Druckartikel: Betrug war eher ein Missverständnis

Betrug war eher ein Missverständnis


Autor: Siegfried Sebelka

Kitzingen, Freitag, 27. Sept. 2019

Aus dem Gericht: Für einen 28-Jährigen hat sich der Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen Betrugs gelohnt – Verfahren eingestellt
Gegen Strafbefehle Einspruch zu erheben kann sich mitunter lohnen, wie jetzt ein Fall am Kitzinger Amtsgericht zeigte-


Dass man als Empfänger sozialen Leistungen seinen Meldepflichten schnell und ganz genau nachkommen sollte, hat jetzt ein 28-Jähriger erfahren. Ihm flatterte ein Strafbefehl ins Haus. Betrug wurde ihm vorgeworfen. Er soll die Agentur für Arbeit um rund 215 Euro Arbeitslosengeld betrogen haben. Er legte Einspruch ein und hatte Erfolg. Das Amtsgericht stellte das Verfahren ein. Einzige Auflage: Er muss innerhalb von sechs Monaten die 215 Euro zurückzahlen.

Gibt es einen Einspruch gegen einen Strafbefehl, kommt es zu einer öffentlichen Verhandlung. Das ist so etwas wie das tägliche Brot am Amtsgericht in Kitzingen. Nicht immer haben die Einsprüche Erfolg. Oft werden sie zurückgenommen, wenn sich abzeichnet, dass die Strafe am Ende der Verhandlung höher ausfallen könnte als die im Strafbefehl ausgewiesene. Manchmal erledigt sich die Sache auch ganz schnell.

Anzeige ist die Regel

Wie im Fall des jungen Mannes, dem die Anklage vorhielt, während des Bezugs von Arbeitslosengeld  gearbeitet und dies der Agentur für Arbeit nicht gemeldet zu haben. 215 Euro hat ihm die Agentur überwiesen, auf die er keinen Anspruch hatte. Wird so etwas bekannt, ist eine Anzeige ebenso die Regel wie eine Anklage wegen Betrugs.

"Ich weiß, dass ich im Endeffekt selbst schuld bin", sagte der 28-Jährige und betonte, dass er nie jemanden betrügen wollte. Der Vater von zwei kleinen Kindern hatte Ende Oktober 2018 seinen Job verloren und 14 Tage lang Arbeitslosengeld bezogen. Sofort hat  er sich um eine neue Arbeitsstelle bemüht. "Ich muss zwei Kinder unterhalten, ich kann es mir nicht leisten, nicht zu arbeiten", sagte er dem Gericht.

Er wurde in einem Zentrallager fündig, stellte sich vor, arbeitete zur Probe und trat wenig später zum Dienst an. Da aber stellte sich heraus, dass die Umstände nicht passten. "Ich kann wegen der Kinder nur in der Frühschicht arbeiten", sagte er seinem Vorgesetzten, der erst am zweiten Tag erreichbar war. Obwohl er da schon mehrere Stunden gearbeitet hatte, war das Thema für ihn erledigt. Er fand einen anderen Job.

Nicht sofort gemeldet

Dass der Kurzzeitarbeitgeber ihm später dennoch Geld überwies, wurde ihm dann zum Verhängnis. "Ich habe nicht damit gerechnet, hatte weder einen Vertrag in der Tasche noch was unterschrieben", sagte er. Dass er die Überweisung nicht sofort gemeldet hat, war sein Fehler. Aber ein eher verzeihlicher – da waren sich der Staatsanwalt und das Gericht einig, zumal der Mann schon damit begonnen hat, den Schaden in Raten wieder gut zu machen.

So kam denn auch der Vorschlag des Staatsanwalts, die Sache einzustellen unter der Auflage, die 215 Euro in sechs Monaten zu überweisen. "Das sehe ich genauso", sagte die Richterin, "so lässt sich die Sache aus der Welt schaffen!"