Die Grusel-Queen
Autor: Diana Fuchs
Kleinlangheim, Donnerstag, 25. Oktober 2018
Busfahrerin Michelle Zausinger und ihre Freunde lassen in der Nacht vor Allerheiligen sämtliche Schreckgespenster raus.
Er beobachtete seine Frau kopfschüttelnd. Was hatte es nur alljährlich am 31. Oktober mit dieser Verwandlung auf sich? Marcus Zausinger verstand es jahrelang nicht. Erst, als seine Michelle ihn für ihre Halloween-Geister-Show engagierte - als Erschrecker -, ging ihm sozusagen ein Grusellicht auf. "Als die Leute vor Schreck in die Luft gehüpft sind, habe ich Spaß an der Sache bekommen."
Marcus Zausinger hatte, um im Bild zu bleiben, Blut geleckt. Etliche Jahre ist das nun schon her. Mittlerweile freut sich der 39-jährige Rolladen- und Jalousienbauer selbst alljährlich auf den 31. Oktober. Er ist ein eingefleischter Halloween-Freund - und ein eifriger Kulissenbauer obendrein. Seine Frau Michelle, von Beruf Busfahrerin, schätzt das sehr, denn mit Marcus' Hilfe und der Unterstützung von Freunden kann sie den Garten vor ihrem Haus alljährlich zu Halloween in ein echtes Grusel-Kabinett verwandeln. Vom Zombi, der aus seiner Gruft aufsteigt, bis zum schwebenden Geist sind allerhand zwielichtige Wesen im unterfränkischen Kleinlangheim angekündigt.
"Halloween ist mein Leben", sagt Michelle Zausinger grinsend, während sie eine Flasche mit Latexmilch schüttelt. Sie taucht einen feinen Pinsel in die weißliche Flüssigkeit und streicht damit über einen Hügel Papier, den sie zuvor auf dem Unterarm ihrer Tochter Monique platziert hat. "Sodale", sagt sie, "die Milch verbindet sich jetzt mit dem Papier und das haftet auf der Haut. Sobald die Masse hart wird, kann man sie noch ein bisschen modellieren oder aufschneiden - quasi Wunden nachbilden." Bemalt mit Kunstblut und Schminkfarben sieht Moniques Arm wenig später aus, als müsse er sofort amputiert werden.
Wenn Leute ihre Kunst als "Ami-Kitsch" verurteilen, lässt sie das völlig kalt. "Jedem das Seine", sagt die Busfahrerin, fügt dann aber doch hinzu, dass Halloween ursprünglich überhaupt nicht aus Amerika, sondern aus dem katholischen Irland kommt. Am Abend vor dem Allerheiligenfest, "All Hallows' Eve", wurden einst alte Herbstbräuche zelebriert. Erst später haben irische Auswanderer in den USA die Tradition verändert, bis das heute bekannte Halloween entstand.
"Ich habe mich schon als Kind gern gegruselt", erzählt die gebürtige Castellerin. "Unser Nachbar war ein US-Amerikaner. Immer, wenn wir konnten, haben wir uns zu ihm und seiner Frau rübergeschlichen und heimlich Freddy-Krüger-Videos geguckt." Freddy Krüger ist der Hauptdarsteller der "Nightmare"-Filme - ein Serienmörder. Angst habe sie beim Filmschauen nie gehabt, eher ein "wonniges Gänsehaut-Gefühl - ähnlich wie bei unseren Mutproben".
Mutproben? "Naja, wir sind nachts über den Friedhof gegangen und so. Das hat mir nicht groß was ausgemacht. Auch hat es in unserem Ort ein verlassenes, altes Haus gegeben. Das hat mich und meine Freundinnen immer magisch angezogen."
Andere Leute, die nicht so hart im Nehmen waren, habe sie schon immer gerne erschreckt. Selbst vor der eigenen Mutter machte Michelle nicht Halt. "Ich weiß noch, dass ich mich mal von hinten an sie rangeschlichen habe, als sie gerade Jägersoße kochte. Ich hab' sie an der Taille gepackt und geschrien. Sie ist so erschrocken, dass mich der Schöpflöffel, den sie in der Hand hatte, voll erwischt hat."