Druckartikel: Bei Polyprocess in Rödelsee wird alles dicht

Bei Polyprocess in Rödelsee wird alles dicht


Autor: Sabine Paulus

Fröhstockheim, Dienstag, 26. Februar 2013

Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, warum empfindliche Bauteile in Kraftfahrzeugen nicht von Wasser oder Schmutz beschädigt werden. Die in Fröhstockheim produzierende Firma Polyprocess sorgt mit ihren Dichtungen dafür.
Nicole Bonic hat ein Bauteil zur Kontrolle in das Gerät geschoben, das mit Hilfe von Luftdruck die Dichtigkeit der Schaumasse prüft.  Foto: Sabine Paulus


Haben Sie schon mal überlegt, was passiert, wenn Sie eine Autotür zuschlagen - physikalisch gesehen? Ganz plötzlich wird die im Auto befindliche Luft zusammengepresst und entweicht über ein Bauteil im Kofferraum. Die meisten Autofahrer dürften gar nichts von dieser Heck-Entlüftung wissen, sie ist auch kaum zu sehen. Das Teil hat Kunststofflamellen, die sich nur in einer Richtung bewegen, und zwar nach außen. Von draußen kann nichts eindringen, kein Nebel, kein Regen. "Gäbe es diese Entlüftung nicht, täten Ihnen die Ohren weg beim Tür zuschlagen oder Sie würden die Tür gar nicht zubekommen", sagt Frank Schuhmann, der Betriebsleiter der Firma Polyprocess Kunstharzverarbeitung GmbH in Fröhstockheim.



Viele dieser Heckbauteile sind durch Schuhmanns Betrieb gegangen. Die Firma ist als reiner Lohnverarbeiter dafür zuständig, Bauteile für ihre Kunden zu veredeln, genau gesagt, abzudichten.

CNC-Roboter scannen die Konturen der zu bearbeitenden Kunststoff- oder Metallteile ab und applizieren die zuerst noch flüssige Dichtungsmasse genau dosiert auf die Bauteile. Je nach Einsatzort wird diese verhärtet und verdichtet beziehungsweise aufgeschäumt.



Schuhmann zeigt Beispiele: In die Batterieabdeckung eines Elektrostaplers darf kein Wasser eindringen, in das Heckschloss eines A-Klasse-Pkw kein Dreck von der Straße. Teile in Bremsen müssen selbst vor Staub abgedichtet sein.

Als Dichtungsmaterialien werden überwiegend Polyurethane und Silikone eingesetzt. Sie werden als Schaum oder als so genannte Kompaktmasse verarbeitet. "Die Materialien, die wir einsetzen, haben eine Konsistenz zwischen zähflüssigem Honig und festerer Zahnpasta. Manche Materialien bleiben aber auch weich wie Gel", sagt Frank Schuhmann.

Er verdeutlicht den Unterschied zwischen Schaum und Kompaktmasse, indem er durch ein Stück Dichtung schneidet. Beim Schaum fallen sofort die unzähligen kleinen Blasen auf. Während des Ausreagierens dehnt sich das Volumen aus und die Masse steigt auf. Keine Lufteinschlüsse gibt es dagegen bei den Kompaktmaterialien. Sie verändern ihr Volumen auch nicht. Teile mit diesen kompakten Dichtungen müssen bei hoher Temperatur (zirka 150 Grad) mindestens eine Viertelstunde lang in einem Ofen ausgehärtet werden.

Die Hauptkunden
Hauptkunden sind zu 70 Prozent die Automobilindustrie. Die restlichen 30 Prozent der Abnehmer sind der Maschinenbau, Hersteller weißer Ware wie Waschmaschinen und Unternehmen der Sparte Erneuerbare Energien. Deutschland- beziehungsweise europaweit umfasst der Kundenkreis alle großen Systemlieferanten der Automobilindustrie wie zum Beispiel Siemens oder Bosch, aber auch Autohersteller direkt wie Porsche.

1993 wurde die Firma Polyprocess in Kitzingen gegründet. Start war in der Heinrich-Fehrer-Straße. Dann wurde der Betrieb Nachbar der Firma Rathgeber im Holländer Weg, schließlich mietete man eine Produktionshalle dazu. 1999 erwarb Polyprocess ein Grundstück im neuen Rödelseer Gewerbegebiet im Ortsteil Fröhstockheim und stellte einen Neubau auf die grüne Wiese. "Damals waren wir einer der ersten produzierenden Betriebe in Fröhstockheim", erzählt Frank Schuhmann. Umzug und Produktionsstart waren 2000.

Der Betrieb ist inhabergeführt. Die beiden Gesellschafter Hermann Block und Frank Schuhmann haben sich ihre Arbeitsschwerpunkte aufgeteilt. Block kümmert sich um Neuentwicklungen, Schuhmann macht "das tägliche Geschäft", wie er sich ausdrückt. Und das läuft im Zwei-Schicht-Betrieb. Die 25 Mitarbeiter bedienen die Kunden sowohl bei kleinen Bedarfsmengen von wenigen tausend Teilen als auch bei mehreren Millionen Bauteilen. Polyprocess hält stets ausreichend Anlagekapazitäten frei, um in kürzester Zeit mit einer Serienfertigung beginnen zu können.

Und da laufen Kunststoffgehäuse, Zahnriemenabdeckungen und Druckgussformen durch die Produktionshalle, von denen sich der Laie nicht träumen lässt. "Es gibt Teile im Auto, von denen kaum einer weiß, dass sie da drin sind", sagt Frank Schuhmann schmunzelnd.