition dann langsam eingeschlafen.

High-Tech und Handarbeit

Mit Staunen betrachtet Günther heute viele Details der Wagen, etwa Buchstaben, die per Laser aus Styroporplatten ausgeschnitten wurden. "Die Gestaltung geht immer mehr ins Detail", stellt seine Schwiegertochter Anke fest. Fachleute wie Peter Deeg, der von der Planung am Computer bis hin zur Gravur allerhand "tolle Sachen" beisteuert, machen das möglich.

Allen Neuerungen zum Trotz: Wenn spät am Abend, nach getaner Arbeit, Jung und Alt sich in der geheimen Halle die kalten Nasen reiben und zufrieden die Hände an einem Kaffee wärmen, dann ist alles wie immer. "Es ist einfach eine schöne Gemeinschaft", sind sich die Volbers einig. Schon allein deshalb lohne sich der ganze Aufwand. Wofür noch, weiß Nils: "Weil's einfach total Spaß macht!"