Druckartikel: Ein Vater, der keine Liebe in sich trägt

Ein Vater, der keine Liebe in sich trägt


Autor: Tom Müller

Kitzingen, Mittwoch, 06. März 2013

Alles Dementieren half nichts. Vor Gericht wurde der Vater schuldig gesprochen, seine Tochter geschlagen zu haben. Ganz knapp schrammte er an einer Gefängnisstrafe vorbei.


"Dann laden Sie meine Tochter eben in den Zeugenstand". Der 33-jährige Vater wollte seiner Tochter den ganz schweren Gang vor Gericht nicht ersparen. Richter Wolfgang Hülle war sichtlich um Fassung bemüht, versuchte eindringlich, die Situation zu vermeiden, dass eine minderjährige Tochter gegen den von ihr getrennt lebenden Vater aussagen muss.
Es half nichts. Ein Geständnis war dem 33-jährigen Angeklagten nicht zu entlocken. Im Gegenteil: Er hatte zuvor alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe abgestritten, hatte Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und wich davon auch während der Hauptverhandlung vor dem Kitzinger Amtsgericht nicht ab. "Nie im Leben würde ich meine Tochter schlagen", beteuerte er. Alle Fakten sprachen aber gegen ihn.

Tochter sagt gegen den Vater aus

Und so kam, was kommen musste.

Die 11-jährige Tochter, die noch vor der Verhandlung beim Anblick des Vaters in Tränen ausgebrochen war, saß ruhig und konzentriert im Zeugenstand. Wort für Wort bestätigte sie die zuvor von der Staatsanwaltschaft verlesene Anklageschrift. Demnach habe ihr Vater sie nach dem Kauf eines Füllers in die Wohnung in Dettelbach begleitet, in der Tochter und Mutter, nicht aber er selbst lebten. Die Mutter, seit elf Jahren von ihm getrennt, hatte ihm Hausverbot erteilt, das der Vater an diesem Abend im Oktober 2012 raffiniert umging, da die Mutter zu dieser Zeit noch in der Arbeit weilte.

So lümmelte er sich aufs Sofa und schlief auch prompt ein. Seiner Tochter war dies nicht entgangen. Sie wusste um das Hausverbot und rüttelte den Vater wach. "Ich hab ihm gesagt, dass er jetzt gehen soll." Der reagierte gereizt, versuchte vergeblich die Tochter zu treten und erwischte sie schließlich im Gesicht. Er drückte ihr mit kräftigem Griff den Mund zu und versetzte ihr anschließend noch einen Schlag ins Gesicht. "Sie soll ruhig merken, dass man so nicht mit Erwachsenen umgeht", rechtfertigte er seine erzieherische Maßnahme. Dann verließ er die Wohnung und ließ die Tochter weinend zurück.

Eine Nachbarin hatte den Streit zwischen Vater und Tochter Wand an Wand mitverfolgen können. Als sie die 11-Jährige weinen gehört hatte, entschloss sie sich zum Handeln. "Sie hat mir gleich die Tür geöffnet", sagte die 35-Jährige. "Ich hab dann ihre Hände vom Gesicht genommen. Da waren noch die Fingerabdrücke vom Schlag zu sehen. Sie bat mich aber, ich solle nichts der Mama sagen." Da die Kleine sich aber nicht beruhigen ließ, fuhr sie mit ihr zur Mutter und nahm sie, nachdem diese ihr Kind getröstet hatte, in ihre Wohnung mit.

Kind sei bestochen worden

Erneut versuchte Richter Hülle ein Geständnis zu erzielen. "Ich gebe Ihnen jetzt die letzte Möglichkeit, Ihren Einspruch zurückzunehmen." Nachdem der Angeklagte nach wie vor bei seiner Version des Vorfalls blieb und dem Kind unterstellte, "es ist von den Großeltern gekauft worden, damit sie hier gegen mich aussagt", wurde schlussendlich noch die Mutter in den Zeugenstand gerufen.
Auch sie bestätigte die roten Schlagspuren im Gesicht der Tochter. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter sei schon seit Längerem nicht optimal gewesen. Dennoch zeigte die Schülerin Interesse daran, den Kontakt selbst nach diesem Vorfall nicht abreißen zu lassen: "Ich hab ihn trotzdem lieb, aber es tut mir im Herz weh, dass er das gemacht hat."

Glimpflich davon gekommen

Ungerührt von diesem Liebesbeweis lümmelte der Angeklagte auf seinem Stuhl. Er habe sich die Tochter sowieso "mal zur Brust nehmen" wollen, da selbige in letzter Zeit immer frecher geworden sei. Die angeblich so aufmüpfige Göre, die vor Gericht einen weitaus höflicheren Eindruck als ihr Vater hinterließ, ist auch nicht seine einzige Tochter. Der junge Mann hat noch mit einer anderen Partnerin eine zweite Tochter. Als Arbeitsloser könne er seinen Unterhaltszahlungen für die beiden Töchter allerdings nicht nachkommen. Zudem stünden über 30 000 Euro Schulden einer finanziellen Unterstützung seiner Kinder im Weg.

Frech im Gericht

Vor diesem Hintergrund rüffelte der Angeklagte frech in Richtung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts: "Dann geben Sie mir eine Geldstrafe oder schicken Sie mich in die JVA nach Würzburg, das ist mir alles egal." Aus Sicht mancher Prozessbeobachter wäre er da auch am besten aufgehoben, allerdings reichte das Strafmaß trotz sieben Einträgen im Bundeszentralregister noch nicht für eine Freiheitsstrafe.
"Beim nächsten Delikt kommen Sie nicht mehr mit einer Geldstrafe davon", warnte der Richter, der überhaupt keinen Zweifel an der Ehrlichkeit der Zeugen aufkommen ließ und den Vater der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig sprach. Im Strafmaß kam er noch einmal vergleichsweise glimpflich davon. 80 Tagessätze zu 15 Euro plus die Kosten des Verfahrens wird der Arbeitslose wohl bei seiner aktuellen Kassenlage trotzdem nicht bestreiten können.