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Ein verrücktes Jahr für Frankens Winzer


Autor: Ralf Dieter

Kitzingen, Mittwoch, 06. November 2013

Die Weinernte ist eingebracht. Die fränkischen Winzer blicken auf ein verrücktes Jahr zurück.
Foto: Daniel Reinhardt/dpa


Dienstagabend, Weinstall in Castell: Ferdinand Erbgraf zu Castell-Castell ist zufrieden. "Vielen Dank für eine überraschend erfreuliche Ernte", sagt er beim traditionellen Leseabschluss des Domänenamtes. Ein paar Stunden später, am Mittwochvormittag, ziehen auch die Verantwortlichen des Fränkischen Weinbauverbandes ein positives Resümee. Keine Selbstverständlichkeit. "Das war ein ganz verrücktes Jahr", fasst Fachberater Hermann Mengler die Entwicklungen in 2013 zusammen.

Zu wenig Feuchtigkeit im Winter, zu kühle Witterung im Mai, dann ein sehr trockener Sommer, der wiederum von sehr hohen Niederschlagsmengen im Spätsommer und Herbst abgelöst wurde. "Die Winzer waren in diesem Jahr gefordert wie selten zuvor", meint Dr. Hermann Kolesch, Vizepräsident der Landesanstalt für Weinbau.
Eine Einschätzung, die Winzermeister Peter Hemberger vom Domänenamt nur bestätigen kann.

"Wir haben uns durch ein durchwachsenes Jahr gekämpft", sagt er. Gerade die Zeit der Lese bedeutete für die Winzer und die Lesehelfer eine große Herausforderung.

Von einer "organisatorischen Megaaufgabe", spricht denn auch Andreas Oehm, Vorstandsvorsitzender der Winzergenossenschaft Franken in Repperndorf. Geplant und wieder verschoben. So lautet seine Bilanz der letzten Wochen. Auf zwei Tage Sonneschein folgten zwei Tage Regen. Kaum war die Lesemannschaft bestellt, musste sie auch schon wieder vertröstet werden.

Die Statistik von Dr. Hermann Kolesch bestätigt diese Aussage. Etwas mehr als 100 Liter hat es im August geregnet. Der langjährige Schnitt liegt gerade mal bei etwas mehr als 50 Litern. Von August bis Oktober waren es 205 Liter. 103 Liter mehr als im langjährigem Mittel. Die Folge: Gesättigte Böden, die den Einsatz der schweren Vollernter schwierig machten. "Und damit Stress hoch drei für die Erntehelfer", wie es Dr. Kolesch formuliert. "2012 konnte teilweise noch im Bikini gelesen werden, in diesem Jahr beinahe nur im Friesennerz."

Eine Tendenz, mit der sich die fränkischen Winzer wohl auch in den nächsten Jahren auseinandersetzen müssen. "Der späte Regen ist ein Phänomen des Klimawandels", bestätigt Dr. Kolesch. So wie die Erntebilanz 2013 beim Fränkischen Weinbauverband, im Casteller Domänenamt und bei der GWF ausgefallen ist, scheinen sich die Winzer bereits auf die Herausforderung eingestellt zu haben.

Sie nehmen die notwendige Mehrarbeit im Weinberg ganz offensichtlich auf sich: Immer wieder Laubarbeiten, ständige Kontrollen, selektives Lesen. "Der Winzer musste in diesem Jahr mindestens einen halben Schritt weiter sein als der Zustand der Trauben." So fasst der Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes, Artur Steinmann, die Herausforderung zusammen.

Der Lohn der Arbeit: Viel gesundes Traubenmaterial trotz der Wetterkapriolen. Und das macht sich in der Qualität bemerkbar. Eine extrem ausgeprägte Aromatik verspricht sich Fachberater Hermann Mengler vom Jahrgang 2013, belebende und rebsortentypische Weine.

Damit passt der Jahrgang 2013 gut zu seinem Vorgänger. Von einem marktgerechten Jahrgang", spricht denn auch Weingutsleiter Karl-Heinz Rebitzer vom Domänenamt. Die Qualitäten im Keller seien ein gutes Fundament für ein erfolgreiches Verkaufsjahr. Auch Andreas Oehm von der GWF ist zufrieden mit den 10,6 Millionen Litern, die geerntet wurden. "Ein Bestandsaufbau ist damit zwar nicht möglich", sagt er. "Aber wir können alle Marktsegmente bedienen."

Frankenweit lag die durchschnittliche Erntemenge bei 72 Hektolitern pro Hektar. "Ein wenig mehr hätte es schon sein können", gibt Dr. Kolesch zu. Langfristig wären Mengen zwischen 75 und 85 Hektolitern/Hektar genau richtig. Bange ist ihm gerade bei einem Blick auf den globalen Markt nicht. "Die Nachfrage nach Wein wird weiter steigen", prophezeit er. Riesige Märkte wie Indien und China entdecken gerade erst das Weintrinken. Und weltweit gesehen sinkt die Menge an produziertem Wein.

Und der Preis? Muss der Verbraucher tiefer in die Tasche greifen, um Frankenwein bezahlen zu können. Generell lasse sich das nicht sagen, meint Präsident Steinmann. "Aber wenn ein Wein viel Arbeit gemacht hat, dann ist er auch viel wert." Mit anderen Worten: Den Preis wird jeder Winzer für sich festlegen müssen.

Die Ernte ist eingefahren, jetzt liegt es an Männern wie Christian Friess, was aus dem Jahrgang 2013 letztendlich wird. Der Kellermeister des Domänenamtes ist guter Dinge. "Die Qualitäten liegen in einem guten Bereich. Wir brauchen uns wegen zu hohen Alkoholgehalten keine Sorge zu machen", sagt er. Genau das ist es, was auch Fachberater Mengler für den Frankenwein fordert: Keine Oechslerallye, sondern lupenreine und aromareiche Weine. So gesehen passt der 2013er Jahrgang gut in die Welt. Oder wie es Dr. Kolesch ausdrückt: "Das ist gerade nochmal gut gegangen."


Bilanz:

Durchschnittsertrag: 72 hl/ha
Weinmosternte: 435000 Hektoliter
Durchschnittliches Mostgewicht: 88 Grad Oechsle
Anteil Prädikatswein geeignet: 65 bis 70 Prozent
Ertragsrebfläche: 6051 Hektar