Ein Mann für jede Tonart
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Donnerstag, 17. Oktober 2013
18 Jahre Bundesjugendleiter und kein bisschen leise: Stefan Wolbert.
Glückwunsch! Stefan Wolbert ist als "Bundesjugendleiter" wieder gewählt worden. Zum 7. Mal schon. "Bundesjugendleiter" - das klingt wichtig. Und es ist in der Tat ein wichtiges (Ehren- )Amt. Denn es geht darum, wie der musikalische Nachwuchs in ganz Bayern gefördert wird.
Weshalb der Kitzinger Realschul-Konrektor sehr gern die Interessen von mehr als 30 000 Musikern unter 27 Jahren vertritt, das erzählt er im Interview. Außerdem schildert der 47-jährige Willanzheimer, wie er sich modernen Musikunterricht vorstellt; ohne Drill, aber mit Spaß und Freude.
Was ist das für ein Amt, das Sie da seit 18 Jahren innehaben? Was heißt Bundesjugendleiter?
Stefan Wolbert: Da muss ich ein bisschen ausholen. Zum Nordbayerischen Musikbund (NBMB) gehören 1000 Musikvereine aus Ober-, Mittel- und Unterfranken sowie der Oberpfalz.
Der Begriff "Bundes..." bezieht sich dann aber nicht auf ganz Deutschland, sondern auf den Nordbayerischen Musikbund?
Der Begriff ist ziemlich verwirrend. Zunächst bezog er sich nur auf den NBMB. Allerdings stieß dessen Jugendarbeit irgendwann an ihre Grenzen - sowohl finanziell als auch personell. Deshalb haben wir uns 1992 unter das Dach des Bayerischen Jugendrings begeben, wo viele Jugendverbände vertreten sind, also auch Sport- und kirchliche Verbände. Ich fungiere da quasi als Landesleiter für die Musik-Nachwuchsförderung.
Sie heißen also Bundesjugendleiter, sind aber Landesjugendleiter - so weit, so klar. Was haben Sie in dieser Funktion bewirkt?
Am meisten freut es mich, dass wir das System der Bläserklassen nach Bayern geholt haben. Früher war bei vielen Kindern und Jugendlichen, die ein Instrument lernten, ja quasi "Einzelhaft" angesagt. Heute kann man in Bläserklassen - von denen es auch im Landkreis Kitzingen schon einige gibt - gemeinsam als Klasse besonderen Wert aufs Musizieren legen. Musikvereine kooperieren mit Schulklassen. Ich finde das super.
Dadurch werden auch Schüler vom Musikvirus angesteckt, die sonst nicht viele Berührungspunkte hätten, oder?
Das ist das Schöne: Wir haben ein System entwickelt, das in die Breite geht. Die Ausbildung in Bläserklassen hat einen riesigen Boom ausgelöst. Vereine und Verbände kooperieren mit allen allgemeinbildenden Schulen.
Aber müsste man nicht schon früher ansetzen? Vielleicht auch schon Fünf- und Sechsjährige fürs Musizieren begeistern?
Das wird ja gemacht. Allerdings gab es bis vor kurzem eine Lücke zwischen der musikalischen Früherziehung von Kindergartenkindern und zum Beispiel der Bläserklasse. Diese Lücke versuchen wir durch "Wim" zu schließen - das ist die Abkürzung für "Wir musizieren" und ein Projekt für Erst- und Zweiklässler. Diese bekommen neben der Klassenlehrerin und dem normalen Musikunterricht noch eine externe Musikpädagogin. Derzeit wird "Wim" in über 50 Schulen erprobt, auch eine Volkacher Schule ist dabei.
Schafft man es heute, in Zeiten von elektronischer Bespaßung, überhaupt noch, Kinder und Jugendliche so zu motivieren, dass sie auch freiwillig üben?
Motivation ist ein großes Thema in der Ausbildung. Der Spaß, das gemeinsame Erleben und die Freude am Erfolg dürfen nicht zu kurz kommen. "Einzelhaft am Instrument" ist eben nicht mehr angesagt. Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigt mir die Tatsache, dass wir derzeit der einzige Jugendverband im Bayerischen Jugendring sind, der wächst.
Haben Sie nach 18 Jahren ehrenamtlicher Arbeit noch genauso viel Lust, sich zu engagieren, wie am Anfang?
Habe ich, ja! Das liegt an dem guten Team aus ganz Bayern: Uns verbindet neben der professionellen Arbeit mittlerweile auch schon so etwas wie eine Freundschaft. Außerdem können wir eben einfach etwas bewegen! Das - und das engagierte Team in der Jugendring-Geschäftsstelle in Unterpleichfeld - motiviert mich immer wieder.
Was sind Ihre Jugendleiter-Ziele für die nächsten 18 Jahre?
Auf jeden Fall möchte ich dazu beitragen, dass sich das Kirchturm-Denken noch weiter auflöst, dass man auch über Ortsgrenzen hinweg Musik zusammen macht und den Nachwuchs mit ins Boot nimmt. Immer mehr bewegt mich auch die Frage, wie man mit dem vergleichsweise teuren Hobby des Musikmachens auch an sozial Schwache, an Behinderte und Benachteiligte herankommt. Integration und Inklusion sind wichtige Themen und ich denke, der NBMB sollte sich dieser Thematik intensiv annehmen.
INFO:
Stefan Wolbert:
Der 47-jährige Konrektor der Richard-Rother-Realschule Kitzingen ist auch politisch im Kreistag aktiv und außerdem seit 20 Jahren Jugendleiter in Sachen bayerischer Musik-Nachwuchs-Förderung.
Der Willanzheimer möchte aber nicht nur Funktionär sein, sondern macht auch selbst aktiv Musik - als Trompeter und Gitarrist, vom Symphonischen Orchester bis zum Breitbachtal-Express.
Wolbert ist verheiratet und hat zwei Söhne. ldk