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Eine neue Heimat für Kitzingens Tauben


Autor: Tom Müller

Kitzingen, Mittwoch, 20. März 2013

Um die Taubenbestände in Kitzingen zu begrenzen, hat die Stadt ein Fütterungsverbot erlassen und startet einen Versuch: Im Dach des Rathauses öffnet die erste betreute Taubenpension.
Tauben fühlen sich in Kitzingen wohl. Die Stadt will die Bestände jetzt artgerecht entwickeln und bittet alle Bewohner: Nicht füttern.  Fotos: tom


Zimmer mit Aussicht, warm, möbliert und mit Vollverpflegung, in direkter Zentrumsnähe mit bestem Draht zu den Entscheidungsträgern der Stadt. Ach ja: Regelmäßige Gesundheits-Checks werden auch noch angeboten, Geburtenkontrolle inklusive. Wer könnte da ablehnen?
Die Stadt Kitzingen startete gestern ihr Taubenprojekt. Die "betreuten Unterkünfte" sind ein Bestandteil. Vor dem Ma i2012 wurden verschiedenste Vorgehensweisen unternommen, um der Taubenpopulation im Stadtgebiet Herr zu werden - alle ohne Erfolg und manche, wie der kontrollierte Abschuss der Tauben, in der Bevölkerung höchst umstritten. Nun geht man neue Wege und holt sich die Vögel gewissermaßen ins eigene Haus, um ihren Bestand schonend zu dezimieren.
Im Dach des Rathauses wurde für 50 Vogelpaare eine Art Dachwohnung der Extraklasse geschaffen.

Eine hölzerne und mit einer Folie gegen mögliche Schadstoffe oder Krankheitserreger isolierte Zelle wurde mit Regalnischen bestückt, in die jetzt noch Nistschalen eingefügt werden. Darin könnte dann bis zu sechs Mal pro Jahr ein Taubenpaar jeweils zwei Jungtiere groß ziehen.
Könnte es - soll es aber nicht. Genau hier greift nämlich die Maßnahme, der Vogelexperten, Tierschützer und das Veterinäramt die größte Aussicht auf Erfolg einräumen. Aus den Gelegen werden nämlich je nach Brut einige Eier entfernt und durch Attrappen aus Gips ersetzt. "Würde man alle Eier entfernen, dann würden die Tauben das schnell bemerken und den Platz meiden", erklärt Harald Knott. Er ist der Experte für Tauben und in diesem Projekt federführend. Knott ist Vorsitzender im Kitzinger Brieftaubenverein und engagiert sich ehrenamtlich für das Taubenprojekt der Stadt.
"Die Tauben kommen aber jetzt nicht einfach so, nur weil wir ein Fenster öffnen", erklärt Knott. So einfach machen es ihm die Tiere nicht. Im ersten Schritt werden daher einige Paare in der Stadt gefangen und in den Verschlag gebracht. Dort werden sie angefüttert und, falls sie von Parasiten befallen sind, entsprechend gepflegt. "Über einen Käfig, den wir am offenen Fenster anbringen, können sie sich in der ersten Zeit schon mal orientieren", sagt der Taubenexperte. Dieser Käfig wird abgenommen, sobald die Tiere zum ersten Mal brüten. "Dann kehren sie auch wieder in den Verschlag zurück".
Flapsig gesagt, unterhalten sich diese Rathaus-Tauben dann mit anderen Artgenossen und wecken bei denen die Neugier auf den kommunalen Wohnraum. Auf diese Weise soll sich die hölzerne Kammer nach und nach füllen. Durch die Entnahme einzelner Eier bei jeder zweiten Brut hoffen der Vogelexperte und die Stadt, den Nachwuchs um 300 bis 500 Exemplare pro Jahr dezimieren zu können. In einem halben Jahr soll eine erste Bilanz gezogen werden, dann sind weitere überwachte Taubenschläge geplant.
"Wir wollen ein friedliches Miteinander zwischen Taube und Mensch", bestätigt Oberbürgermeister Siegfried Müller (UsW). "Unsere Aktion richtet sich daher nicht gegen die Tiere. Wir versuchen vielmehr einen neuen Ansatz für Tier und Mensch". Ganz wichtig ist es allerdings, dass die Taubenfütterung durch die Bevölkerung unterbleibt. "Das ist falsch verstandene Tierliebe", unterstreicht der Taubenexperte. "Damit fördert man zusätzlich noch die Rattenplage, der wir parallel zu dieser Aktion nachgehen", ergänzt der Kitzinger OB. "Tauben stehen außerdem nicht auf Pommes mit Mayo", ergänzt Knott lachend. Er ermuntert Taubenfreunde eher zu einer Geldspende für das Futter in den betreuten Nistplätzen.
Dem Taubenexperten Harald Knott zur Seite gestellt werden zwei Mitarbeiter aus dem städtischen Bauhof. Die beiden Kollegen reinigen regelmäßig den Verschlag und versorgen die Tiere mit Futter und Wasser. In der Stadt selbst sollen Schilder aufgestellt werden, die in mehreren Sprachen auf das Fütterungsverbot hinweisen. Wenn das Projekt Erfolg hat, schmeckt es den Tauben in der Nähe der Politiker dann am Besten. Und ihr Bestand lässt sich vernünftig entwickeln.