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Der Stecker mit Zukunft wird in Kitzingen getestet


Autor: Sabine Paulus

Kitzingen, Montag, 04. Februar 2013

Bislang war die Verunsicherung beim Thema E-Mobilität groß. Nun will die EU den Umstieg auf saubere Fahrzeuge forcieren. Mitarbeiter des Landratsamtes machen den Praxistest.
Belectric-Mitarbeiter Yusuf Akdeniz zeigt den siebenpoligen Stecker vom Typ 2, den in Zukunft alle Elektroautos haben sollen. Foto: Sabine Paulus


Nur ein Summen, sonst nichts. Fast lautlos gleitet das E-Mobil des Landratsamtes durch die Innenstadt, auch wenn Uwe Knickel aufs Gas tritt. Der Renault liegt stabil auf der Straße. "Das ist wie Autoscooter fahren", beschreibt der Veterinär des Kitzinger Gesundheitsamtes das Gefühl, ein Elektromobil zu steuern, und sieht dabei zufrieden aus.
Nach der Rückkehr in den Hof des Behördengebäudes schließt Hausmeister Benedikt Endres das Fahrzeug an die Stromtanksäule an. Yusuf Akdeniz schaut ihm dabei zu. Akdeniz ist bei Belectric Drive GmbH zuständig fürs Kundenmanagement. Die Firma hat sich im Innopark in Kitzingen niedergelassen und arbeitet an der Energiewende mit. Akdeniz' Leidenschaft sind die E-Mobile, diese leise surrenden Fahrzeuge mit dem großen Stecker auf dem Lack.
Elektromobilisten müssen ihre Fahrten gut planen, um nicht liegen zu bleiben.

Aber ihre Fahrzeuge helfen mit, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren und sind dafür zehn Jahre lang von der Kfz-Steuer befreit.

In Kitzingen wurden die ersten Schritte unternommen, die notwendige Infrastruktur aufzubauen. So haben die Licht-, Kraft- und Wasserwerke Kitzingen GmbH und die Stadt Kitzingen am 23. Mai 2011 gemeinsam die erste Stromtanksäule in Kitzingen eröffnet. Standort der Tankstelle ist der Parkplatz am Alten Krankenhaus (erreichbar über die B 8), wo die Stadt Kitzingen für elektrisch angetriebene Fahrräder, E-Bikes oder Pkw während des Ladevorgangs zwei kostenfreie Parkplätze spendiert. Fahrzeuge können sowohl über die übliche Schuko-Steckdose (16 A, 230 V), als auch einen siebenpoligen Stecker Typ 2 (32 A, 400 V) geladen werden.

Bedient wird die Lädesäule mit einem elektronischen Chip in Form eines Schlüsselanhängers, der den Zugriff auf die Steckdose autorisiert. Aktuell haben die LKW elf Chips für ihre E-Mobil-Kunden ausgegeben. Herbert Linz, zuständig für den Energie-Vertrieb, weiß aber nur von drei Kunden, die regelmäßig Strom tanken. Er schätzt, dass die anderen weiter weg wohnen. "Die Akzeptanz ist recht verhalten, obwohl nach wie vor kostenlos getankt werden kann", lautet Linz' Bilanz. Auch Belectric betreibt eine Stromsäule in der Nähe der Alten Mainbrücke - nur ein kleiner Baustein des Angebotes dieses Unternehmens. Es verleiht in ganz Deutschland E-Autos.
Allmählich steigt die Zahl der E-Mobilisten. Damit sie überhaupt mit ihren Autos fahren können, werden in den Städten wie in Kitzingen auch Stromtankstellen aufgestellt. Die Europäische Kommission will die E-Mobilität fördern. Das Gremium hat am 24. Januar ein Maßnahmenpaket zum Aufbau alternativer Tankstellen in ganz Europa angekündigt. Wie das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien meldet, sollen so viele Ladestationen aufgestellt werden, dass es sich für die Industrie lohnt, Elektroautos in Massenproduktion und damit zu vertretbaren Preisen herzustellen. In Deutschland sind 150.000 Stromzapfsäulen geplant. Zudem will die EU, dass die Stecker einheitlich werden, um die auf dem Markt herrschende Unsicherheit zu beenden: der Stecker vom "Typ 2" wurde zur gemeinsamen Norm für ganz Europa erklärt.

Im Kitzinger Landratsamt beobachtete man die Entwicklung genau und entschied sich zu einer Testphase. Im Dezember 2010 hat sich der Landkreis das erste Elektroauto von der Firma Belectric geleast. Dieser Wagen mit Lithiumbatterie war noch eine Herausforderung. Denn wegen des Memory-Effekts tat man gut daran, die Batterie vor dem Tanken erst zu entleeren. Mit der Restladung zu fahren, sei riskant gewesen, erinnert sich Uwe Knickel. Wenn die Batterie nur noch zu 40 Prozent mit Strom gefüllt war, stellte das Auto auf Sparbetrieb um und reduzierte eigenständig die Höchstgeschwindigkeit. "Auf der Schnellstraße zwischen Würzburg und dem Mainfrankenpark war das schon schlecht, wenn man plötzlich unter 90 Stundenkilometer fuhr", berichtet Dr. Knickel. Der Amtstierarzt ließ es lieber sein, mit dem Elektroauto zu Kontrollen auf Bauernhöfen im Geiselwinder Gemeindegebiet zu fahren. Dennoch musste er einmal bei einem Metzger mittels Ladetrommel und Schukostecker notladen.
Im November 2011 löste das nächste Elektroauto das Vorgängerfahrzeug ab. Und erst seit wenigen Tagen haben die Mitarbeiter ein Fahrzeug der neuen Generation, von dem nun alle Nutzer begeistert sind. Das Tanken dauert nicht mehr mehrere Stunden lang, sondern ist nach einer erledigt."Dieses Auto hat eine höhere Reichweite und mehr Einsatzmöglichkeiten", sagt Uwe Knickel. "Die Kinderkrankheiten sind überwunden", findet er.