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Der steinige Weg zur Windkraft


Autor: Carmen Schmitt

Kitzingen, Montag, 18. Februar 2013

Die einen sehen sich in der Pflicht gegenüber ihren Nachkommen, die anderen befürchten zerstörte Landschaften. Windkraftanlagen im Landkreis sorgen für Zündstoff.
Karl Korteneck hat mit seiner Frau in die Windkraft investiert. Für beide ist die Anlage auf ihrem Grundstück aber mehr als nur eine Geldanlage.  Foto: Carmen Schmitt


Die dampfenden Kühltürme des Grafenrheinfelder Kernkraftwerks im Rücken waren Helga und Karl Korteneck schon immer unangenehm. Gerade einmal 30 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Kitzingen und dem AKW im Landkreis Schweinfurt. "Wenn es die Technik gibt, aus der Atomkraft auszusteigen, warum also nicht", sagt Helga Korteneck. Heute ragt auf einem ihrer Äcker ein 170 Meter hoher weißer Gigant in den nebligen Himmel. Der Durchmesser des Rotors ist beinahe so groß wie ein Fußballfeld lang.

Karl-Dieter Fuchs, Bürgermeister von Mainstockheim, ist gut ein Jahr nach dem Startschuss für den Windpark auf der Gemarkung der Gemeinde zufrieden. "Am Anfang waren einige Bürger kritisch, doch jetzt stört es schon längst keinen mehr. Das ist einfach Gewohnheitssache." Großen Unmut hatten die beiden Windräder, wie oft in anderen Gemeinden, nicht ausgelöst.

Im Gegenteil: Die Mainstockheimer haben mit anderen aus dem Umkreis sogar ihr Geld in die Anlagen gesteckt. Familie Korteneck ist eine von den etwa 100 Gesellschaftern. Ihr Grundstück wurde obendrein als Standort ausgewählt.

Kein Endlager für Atommüll

Lange haben sie abgewägt und dann entschieden, dass das Windrad auf ihrer Anbaufläche mit dem ertragreichen Boden stehen darf. " Unterm Strich haben wir dadurch keinen finanziellen Verlust, sondern durch die Pacht ein sicheres Standbein neben der Landwirtschaft", sagen die Eheleute. Ausschlaggebend seien für sie außerdem ökologische Gründe gewesen. "Einen sicheren Standort für ein Endlager für den atomaren Müll gibt es nun einmal nicht und gerade in einem Vorreiter-Staat wie Deutschland sollte man das Potential von Sonne und Wind nutzen, wenn und wo es geht."

Ähnlich sieht das auch Klaus Petter vom BUND Naturschutz der Kreisgruppe Kitzingen. "Grundsätzlich ist die Energieerzeugung durch Windkraft gut. Die Energieform hat einen sehr geringen Kohlendioxid-Ausstoß und ist besonders effektiv", sagt er. Trotzdem müsse jede geplante Anlage für sich geprüft werden. Regelmäßig gäbe es Spannungen aufgrund des Tier- und Landschaftsschutzes.

Zerstörte Landschaft?

Vor allem letzterer ist dem "Verein zur Bewahrung der Kulturlandschaft Mainfranken e. V." ein großes Anliegen. "Die Landschaft wird einfach kaputt gemacht durch die schlimme Veränderung", sagt Vereinsmitglied Albrecht Moreth. Mit etwa 20 anderen Bürgerinitiativen und Organisationen hat sich der Verein zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Forderung der Allianz "Gegenwind Nordbayern": Der sofortige Stopp des weiteren Ausbaus von Windkraftanlagen in Bayern. "Wir setzen mit der Windkraft einfach auf die falsche Technik und verunstalten damit noch unsere schöne Landschaft", sagt Albrecht Moreth.

Standorte ohne Streit

"Wir spüren diesen Gegenwind der Initiativen massiv", sagt Brigitte Ziegra-Schwärzer von der Regierung von Unterfranken. Die stellvertretende Leiterin im Gebiet Raumordnung, Landes- und Regionalplanung kümmert sich in der Region Würzburg um die Windkraft. "Wir versuchen uns in unseren Plänen auf raumverträgliche Standorte zu konzentrieren", sagt sie. Dabei will der Regionale Planungsverband und die Regierung Unterfranken möglichst wenig Konflikte lostreten. Dennoch haben sie den Auftrag, das Energiekonzept der Bundesregierung umzusetzen. "Und das wollen wir Hand in Hand mit den Bürgern und den Gemeinden."

Die Vorranggebiete im Landkreis Kitzingen werden vom Regionalen Planungsverband Würzburg geplant und von der Regierung Unterfranken festgelegt. Im Landkreis Kitzingen könnten in den zehn ausgewiesenen Bereichen mit einer Gesamtfläche von 481 Hektar etwa 48 neue Windkraftanlagen gebaut werden. Über diese Gebiete wird allerdings gerade im Hinblick auf Punkte wie Naturschutz, Luftfahrt und Wasserwirtschaft neu beraten. Im Sommer soll das Ergebnis folgen. Auch der vorgeschriebene Abstand von Anlagen zu Wohnhäusern soll von 800 auf 1000 Metern erhöht werden. Gut möglich also, dass sich die Zahl der festgelegten Vorranggebiete im Kitzinger Landkreis verringert und weniger Anlagen gebaut werden können.

Repowern!

Dem Umweltschutzverband BUND Naturschutz ist ohnehin wichtiger, die bestehenden Windräder aufzurüsten, statt neue Standorte zu ergründen. "Wir müssen repowern, also alte Windkraftanlagen mit neuen Turbinen aufrüsten", sagt Klaus Petter.

Nach knapp einem Jahr in Betrieb könnten Helga und Karl Korteneck noch kein Resümee ziehen. "Unterschreiben würde ich aber wieder", sagt die gelernte Großhandelskauffrau. "Schließlich muss man auch an die nächste Generation denken: unsere Kinder und deren Kinder."