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Die familienfreundliche Kaserne in Volkach


Autor: Ralf Dieter

Volkach, Donnerstag, 16. Januar 2014

Ministerin von der Leyen hat eine Diskussion angestoßen, die in Volkach längst umgesetzt wird.


Die Bundeswehr als familienfreundlicher Arbeitgeber? Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat Anfang dieser Woche ein großes Medienecho ausgelöst, als sie ankündigte, die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands zu machen. "Alles nichts Neues", sagt Oberstleutnant Roland Bögel, Kommandeur des Logistikbataillons 467 in Volkach und dreifacher Vater. "Das war schon 2009, unter Minister Jung, ein Thema."

Von der Leyen will die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Bundeswehr optimieren. Ein funktionierendes Familienleben und der Dienst bei der Bundeswehr müssten Hand in Hand gehen. Das scheint längst der Fall zu sein. Zumindest in Volkach, als relativ kleinem Standort mit derzeit rund 1200 Soldaten.
Sebastian Günther ist mit seinem Beruf und seinem Familienleben jedenfalls sehr zufrieden. Und das, obwohl er an jedem Wochenende rund 250 Kilometer zu pendeln hat. Einfach.

"Ich arbeite seit zehn Jahren hier in Volkach", sagt der Vater eines 18 Monate alten Sohnes. "Kein Problem."
Kurz nach der Geburt hat Günther Elternzeit genommen. "Das lief sehr unkompliziert ab", berichtet er. Und das war eine gute Erfahrung für ihn. Denn Günther plant durchaus mit Familienzuwachs. "Und dann werde ich wieder Elternzeit beantragen."

Zwischen zwei Monate und zwei Jahre beträgt die Elternzeit, die bei der Bundeswehr beantragt werden kann. Am Standort Volkach nutzen derzeit fünf Soldaten dieses Angebot.
Sieben Frauen und zwei Männer üben ihren Beruf in Teilzeit aus. Zu ihnen gehört Hauptfeldwebel Jasmin Bäuml. Sie fährt aus dem Raum Bad Kissingen nach Volkach. Um 7.30 Uhr gibt sie ihren vier Jahre alten Sohn im Kindergarten ab, um 8.30 Uhr ist sie in der Kaserne an der Mainschleife. "Kein Problem", sagt Kommandeur Bögel. "Wir sind flexibler als die meisten meinen." Die Anwesenheit beim Morgenappell ist für Jasmin Bäuml jedenfalls keine Pflicht. "Das Teilzeitmodell ist auf meine spezielle Situation zugeschnitten", erzählt sie. "Mein Aufgabenpaket wie maßgeschneidert für mich."

Und wenn das Kind krank wird? Wenn die Erzieherinnen aus dem Kindergarten anrufen? "Dann gehe ich zu meinem Vorgesetzten und fahre nach Hause." Übungen im Feld? Auslandseinsätze? Kommen im Aufgabenbereich der Mutter nicht vor. Sie ist im Büro eingesetzt.
Hauptfeldwebel Sebastian Günther war im Auslandseinsatz, vier Monate. "Das war lange vorher abgesprochen", sagt er. Hilfe bietet die Bundeswehr der Familie in solchen Fällen über Familien-Betreuungszentren an, beispielsweise bei Behördengängen, aber auch bei psychischen Belastungen.

Teilzeitmodelle, Elternzeit, flexibler Abbau von Überstunden. "Die Bundeswehr ist als Arbeitgeber moderner als viele glauben", versichert Kommandeur Bögel. Ist doch einmal Not am Vater oder der Mutter, kann das Kind mit in die Kaserne gebracht werden. Das Eltern-Kind-Arbeitszimmer ist komplett eingerichtet: Helles Holz an den Wänden, ein Spielteppich am Boden. PC und Schreibtisch für den Soldat, Spielsachen, Wickeltisch und ein Bett für das Kind im benachbarten Raum. "Das Angebot wird so gut wie nie genutzt", sagt Bögel. Der Grund: Kein Bedarf. Die meisten Soldaten sind viel zu jung, um an eine eigene Familienplanung zu denken, die älteren wählen andere Modelle - wie die Hauptfeldwebel Bäuml und Günther.

Obersleutnant Bögel muss selber am Wochenende pendeln, rund 320 Kilometer einfach zu seiner Frau und den drei Kindern. "Ich habe gewusst, was auf mich zukommt", sagt er. Wer in der Bundeswehr Karriere machen will, der muss mit häufigen Versetzungen rechnen. 25 Jahre ist Bögel jetzt bei der Bundeswehr. Alle zwei Jahre hat er im Schnitt den Standort gewechselt. "Als Führungskraft muss man nun einmal Erfahrungen sammeln", sagt er. "Das ist in der freien Wirtschaft nicht viel anders."

War der mediale Vorstoß der neuen Verteidigungsministerin unnötig? Lediglich der Versuch, mit den Erfahrungen aus ihrer früheren Amtszeit als Ministerin für Arbeit und Soziales zu punkten? "Wir stehen im direkten Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um die Fachkräfte der Zukunft", gibt Bögel zu bedenken. Perspektivisch gesehen sei der Vorstoß der Ministerin deshalb richtig gewesen. Aktuell sieht man in Volkach allerdings keinen Grund, etwas zu ändern. Flexible Arbeitszeitmodelle gibt es, Elternzeit ist kein Problem. Und ein Bedarf für eine Kindertagesstätte ist derzeit weit und breit nicht in Sicht.