Das Judentum und der Wein
Autor: Bearbeitet von Herbert Kriener
Sulzfeld, Montag, 25. November 2019
Josef Schuster zu Gast beim "Niederfall" des VDP-Franken in Sulzfeld. 28 Weingütern zu Gast im historischen Rathaus.
Mit dem „Niederfall“ feiern die fränkischen VDP-Prädikatsweingüter alljährlich ihr Erntedankfest. Diesmal trafen sich die Winzer aus 28 Weingütern mit Qualitätsanspruch im historischen Rathaus in Sulzfeld. Bürgermeister Gerhard Schenkel warf bei der Begrüßung einen Blick in die Geschichte der Weinbaugemeinde, die auf das Jahr 1007 zurückgeht.
Das Rathaus hatte Würzburgs Fürstbischof Julius Echter 1609 errichten lassen. In dessen denkmalgeschütztem Ratsam begrüßte Robert Haller, Leiter des Bürgerspitals zum Hl. Geist in Würzburg und seit zwei Jahren Vorsitzender des VDP-Franken, seine Winzerkollegen und weinbewanderte Gäste aus ganz Deutschland. „Wir wollen den Traubenadler als unser Markenzeichen noch mehr in das Bewusstsein der Menschen bringen“, kündigte Haller an und freute sich darüber, dass fränkische VDP-Winzer auch in diesem Jahr wieder renommierte Preise auch international geholt haben.
Menü vom Sternekoch
Höhepunkt des Abends war vor dem Weinmenü von Sternekoch Bernhard Reiser der Vortrag von Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Der Würzburger Arzt sprach über den jüdischen Weinhandel in Franken und die Bedeutung des Weins im Judentum. Er erinnerte daran, dass der Bayerische Landtag es den Juden erst 1861 ermöglicht habe, ihren Wohnort frei zu wählen und sich in Städten anzusiedeln. Der damalige Kitzinger Bürgermeister Andreas Schmiedel habe seinerzeit Juden ermuntert, sich in Kitzingen niederzulassen. Er erhoffte sich durch sie einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Stadt.
Die in die Stadt zugewanderten Juden enttäuschten diese Hoffnung nicht. Ein großer Teil engagierte sich im Weinhandel, was andere Erwerbszweige nach sich zog und dem Stadtsäckel komfortable Steuereinnahmen verschaffte. Kitzingen wurde, so Schuster, sehr bald ein bedeutendes Weinhandelszentrum. 1906 habe es in Kitzingen 52 jüdische und 50 christliche Weinhändler gegeben – und das bei einer jüdischen Bevölkerung von weniger als 500 Menschen.
Mit der Machtübertragung an die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurden Juden in rasanter Geschwindigkeit aus dem Wirtschaftsleben vertrieben, aus der Gesellschaft ausgegrenzt und schikaniert. Wem es nicht gelang, der Nazi-Barbarei in letzter Minute zu entkommen, wurde ab 1941 in die Todeslager der Nazis deportiert. Nur sehr wenige überlebten den Massenmord.
Alte Mythen
Hatten in der Weimarer Republik noch 600 000 Juden in Deutschland gelebt, so war es nach der Schoa nur wenig mehr als eine Handvoll. Bis 1990 zählte die jüdische Gemeinschaft in der Bundesrepublik weniger als 30 000 Mitglieder.
Das änderte sich erst, als nach dem Ende der Sowjetunion nach Deutschland geflüchtete Juden hier ein ständiges Niederlassungsrecht erhielten. Inzwischen haben wir knapp 100 000 Mitglieder in den jüdischen Gemeinden in Deutschland. Zum Vergleich erinnerte Schuster daran, dass an die fünf Millionen Muslime in Deutschland leben. Dennoch werde den Juden von gewissen Kreisen ein ungeheurer Einfluss zugeschrieben. Alte Verschwörungsmythen von der Weltmacht des Judentums finden sich vor allem im Internet zu Hauf, so Schuster. Als Folge dieser Hetze sieht Schuster den jüngsten Anschlag auf eine Synagoge in Halle, bei dem zwei Menschen starben.