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Ein Schiff wird kommen


Autor: Von unserem Redaktionsmitglied Norbert Hohler

Volkach, Freitag, 02. Juni 2017

Kreuzfahrtschiffe schippern auf dem Main. Die Passagiere gehen in Kitzingen, Volkach oder Marktbreit an Land. Ob sie dort Geld zurücklassen, ist die Frage.
70 bis 75 Flusskreuzer legen 2017 in Kitzingen an. Fragt sich nur, wer von den internationalen Gästen profitiert.


Die Einen sind felsenfest überzeugt: Schiffstouristen bringen Geld in die Stadt, gehen shoppen, bevölkern Cafés und Restaurants, kaufen Souvenirs und Ansichtskarten. Kritiker finden, Anlegestellen wie in Kitzingen, Volkach oder Marktbreit dienen vor allem dazu, die Schiffspassagiere in Busse etwa nach Rothenburg oder Würzburg umsteigen zu lassen. Und schon aus Zeitmangel würden selbst diejenigen kaum etwas ausgeben, die zwar durch die Orte hasten, aber vor allem Sehenswürdigkeiten abhaken.

Bepackt mit Tüten

Julia Then kennt diese Debatten: 130 Flusskreuzer legten 2013 in Kitzingen an, heuer sind bislang 70 fest gebucht. Ist der Boom also schon wieder vorbei? „Wir haben 2011 begonnen, anfangs ist die Neugier immer groß. Jetzt hat sich das eingependelt, 70 bis 75 Schiffe sind realistisch,“ findet die Leiterin der Kitzinger Touristinfo. Bis zum Saisonende am 19. Dezember alle drei Tage ein Schiff, das sei durchaus ein Wirtschaftsfaktor.

Von daher widerspricht Then dem Umfrage-Ergebnis des Stadtmarketingvereins, wonach Schiffstouristen nichts bringen, Radtouristen ein bisschen was für die Gastronomie, während Wohnmobil-Gäste shoppen und essen gehen, viel Geld in der Stadt lassen würden. „Ich habe schon öfters gesehen, wie bepackt mit Tüten manche Gäste auf das Schiff zurückgekehrt sind. Dass sie nichts kaufen, kann also nicht ganz stimmen.“ Die Firma Amendt (Haushaltswaren, Geschenkartikel) würde regelmäßig fragen, wann das nächste Schiff eintrifft. „Das würden die nicht tun, wenn damit kein Umsatz zu machen wäre.“

Im Schweinsgalopp durch die Stadt?

Ernüchtert ist Magdalena Hofmann vom Souvenirladen „Tritt ein – Drop in“ am Falterturm. Sie sagt, Australier, Amerikaner und viele Andere würden gefühlt im Schweinsgalopp durch die Altstadt geführt. „Oft gehen sie zudem auf der falschen Straßenseite, nicht direkt an meinem Laden vorbei.“ Ein kleiner Stopp am Falterturm von fünf bis zehn Minuten könnte das Geschäft beleben. „Dann würden Viele bei mir reinschauen.“

Reedereien machen Vorgaben

Die Frau versteht auch nicht, warum sie nicht direkt an der Anlegestelle Souvenirs wie den Bierkrug mit Falterturm oder Rathaus anbieten darf, ein T–Shirt mit 'Love Kitzingen' oder Postkarten? „Das Ordnungsamt hat es nicht genehmigt. Warum, weiß ich nicht so genau.“ Da kann Julia Then helfen. „Die Schiffsmanager geben vor, was gemacht wird und was nicht, sogar bei den Besichtigungen. Und es ist ausdrücklich nicht gewünscht, dass die Gäste schon beim Aussteigen belagert oder gar wie auf einem Basar bedrängt werden.“

Was das Angebot betrifft, sieht Julia Then kaum Handlungsspielraum. „Die Reedereien legen fest, was sie wollen. Und wenn Schiffe morgens gegen 9 Uhr anlegen, hat sich das bewährt: Eine Stunde Stadtrundgang mit Synagoge, Luitpoldbad, Falterturm, Altem Friedhof, Königsplatz, Marktplatz. Dann eine Stunde Zeit zum Kaffee trinken oder einkaufen, um 11 Uhr Hofratempfang mit Weinprobe und Livemusik im Alten Klosterkeller, 13 Uhr Weiterfahrt. „Das läuft unter Fränkisches Weinfest.“

Begeistert von der Weinprinzessin

Kommen die Gäste von Budapest, seien sie oft ganz begeistert, vor allem von der Weinprinzessin. Kommen sie aus der anderen Richtung, von Amsterdam, hatten sie Weinproben und Symbolfiguren schon mehrfach am Rhein. „Dann ist das Echo natürlich viel verhaltener.“ Neu im Programm sind 45 Minuten Gymnastik und Joggen schon vor dem Frühstück, direkt nach dem Anlegen in Kitzingen. „Das wurde von den Gästen gewünscht, wir probieren es aus.“ Große Zahlen für dieses Zusatzangebot sind indes nicht zu erwarten: Die meisten Gäste sind über 60, wenn nicht gar über 70 Jahre alt.

Zu wenig Zeit, zu anstrengend – so lauteten die Rückmeldungen in Sachen Deutsches Fastnachtmuseum, nachdem anfangs des Öfteren Gruppen den Eingang in der Luitpoldstraße umlagert hatten. „Es ist ganz schade, dass nichts mehr läuft. Dabei könnten wir Kurzführungen anbieten, auf Wunsch sogar verkleidet,“ findet Museumsleiterin Daniela Sandner. „Halloween-begeisterten Amerikanern würde unser Museum bestimmt gefallen.“ Diese Botschaft an die Verantwortlichen zu bringen, sei fast unmöglich. „Die Ansprechpartner herauszufinden, ist kaum möglich, gelingt uns nicht.“

In Volkach geht es wegen des langen Vorlaufs für Schiffsbuchungen 2018 behutsam los, ab 2019 so richtig. „Am Anleger in Astheim wird es vereinzelt schon heuer Testbetrieb geben. Zum Beispiel wollen sich Schiffsmanager oder Touristiker vor Ort überzeugen, wie wir das machen, was wir zu bieten haben“, verdeutlicht Marco Maiberger.

16 neue Gästeführer

Der Volkacher Tourismuschef ist froh, dass es mit dem Anleger auf der Volkacher Seite dieser Tage richtig losgeht. „Nach eineinhalb Jahren ist jetzt das Genehmigungsverfahren abgeschlossen. Die belgische Reederei Scylla baut den Anleger. Sie hat 24 eigene Flussschiffe und gute Verbindungen, sodass wir uns Einiges ausrechnen.“ Auf geschätzt eine Million Euro kommt der Anleger, der auf Astheimer Seite auf 300 00 bis 400 000 Euro. „Wir hätten das nicht verwirklichen können. Die Investoren würden das aber nicht machen, wenn sie nicht vom Erfolg überzeugt wären.“

Maiberger unterstreicht, dass man selbst gut vorbereitet sein will: „Wir haben 16 neue Gästeführer ausgebildet, alle zweisprachig mit Englisch. Manche können zudem noch Spanisch oder Französisch.“ Reagiert habe auch der Volkacher Gewerbeverband für den Einzelhandel: „Es gibt einen Englischkurs für Mitglieder. Ein Geschäft soll nicht daran scheitern, dass der Inhaber nicht versteht, was der Gast haben will.“

Dass der Kuchen nicht größer, aber die Konkurrenz härter wird, schreckt Maiberger nicht. „Dinge wie Stadtführungen, Empfang von Weinprinzessinnen werden vorausgesetzt. Eine Nische sind spezielle Schiffsreisende, die zum Beispiel Kulinarik oder Sportangebote suchen. „Das wird mehr. Wir können da Vieles aus unserer Erfahrung vom Tagesgeschäft anbieten. Unsere Hoffnung ist, dass man uns sagt, was gewünscht wird. Für die Umsetzung finden wir dann schon einen Weg.“

Nur eine Anlegestelle

Ziemlich locker ist Marktbreits Bürgermeister Erich Hegwein, was die Schiffstouristen angeht: Nachdem direkt am Stadteingang beim Kranturm zu wenig Platz ist, große Schiffe in die Fahrrinne ragen würden, haben sich Baupläne für eine städtische Anlegestelle von selbst erledigt. Und Ärger wegen illegaler Stopps, etwa auf dem Gelände der Firma Knauf, gehören inzwischen ebenfalls der Vergangenheit an. „Die Firma Ruhl hat einen Anleger gebaut, zwischen Autobahnbrücke und Schleuse. Dort stört er niemand, der Boden ist betoniert. Somit können dort Busse direkt vorfahren, um Gäste nach Rothenburg bringen.“

Touristisch habe Marktbreit davon nichts, zu verdienen sei damit nichts. „Wir haben weder die Läden mit Kitsch und Krempel, noch die Infrastruktur für 150 Leute auf einmal“, sagt Erich Hegwein.