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Diskussion um Bahnlärm geht weiter


Autor: Sabine Paulus

Kitzingen, Dienstag, 09. Oktober 2012

Der Lärmschutz entlang der Bahnlinie an der Nordtangente in Kitzingen verdient den Namen nicht. Eine schnelle Lösung des Problems ist nicht in Sicht. Die Anhörung am Montag führte die Machtlosigkeit der Stadt vor Augen.


Klack, klack, klack - das Klappern wird immer lauter, die Oberleitungen fangen an zu wippen und zu summen. Mit einem Rauschen rast der ICE auf der Bahnlinie Nürnberg-Würzburg heran, mit der dröhnenden Lok vorweg. Volker Bachmann kennt den Spuk zur Genüge. Er wohnt oberhalb der Bahnlinie auf dem Eselsberg. "Je nach Windrichtung hört man die Züge manchmal schon, wenn sie erst in Sickershausen oder gar in Iphofen sind", sagt er. Nachts nerven Güterzüge gewaltig, wenn sie über die Betonschwellen rattern. Und wenn die Bachmanns im Garten sitzen, müssen sie wegen des Lärms ihr Gespräch unterbrechen. Er kennt das Problem: die Schallschutzmauer zwischen der Nordtangente und der Bahntrasse. Bachmann: "Der Schall wird von der Mauer ins Wohngebiet reflektiert.

Aber die Stadt hat gesagt, dass sie keine andere Wahl für den Standort hatte."
Der Frust ist groß, weil die Kitzinger in der Richard-Wagner-Straße, im Mühlberggebiet und in Sickershausen wegen des lauten Schienenverkehrs stöhnen. Das Thema beschäftigt schon lange die Stadtverwaltung und die Deutsche Bahn AG. Und so zieht sich die Diskussion elend lange hin, während der Bahnlärm bleibt.

Anlieger kämpfen gemeinsam


Die Lärmminderungspro gramme im Stadtgebiet hatten nicht den gewünschten Erfolg. Zahlreiche Beschwerden erreichten die Verwaltung. Die Anlieger schlossen sich zusammen und kämpfen seither gemeinsam um mehr Ruhe. Eine Zusammenkunft mit dem Ingenieur für Umweltanalytik, Dietrich Moldan, fand auf Initiative der KIK dieses Jahr im Frühjahr statt. So konnten sich die Bürger Fachwissen aneignen.
In der Sitzung am 21. Juni beschloss der Stadtrat, dass es noch dieses Jahr sowohl eine Expertenanhörung mit Podiumsdiskussion als auch eine Sondersitzung des Stadtrates geben soll.
Der Anhörungstermin war am Montagabend in der Alten Synagoge. Volker Bachmann, seine Frau und weitere rund 70 Kitzinger besuchten die Veranstaltung. Die Lärmgeplagten sollten zur Anhörung gut vorbereitet erscheinen. Sie sollten sich mit ihren Nachbarn absprechen und Anträge formulieren sowie Fragen vorbereiten, die sie den Experten stellen wollten.
Volker Bachmann war schon zuvor skeptisch, dass etwas bei der Anhörung herauskommt, das Stadt und Bürger weiterbringt. Es stellte sich im Verlauf des Abends heraus, dass es keine rasche Lösung für die rund 1600 lärmgeplagten Kitzinger gibt.
Sie erfuhren, dass die Planer es nicht hätten voraussehen können, dass die Schallschutzwände zwischen Nordtangente und Bahnschienen den Schall ins Wohngebiet reflektieren. Die 75 Bürger in der Synagoge mussten hören, dass die Stadt vom Gesetz her rechtmäßig gehandelt und die Bahn alle gesetzlichen Bestimmungen erfüllt hätten.
Die Bahn ist nicht dazu verpflichtet, irgendwo nachzurüsten. "Damit müssen wir uns wohl abfinden", sagt Volker Bachmann resigniert. Es sei unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber in Berlin hier etwas ändert. Die Bahn befürchte einen Präzedenzfall Kitzingen. Denn überall in ganz Deutschland gebe es solche Strecken, an denen Menschen leben, die sich mit dem Lärm der Züge nicht abfinden wollen.
Von Seiten der Stadt gibt es nun das Angebot, die Schallschutzwände zu überprüfen. Dieter Bulla, Leiter Produktionsdurchführung DB Netz AG Regionalbereich Süd, gab zu, dass die Zahl der Güterzüge und die Häufigkeit, mit der sie durch Kitzingen fahren, gestiegen ist. Das liege daran, dass die Züge zu Zeiten der Wirtschaftskrise weniger eingesetzt wurden. Künftig soll eine Flotte von leiseren Güterzügen auf die Schienen kommen, kündigte Bulla an.

Die Stimmung ist gekippt


Er wollte zeigen, dass die Bahn offen für die Sorgen der Kitzinger ist. Eine Nachbarin Volker Bachmanns spürte jedoch, dass im Laufe der Anhörung die Stimmung gekippt ist. Während sich früher die Bürger bei der Stadt beschwert hätten und die Verwaltung sich wiederum verteidigt habe, entstand für sie der Eindruck, als ob die Stadt sich auf die Seite ihrer Bürger schlage - und ihre Forderungen an die DB Netz AG verschärfe. "Die Stadt schiebt nun der Bahn den Schwarzen Peter zu", sagt die Kitzingerin.
Der Bahn-Vertreter machte unmissverständlich klar, dass die DB Netze AG als Betreiber des bundesdeutschen Schienennetzes nicht dazu verpflichtet sei, an bestehenden Strecken Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen. Nun will die Stadtverwaltung auf höherer politischer Ebene Druck machen.
Volker Bachmann und seine Nachbarn müssen sich weiter gedulden und den Bahnlärm ertragen. "Als wir auf den Eselsberg gezogen sind, haben wir ja gewusst, dass die Bahntrasse da verläuft", sagt er in einem Anflug von Schicksalsergebenheit. Tatsache sei aber: "Seit die Mauer da ist, ist es schlimmer geworden mit dem Lärm."