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Der Tisch ist reich gedeckt


Autor: Marina Zimmermann

Dettelbach, Mittwoch, 17. April 2013

Der 17. April wurde bundesweit zum "Tag des Ausbildungsplatzes" ernannt. In der Pflege mangelt es oft an Bewerbern. Dabei hat der Beruf durchaus seinen Reiz.
Runder Kaffeetisch zum Thema Pflegeberufe: Richard Paul, Gerhard Waigandt , Eva Wörthmann, (Agentur für Arbeit), Bich Nga Do-Thi (Pressesprecherin von Phönix) und die Leiterin der Dettelbacher Seniorenresidenz Petra Farwick. Foto: Zimmermann


Allein im Landkreis Kitzingen standen im März dieses Jahres 360 Bewerbern gut 290 freie Ausbildungsstellen gegenüber. Richard Paul, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Würzburg hob beim gestrigen Pressetermin in der Dettelbacher Seniorenresidenz hervor, dass besonders im handwerklichen Bereich, in der Gastronomie und auch in der Pflege bereits ein akuter Mangel an Fachkräften besteht.
Schulabgänger lassen sich gerne von temporären Modeerscheinungen aus dem Fernse-hen und den Freundeskreisen beeinflussen. Gerhard Waigandt, Leiter der Berufsberatung in der Agentur für Arbeit, warnt jedoch: "Es ist sinnvoller, seinen eigenen Begabungen und Eigenschaften nachzugehen, als sich von Modeberufen locken zu lassen, bei denen man keine Zukunft hat." Paul kann dem nur beipflichten: "Qualifikationen sind heute extrem wichtig." Deshalb unterstützt die Agentur für Arbeit nicht nur Arbeitslose bei einer Umschulung, sondern auch

Schulabgänger mit professioneller Beratung. Die Arbeitgeber werden dafür sensibilisiert, nicht alles Augenmerk auf die Zeugnisse zu werden, sondern die Jugendlichen als "lohnende Investition" für die Zukunft zu sehen und dementsprechend auszubilden.

Neu Assistentinnen in Dettelbach

Die Seniorenresidenz in Dettelbach ist mit 154 Pflegeplätzen eine der größten im Landkreis Kitzingen. Aktuell werden dort neun Pflegeassistenten ausgebildet. Und die haben viel Arbeit. Petra Farwick, die Leiterin des Zentrums sagt: "Es ist leichtsinnig auszuschließen, nicht ins Heim zu kommen. Besonders die gesundheitlichen Grundlagen ermöglichen es heute vielen Familien nicht mehr, ihre Angehörigen selbst zu pflegen." Eva Wörthmann vermittelt ihr jährlich Bewerber durch die Kitzinger Agentur für Arbeit. "Der Bedarf ist enorm", bestätigt sie frei heraus.
Der Pflegeberuf hat ein eher limitiertes Image. Dabei ist die Ausbildung, allein medizinisch gesehen, anspruchsvoller als die einer Krankenschwester. Außerdem sollte man psychisch belastbar sein. Vielleicht werden deshalb viele Quereinsteiger über 30 Jahre ausgebildet, wie Ancelin Vollhals. Sie arbeitete vorher in einem Büro, bis die Firma Insolvenz anmeldete. Die 47-jährige Deutsch-Amerikanerin nahm die Gelegenheit wahr und fand in der Altenpflege ihren Traumjob.
"Das persönliche Engagement bekommt man täglich wieder zurück", sagt sie. Sie freut sich über jedes frohe Lachen, wenn sie die Bewohner der Seniorenresidenz zum Spaziergang begleitet oder mit ihnen handarbeitet, bastelt und vieles mehr. Denn Pflege bedeutet nicht nur, Krankenfälle zu betreuten, sondern auch die Freizeit der Senioren zu gestalten.


Nicht alle Bewohner sind krank und bettlägerig.


Viele wollen nur nicht mehr auf sich alleine gestellt sein. Kochen und Haushalt kann in einem gewissen Alter anstrengend werden. Auch die Einsamkeit spielt eine Rolle.
Deshalb ist es keineswegs undenkbar, dass sich auch Jugendliche für einen Pflegeberuf begeistern könnten. Lebenserfahrung ist dafür wichtig und hilfreich, aber die Bereitschaft, den Menschen ihren Lebensabend humaner zu gestalten, kann man nach der Überzeugung von Petra Farwick auch schon in jungen Jahren in sich spüren. "Ein Schnupperpraktikum kann helfen, die eigenen Vorstellungen zu realisieren."
Während der dreijährigen Ausbildungszeit wird eine sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung durch einen Mentor gesichert. In Dettelbach ist es die Diplommedizinpädagogin Marianne Gebauer. Sie hat ihren Beruf aus Sachsen mitgebracht. "Im Westen gab es so etwas noch gar nicht", erzählt sie lachend.
Edith Sommerlade kommt aus Polen. Sie ist durch ihre Schwester in die Seniorenresidenz gekommen. "Das erste Jahr war hart, aber ich bereue keinen Tag", erzählt sie. Bald ist sie mit ihrer Ausbildung zur Pflegeassistentin fertig. Aber sie will weiter machen, sich spezialisieren. Dieser Beruf ist zu ihrem Lebensinhalt geworden.