Bald neue Promillegrenzen für Fahrradfahrer?
Autor: Carmen Schmitt
Kitzingen, Donnerstag, 06. Juni 2013
Die Promillegrenze für Fahrradfahrer soll gesenkt werden. Ist Alkohol am Lenker genau so gefährlich wie Alkohol am Steuer? Fachleute aus der Region sind skeptisch.
Auf geht's zum Weinfest. Der ein oder andere Schoppen fließt, das Bier schmeckt herrlich kühl. Das Auto bleibt stehen, das ist klar. "Aber mit dem Fahrrad, das geht schon." Viele nehmen das auf die leichte Schulter und steigen mit Alkohol im Blut auf den Sattel. Geht es nach den Innenministern der Länder, sollte die Promillegrenze für Radfahrer von aktuell 1,6 nach unten korrigiert werden.
Werner Rensinghoff warnt davor, das Problem zu verharmlosen. Er ist Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e. V. (ADFC), Kreisverbands Kitzingen. Nach den Weinfesten in der Region weichen Fahrradfahrer gern auf Nebenstraßen aus, erzählt er. Sind dort dann auch Auto- oder Traktorfahrer unterwegs, komme es schnell zu gefährlichen Situationen.
Auto nicht wie Fahrrad
Den Promillewert kurzerhand dem Niveau anzugleichen, das für Autofahrer gilt, sei aber nicht sinnvoll, sind sich Experten einig. "Der Kfz-Verkehr ist mit dem Radverkehr nicht vergleichbar", sagt Andreas Hölzel vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club e. V. (ADAC). Schließlich gelten für Fahrradfahrer andere Anforderungen an den Verkehr, sagt Hölzel. "Man muss differenzieren." Werner Rensinghoff befürchtet, dass auch die Hemmschwelle sinken könnte und sich die Menschen dann eher ins Auto setzen, wenn der Grenzwert ohnehin gleich wäre.
Bei Autofahrern liegt die Promillegrenze schon bei 0,5. Ab einem Blutalkoholgehalt dieser Höhe drohen dem Fahrer Fahrverbot, Bußgeld und Punkte. Als absolut fahruntüchtig wird ein Kraftfahrer mit 1,1 Promille angesehen. Für Fahranfänger, Bus- oder Taxifahrer ist die Null-Promille-Grenze gültig.
Autofahrer sind größere Gefahr
Für Fahrradfahrer gelten andere Regeln, und das ist auch gut so, findet René Filippek vom ADFC: "Ein betrunkener Fahrradfahrer kann weniger Schaden verursachen, als ein Autofahrer, der Alkohol getrunken hat. Ein Autofahrer muss bewusstere Entscheidungen treffen." Für die Allgemeinheit stelle der Pkw-Fahrer eine größere Gefahr dar. Beim Radler sei eher das Risiko hoch, sich selbst zu verletzten, meint Filippek. Werner Rensinghoff betont: "Auch wenn sich Fahrradfahrer auf dem Fahrradweg begegnen, kann es richtig gefährlich werden.
"Einfach so kann man die Promillegrenze sowieso nicht herunter schrauben", sagt Filippek. Der Fahrrad-Club empfiehlt, ähnlich wie bei Autofahrern zu verfahren. "Es könnte ein Gefährundsgrenzwert eingeführt werden. Und die Grenze bei einem Wert von 1,1 Promille angesetzt werden." 80 Prozent der alkoholbedingten Radunfälle passieren ab einem Promillewert von 1,0, erklärt René Filippek die Grenze, für die sich der ADFC ausspricht.
"Grundlagen fehlen"
"Wichtig ist, dass die Behörden die Grenzwerte wissenschaftlich überprüfen lassen", sagt Andreas Hölzel vom ADAC. Ins Blaue hinein die Promillegrenze neu festzusetzen, davon hält er nichts. "Bisher fehlen die Grundlagen." Außerdem müsse auch die Kontrolldichte erhöht werden, damit das Ganze nicht ins Leere läuft.
Dass sich etwas an dem Wert ändern soll, da waren sich die Minister bei der Innenministerkonferenz einig. Die fand vom 22. bis 24. Mai in Hannover statt. Der Bundesverkehrsminister hat eine klare Haltung zum Alkoholkonsum von Radfahrern. "Wer 1,6 Promille im Blut hat, gehört nicht auf ein Fahrrad", sagte Peter Ramsauer (CSU) der "Bild am Sonntag". Für einen genauen Grenzwert sprachen sich die Innenminister bei ihrer Konferenz aber nicht aus.
Dagegen vertritt die Polizei eine direkte Meinung. Alkohol hat für sie im Straßenverkehr generell nichts verloren. "Egal ob als Autofahrer oder Fahrradfahrer", schreibt Roland Volpert, Kriminalhauptkommissar beim Polizeipräsidium Unterfranken. "Das gilt völlig unabhängig von jeglichen durch die Rechtssprechung festgelegten Promillegrenzen."
Mehr Verkehr auf Radwegen
Gerade weil der Radverkehr in Zukunft zunehmen wird, entsteht die Diskussion um neue Grenzwerte, meint Hölzel vom ADAC. Es sei nach Ansicht von René Filippek vom Fahrrad-Club aber nicht akut, da die Zahl der verunglückten Radfahrer in den vergangenen Jahren eher zurück ging. Je 1000 Unfälle waren 2011 im Schnitt 45 betrunkene Radfahrer beteiligt. Vor sechs Jahren waren es noch zehn mehr. "Es ist ein Problem, aber eigentlich jetzt ohne Anlass."
