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Die coolen 80er: Seit über 30 Jahren schlägt Alena Rotts Herz für Aerobic


Autor: Dagmar Ungerer-Brams

Kitzingen, Mittwoch, 22. Oktober 2014

Als Fan der ersten Stunde verbrachte Alena Rott viele Stunden vor dem Radio – und begeistert sich bis heute für die Bewegung zur Musik.
War Vorbild für viele Frauen: Jane Fonda beim Aerobictraining zu Beginn des Fitnessbooms im Jahr 1983.


Die Hallen waren ja voll, weil die Leute Aerobic machen wollten“, sagt die Kitzingerin Alena Rott. Anfang der 80er Jahre elektrisierte die neue Trendsportart weltweit vor allem junge Frauen. In eng anliegenden Gymnastikanzügen bewegten sie massenhaft Arme und Beine in komplexen Schrittfolgen zum Takt der damals aktuellen Musik. Ausgelöst hatten den Boom amerikanische Schauspielerinnen wie Jane Fonda und Sydne Rome, die das neuartige Training als ihr persönliches Fitnessprogramm präsentierten.

Von der Kombination aus Musik und Bewegung in der Gruppe war auch die heute 68-jährige Kitzingerin Alena Rott, die immer noch einen Aerobic-Kurs in Sulzfeld gibt, begeistert. Nach Unterfranken hatte es die gebürtige Tschechin 1968 durch die Heirat mit ihrem deutschen Ehemann verschlagen. Zunächst wohnte das Paar in Sulzfeld und seit 1981 dann in Kitzingen. Rott ist eine energiegeladene und dynamische Frau. Während sie von ihrem Hobby erzählt, gestikuliert sie mit den Händen und ist ständig in Bewegung. Da sie sich schon immer für das Tanzen interessiert hatte, probierte Rott gleich zu Beginn des Booms die neue Sportart aus und leitete bald auch erste Aerobicgruppen. Leider haben sich aus dieser Zeit keine Fotos erhalten.

Zu Beginn – in den frühen 80er Jahren – war alles noch recht provisorisch, weiß Rott. So saß sie jeden Freitag auf der Jagd nach neuer Musik für ihr Aerobictraining vor dem Radio – denn da läuft seit 1981 die Hitparade. Damals wählte sie die Musik nach Gefühl aus. Heute gibt es im Handel CDs mit spezieller Musik für Aerobicstunden, komplett mit Tempoangaben für die einzelnen Abschnitte einer Übungsstunde. Junge Mädels suchen sich Musik heute auch im Internet, so Rott.

Schon Mitte der 80er legte Alena Rott beim Bayerischen Landessportverband (BLSV) einen Trainerschein für den Freizeitsport ab und gab erste Kurse. Dann begann Ende des Jahrzehnts die Diskussion über die Schädlichkeit von Aerobic und der Boom ebbte etwas ab. Die Übungsleiterin beim TSV Sulzfeld erklärt, dass Aerobic am Anfang „weder gelenk- noch wirbelsäulenschonend“ war.

Unter den Augen der Sportmediziner richtete sich die Trendsportart in den frühen 90er Jahren daher neu aus, sagt Rott. Sie lernte unter anderem während eines Lehrgangs beim Deutschen Turnverband in Frankfurt und in Kursen des BLSV in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg, wie man gelenkschonend Aerobic betreibt. Die Umstellung auf gesundheitsfreundlichere Bewegungsabläufe sei bis heute die größte Veränderung, die es in der Aerobic seit den 80er Jahren gegeben habe, meint die Sportlerin.

Kurse mit 60 Teilnehmern leitete Rott – die bis vor einigen Jahren auch Vhs-Kurse gab und im Seniorenturnen aktiv ist – auf der Höhe des Aerobicbooms in der Turnhalle des Kitzinger Armin-Knab-Gymnasiums. Bei der Aerobicgruppe in Sulzfeld trainieren aktuell 15 Damen. Männer sind in der Regel nicht für Aerobic zu haben, sagt Rott und lächelt.

Längst turnt man bei Aerobic nicht mehr in farbigen Fitnessanzügen mit Stulpen und Stirnbändern, wie es für die 80er typisch war. Zu Beginn wurde die fröhlich bunte, hautenge Kleidung auch getragen, um sich von den oft betulichen und dunkelfarbigen Trainingsanzügen der Frauenturngruppen abzugrenzen, erzählt Rott. Heute tragen die Turnerinnen moderne Sportbekleidung. Die Kleider sind bei Aerobic eigentlich egal – bequem sollten sie sein, weiß Rott.

Die Kursteilnehmerinnen in Sulzfeld kennen sich schon lange und beherrschen Rotts Anweisungen – eine Mischung aus Zeichensprache und verbalen Ansagen – „wie die Weltmeister“. Wenn sie nach dem Training in die Gesichter der Frauen blickt und die „wie Honigkuchenpferde strahlen“, ist das für Alena Rott immer wieder neue Motivation. Auch nach über 30 Jahren Aerobic hat sie nicht genug von Musik und Bewegung.

Aerobic

Der Aerobicboom begann in den frühen 80er Jahren. Die Sportart geht auf ein Trainingsprogramm zur Stärkung von Herz und Lunge zurück, das der amerikanische Arzt Kenneth Cooper schon in den 60er Jahren entwickelt hatte.

Eine Aerobicstunde besteht aus Warm-Up, Hauptteil und Cool-Down. In der Aerobicmusik bilden acht 4/4-Takte einen Musikbogen. Der erste Schlag des ersten Taktes wird „große Eins“ genannt. An ihr orientieren sich die Schrittfolgen.

Verbreitung fand der Trend weltweit nicht nur durch berühmte Schauspielerinnen wie Jane Fonda. Auch in Zeitschriften, Zeitungen und Büchern war Aerobic Thema. Bei Fernsehsendungen wie „Enorm in Form“ (1983 bis 1984, ZDF) und dem „Tele-Gym“ (seit 1991, BR) turnten die Zuschauer die Übungen vor den Bildschirmen im heimischen Wohnzimmer nach. hela