Druckartikel: Eingewanderte Pflanzen bereiten Probleme

Eingewanderte Pflanzen bereiten Probleme


Autor: Sabine Paulus

Volkach, Donnerstag, 18. April 2013

Neophyten siedeln sich im Landkreis Kitzingen an. An einigen Stellen müssen Herkulesstauden und Ambrosien bekämpft werden. Sie sind nicht nur für einheimische Pflanzen, sondern auch für Menschen gefährlich.
Der Herkulesstaude bekämpfen Naturschützer in Schutzanzügen. Foto: imago/Reinhard Kurzendörfer


Obwohl es schon etliche Jahre her ist, kann sich Karl-Heinz Schneider noch gut an den Arbeitsunfall seines Kollegen erinnern. Der Mann zog sich am Mainkanal durch die Berührung einer Herkulesstaude eine schlimme Verletzung am Bein zu. "Seine Haut hatte so starke Verbrennungen, dass es an einer Stelle eine Fleischwunde gab", beschreibt Schneider den Vorfall.

Starke allergische Reaktion

Schneider ist Wasserbauwerkmeister vom Außenbezirk Volkach des Wasser- und Schifffahrtsamtes Schweinfurt. Sein Kollege war Opfer einer der aggressivsten, eingewanderten Pflanzen geworden. Alle Teile der Herkulesstaude enthalten eine gefährliche Substanz, Furocumarin. Bei Kontakt mit der Haut bildet dieser Stoff zusammen mit körpereigenem Eiweiß ein Antigen, das zu einer starken allergischen Reaktion führt. Trifft Sonnenlicht auf die betroffenen Körperstellen, wird die Verletzung richtig heftig.



Nach einer Berührung auf alle Fälle zum Arzt gehen

Spaziergänger sollten vorsichtig sein, denn so lange die Pflanze noch nicht allzu hoch gewachsen ist, kann sie mit anderen harmlosen Stauden verwechselt werden. Kam es zur Berührung, sollte die betroffene Stelle sofort mit reichlich kaltem Wasser gewaschen werden. Es ist auf alle Fälle ein Arzt aufzusuchen.

Die Herkulesstaude, auch Riesenbärenklau genannt, ist ein Neophyt. Das Monstrum, das über drei Meter hoch wächst und dessen Stängel bis zu zehn Zentimeter dick werden, stammt aus dem Kaukasus. Zum Teil wurde die Pflanze wegen ihrer imposanten Erscheinung nach Deutschland eingeführt. Johann Wolfgang von Goethe soll die botanischen Riesen als Gartenpflanzen gehalten haben.

Neuralgische Stellen werden abgesucht

Karl-Heinz Schneider und sein Team bekämpfen den gigantischen Neuling entlang des Kanalufers. Vor allem seit dem Arbeitsunfall des Kollegen wird jedes Jahr die neuralgische Stelle in der Nähe der Kanalbrücke nach Sommerach aufgesucht. "Wir schauen, wo das Zeug hochkommt, bevor der Samen reif wird", erklärt Schneider. Mittels eines Schwimmgreifers werden die Pflanzen vom Wasser aus entfernt. Problematisch ist dabei, dass die Gewächse zwischen den Steinen der Böschungsbefestigung stecken.

Schneider arbeitet eng mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt zusammen. Dieter Lang, hauptamtliche Fachkraft für den Naturschutz, und sein Team haben nicht nur die Herkulesstauden, sondern weitere Neophyten im Landkreis im Blick. Für den Menschen kann ebenso die Ambrosia gefährlich werden. Deren Pollen gehören zu den stärksten Allergieauslösern.

Für die Bekämpfung der Ambrosia gibt es ein Aktionsprogramm des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit. Nach Information von Corinna Petzold, der Pressesprecherin des Landratsamtes, ist die Untere Naturschutzbehörde seit einigen Jahren verpflichtet, alle ihr bekannten Ambrosia-Standorte ans Ministerium zu melden. Im vergangenen Jahr hat es an einer schon bekannten Stelle in Hohenfeld erneut Ambrosiabestände gegeben. Dieter Lang habe sich dort umgesehen, berichtet Petzold. Von den etwa 100 Pflanzen, die es dort in einem Kürbisfeld geben sollte, habe er jedoch nichts mehr vorgefunden. "Der Pächter des Feldes bemüht sich regelmäßig um die Bekämpfung der Pflanzen", teilt Petzold mit. In den Vorjahren hätte die Behörde noch mehr mit den Eindringlingen zu tun gehabt.

Zur Landplage scheint sich ein anderer Neophyt zu entwickeln: das Drüsige Springkraut. Es fühlt sich zum Beispiel im Ifftal wohl. Auch am Main ist es sehr verbreitet. Menschen haben von dieser Pflanze nichts zu befürchten, eher Brennnesseln. Denn das Springkraut nimmt deren Platz ein.

Auch die aus Nordamerika stammende Goldrute ist nicht gerne im Landkreis gesehen. Diesem botanischen Fremdling dienen Bahngleise als Ausbreitungsweg. Die Samen bleiben an den Rädern der Züge hängen und werden so transportiert.

Einwanderung von Pflanzen ist eine normale Dynamik in der Natur

Kreisfachberaterin Mechthild Engert sagt, es sei ein normaler Vorgang, dass Pflanzen zuwandern. Denn die hiesige Landschaft sei durch die Eiszeiten noch relativ artenarm. Engert bekommt öfter Anrufe besorgter Bürger. "Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt beobachtet die Wanderungsbewegungen der Neophyten genau", versichert sie.

Das macht nicht nur die Kreisbehörde. Karl-Heinz Schneider inspiziert das Ufer des Mainkanals bei Sommerach. Schon jetzt entdeckt er die ersten gezackten Blätter des gefährlichen Gewächses im Uferpflaster: Herkulesstauden. Die warmen Tage in dieser Woche haben für den ersten Aufwuchs gereicht. Schneider weiß, was zu tun ist.