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Der beschwerliche Weg aus dem Drogenmilieu


Autor: Carmen Schmitt

Kitzingen, Donnerstag, 04. April 2013

Anstatt sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen, betäubte ein 18-jähriger Schüler seine Sorgen mit Drogen - und steckt noch immer in Schwierigkeiten.


Es war wohl alles zu viel für den damals 18-Jährigen. Mit der Ausbildung hat es nicht so geklappt, wie er es sich vorgestellt hatte und dann hatte er noch eine Gerichtsverhandlung wegen Fahrerflucht am Hals. Statt seine Probleme anzugehen, wollte er sie einfach nur vergessen. Als er in der Berufsschule dann an die falschen Leute geriet, war sein Schicksal praktisch vorprogrammiert.

Der junge Mann schlitterte ins Drogenmilieu. Einmal bei einem Freund probiert, ging alles ganz schnell. So gut wie täglich rauchte er seitdem Haschisch. Er hing an seinem Stoff und für Nachschub war schnell gesorgt. Einige hundert Euro hat er zwischen März und Juli im vergangenen Jahr für Gras ausgegeben. Dabei ging viel von seinem gesparten Geld drauf. 30 Gramm: seine größte Bestellung. Alles für den Eigenbedarf. "Zwischendurch habe ich auf Vorrat gekauft", sagt der junge Mann.

Folgsam antwortet der Angeklagte auf alle Fragen.

Er spricht ruhig und leise. Sein Mund bewegt sich dabei kaum. Die Miene verzieht er nicht. Seine Schultern hängen tief.

Zu stolz für Hilfe

Er weiß, dass seine Drogeneskapaden nicht in Ordnung waren: "Das war echt Mist." Mit dem Hasch ist er damals besser mit seiner Situation zurechtgekommen, erklärt er. Wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort saß er auf der Anklagebank. Noch während er seine Strafe dafür verbüßte und den Hilfsdienst ableistete, begann er Haschisch zu rauchen.

"Es hat mir geholfen, manche Sachen zu vergessen und besser einzuschlafen." Professionelle Hilfe wollte er nicht annehmen, das war ihm peinlich, er hätte sich geschämt. Der Staatsanwalt zeigt dafür allerdings kein Verständnis: "Hätten Sie sich professionell helfen lassen, hätten Sie nicht so dumm ausgesehen, wie jetzt mit einer Verurteilung." Genau davor hat der junge Mann nun Angst. Hat er doch einen Ausbildungsvertrag in den Händen und der Beruf macht ihm Spaß.

Schluss mit den Drogen

Seit August 2012 ist Hasch für ihn kein Thema mehr. Auch den Kontakt zu seinen vermeintlichen Freunden hat er abgebrochen. Weil er vor Gericht alles zugibt und auspackt, wurde er von einem seiner Dealer sogar bedroht. Dafür hat der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine einfache Erklärung: "Sie müssen sich schon im Klaren darüber sein, dass, wenn Sie sich in diesem kriminellen Dunstkreis aufhalten, der nette Typ mit dem Joint das nächste Mal auch mal mit dem Messer dasteht."

Der Angeklagte will in Zukunft nichts mehr mit dem Thema Drogen zu tun haben. Aus eigener Kraft hat er es geschafft, aufzuhören. "Ich wollte meine Eltern nicht mehr enttäuschen und habe gemerkt, dass es einfach Schwachsinn ist." Im Nachhinein wüsste er nicht, was er sich dabei gedacht hätte. Könnte er es heute anders machen, würde er erst gar keinen Kontakt zu diesen Leuten aufbauen.

Seine Eltern stehen hinter ihm. Mit seiner Familie wohnt der Angeklagte noch zusammen. Der Jugendgerichtshelfer glaubt, dass er in geordneten Verhältnissen lebt, aber noch wenig Verantwortung übernimmt und die Schuld oft nicht bei sich selbst, sondern bei anderen sucht.

Ins echte Leben finden

Der Staatsanwalt empfindet den jungen Mann als unreif und lässt keine Ausreden durchgehen: "Jeder hat einmal Probleme, die er bewältigen muss. Gerade in einem solch behüteten Elternhaus sollte es eigentlich keine Gründe geben, zu illegalen Mitteln zu greifen." Es sei nun für den Angeklagten wichtig, ins Berufsleben hineinzufinden und das echte Leben kennen zu lernen. Deshalb plädiert der Staatsanwalt darauf, von einer Freiheitsstrafe abzusehen.
Der Verteidiger betont, wie schwierig es für Jugendliche in dem Alter ist, sich den Eltern zu öffnen. "Die Unfallgeschichte hat ihn letztlich so belastet, dass er in die Drogenszene reingerutscht ist." Das Urteil solle deshalb nur ein Warnschuss für den Angeklagten sein.
Nachdem sich der Richter fast 20 Minuten mit den beiden Schöffen beraten hat, ergeht das Urteil: Eine Woche Jugendarrest, 80 Stunden sozialer Hilfsdienst und regelmäßiges Drogenscreening über einen Zeitraum von einem Jahr. Der Richter hält den jungen Mann für schuldig und will ihm eine "erzieherische Maßnahme" auferlegen. "Die Nachweise sollen ihn unterstützen. Er kann beweisen, dass es ihm ernst ist." Das Urteil sei an der Grenze zur Jugendstrafe, das soll er im Hinterkopf behalten. Beim nächsten Mal würde das sicher anders aussehen. bcs