"Die Krise ist noch nicht ausgestanden"
Autor: Daniela Röllinger
Obernbreit, Montag, 30. Sept. 2013
Seit 40 Jahren im Dienst: Bankvorstand Reinhold Weber weiß um die Probleme auf dem Finanzmarkt - vor allem für die kleinen Institute.
Genau 40 Jahre ist es heute her, dass Reinhold Weber seinen ersten Arbeitstag bei der Raiffeisenbank in Obernbreit hatte. Hinter dem Schalter stand er damals. Inzwischen hat er es zu weit mehr gebracht als zu einem eigenen Büro: Reinhold Weber ist Bankdirektor und Vorstand der Raiffeisenbank Kitzinger Land. Das Dienstjubiläum ist Anlass für ein Gespräch über die vergangenen vier Jahrzehnte, die Finanzwelt und die Probleme einer kleineren Bank.
Frage: Im April hat das Allensbacher Institut 1570 Menschen befragt, welche Berufe sie am meisten schätzen, vor welchen sie am meisten Achtung haben. Banker lagen hinten, kamen gerade mal auf drei Prozent. Tut das weh?
Reinhold Weber: Natürlich tut es weh, dass unsere Berufsgruppe in der Beliebtheitsskala so weit hinten liegt. Ich habe den Beruf von der Pike auf gelernt, arbeite in einer Genossenschaftsbank.
Frage: Was läuft denn falsch, dass es zu solchen Umfrageergebnissen kommt?
Weber: Die großen Banken haben unser Berufsbild in Verruf gebracht. Die kennen kein Maß und Ziel, da zählt nur die Gewinnmaximierung. Bei uns in der Genossenschaftsbank gilt da ein anderes Prinzip.
Frage: Was macht denn einen guten Banker aus?
Weber: Er muss auf die Kunden eingehen können und ihre Bedürfnisse erkennen - und nicht nur das sehen, was die Bank braucht.
Frage: Ihre Konkurrenz ist riesig, macht an den Staatsgrenzen längst nicht mehr Halt. Warum sollte ein Kunde sein Geld eigentlich bei Ihnen anlegen und nicht in Schottland oder den Niederlanden?
Weber: Es gibt Leute, die schauen nur auf den Zins und gehen dahin, wo sie am meisten bekommen. Aber der Kunde sollte sich auch fragen, ob er zu 100 Prozent sicher sein kann, sein Geld wieder zu kriegen. In einem genossenschaftlichen Verbund wie bei uns gibt es einen Garantiefonds, da sind die Einlagen unbeschränkt gesichert. Auf der anderen Seite kommen Kunden, die anderswo ihr Geld anlegen, wieder zu uns, wenn sie einen Kredit brauchen. Aber wir wollen die Kunden natürlich ganz. Deshalb ist Beratung wichtig.
Frage: Wie garantieren Sie seriöse Beratung?
Weber: Anlageberater müssen beim Bundesaufsichtsamt gemeldet sein. Sie müssen ihre Qualifikationen nachweisen und belegen, dass sie sich konsequent fortbilden. Die Voraussetzungen sind gegenüber meiner Anfangszeit exorbitant gestiegen, das ist kein Vergleich zu vor 40 Jahren. Fast wöchentlich kommen neue Vorschriften und Auflagen und die muss man Eins-zu-Eins umsetzen, egal ob Großbank oder Millionenbank wie die Raiffeisenbank Kitzinger Land.
Frage: Während Großbanken den persönlichen Kontakt einschränken, setzen Sie weiterhin auf ein ganzes Netz an Filialen. Ist das langfristig haltbar?
Weber: Wir heben uns durch die persönliche Betreuung der Kunden in unserer Hauptstelle und den neun Zweigstellen ab. Unsere Mitarbeiter sind dort Ansprechpartner für die Kunden, bei ihnen können sie auch mal persönliche Sorgen und Nöte vortragen. Natürlich ist das mit einem finanziellen Aufwand verbunden und es bedarf ständiger Überprüfung, ob wir das vorhalten können. Da es sehr schwierig ist, an den Erträgen zu schrauben, muss man die Kosten im Blick haben. Das wird auch laufend gemessen.
Frage: Werden die Einnahmen denn zum Problem?
Weber: Wir haben keine vernünftigen Zinsmargen mehr, das ist natürlich nachteilig. Aber da sind wir in guter Gesellschaft, das geht auch anderen Banken so. Man muss sich im Klaren sein: Wenn die Niedrigzinsphase noch einige Jahre anhält, ist die Gefahr groß, dass einige Banken das nicht überleben.
Frage: Die Finanzkrise hat Ihre Bank aber gut überstanden.
Weber: Wir sind unbeschadet und ohne Finanzspritze aus der Krise gekommen. Auch Kreditrestriktionen waren bei uns nicht nötig. Die Firmen kriegen ihre Kredite genauso wie vor der Finanzkrise. Wir sehen uns als Förderer des Mittelstandes.
Frage: Ist die Finanzkrise denn Vergangenheit?
Weber: Die Krise ist noch lange nicht ausgestanden. Jetzt hat Slowenien massive Probleme. Eine gewisse Ruhe ist ja durch die Wiederwahl von Angela Merkel eingetreten. Ein Wechsel hätte sich auch auf die Börsen ausgewirkt. Dass es dort so gut wie keine Reaktionen gab, zeigt, dass es ein gewisses Vertrauen in die Kanzlerin gibt.
Frage: Bei den genossenschaftlichen Banken im Landkreis gab es in den vergangenen Jahren mehrere Fusionen. 2003 hat sich auch ihre Bank mit der Raiffeisenbank am Schwanberg zur Raiffeisenbank Kitzinger Land zusammengeschlossen. Sind weiter weitere Fusionen vorgesehen?
Weber: Aus jetziger Sicht ist ein Zusammenschluss der vier Genossenschaftsbanken nicht geplant.
Frage: Mehr als 40 Jahre haben sie als Banker jetzt hinter sich, zwei noch vor sich. Dann haben Sie ihr gesamtes Berufsleben in Geldinstituten verbracht. Warum haben Sie den Beruf eigentlich damals gewählt?
Weber: Ich komme aus der Landwirtschaft, aber unser Betrieb in Greuth war eigentlich zu klein, um davon zu leben. Die Raiffeisenbank Rüdenhausen hat damals einen "Stift" gesucht und es hatte sich rumgesprochen, dass ich gute Noten in der Schule hatte. Niko Hofmann, der damalige Raiffeisenverbandsbezirksanwalt, hat mich angesprochen, und da habe ich mich beworben. 1967 habe ich dort angefangen und Bankkaufmann gelernt. Nach dem Wehrdienst fing ich dann in Obernbreit an. Allerdings musste ich erst mal schauen, wo das überhaupt liegt. (lacht)
Mit Reinhold Weber sprach unser Redaktionsmitglied Daniela Röllinger.