Astheimer mittendrin in der Entwicklungshilfe
Autor: Peter Pfannes
Astheim, Dienstag, 16. Oktober 2012
24 Mitglieder hat der Verein Tabanka. Im westafrikanischen Land Guinea-Bissau leisten sie jede Menge. Ihr jüngstes Projekt brachte den Bewohnern eines kleinen Dorfes Licht.
Früher war es auf dem Dorfplatz von Baceor stockdunkel, sobald die Sonne untergegangen war. Seit eine Straßenlaterne in dem abgelegenen westafrikanischen Dorf nach Einbruch der Nacht für Helligkeit sorgt, sind die Menschen dort überglücklich.
Hell und Dunkel hielten sich bisher in etwa die Waage, weil die kleine Ortschaft in Guinea-Bissau nahe am Äquator liegt. Weil der Verein "Tabanka e.V." das Lampenprojekt finanziell ermöglichte, hat sich das harte tägliche Leben in Baceor verbessert.
Hilfe zur Selbsthilfe
Seit fünf Jahren engagiert sich "Tabanka" für die Menschen in Westafrika. Die Astheimerin Sonja Prexler-Schwab ist die Vorsitzende des kleinen Vereins, zu dessen Mitgliedern auch ihr Ehemann Arnold Schwab zählt. "Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe in den Dörfern in Guinea-Bissau geben", erklärt die praktizierende Ärztin das Bestreben ihrer Vereinigung.
Baceor ist ein kleines Dorf von Reisbauern im Norden von Guinea-Bissau. Vom Wunsch nach einer Straßenlaterne waren Sonja Prexler-Schwab und die ehrenamtlich tätigen "Tabanka"-Mitglieder erst einmal überrascht. "Wir als Westeuropäer konnten uns diesen Wunsch irgendwie nicht vorstellen", sagt die Ärztin.
Eine Laterne als große Hilfe
Dass eine Straßenlampe auf dem Dorfplatz Sinn macht, lernten die Schwabs im vergangenen Jahr bei ihrem Besuch in Baceor kennen. Die lichtstarke Solarlampe sei eine enorme Aufwertung für das Dorf, sagt Prexler-Schwab. Die Lampe erhelle bei Einbruch der Dunkelheit den Dorfplatz und sorge damit für ein völlig neues Lebensgefühl bei den Einheimischen.
Baceor habe wie viele andere kleine Dörfer mit Landflucht zu kämpfen. In und um das Gemeinschaftshaus am Dorfplatz ist jetzt am Abend immer etwas los und man kann sogar mal eine Disco veranstalten. Die Leute in den umliegenden Dörfern blicken etwas neidisch nach Baceor. Sie hätten auch gerne so einen beleuchteten, öffentlichen Treffpunkt. Neben der Dorfplatzlaterne hat "Tabanka" auch 1250 kleine Solarlampen gefördert. Mit ihrem Licht lassen sich am Abend die Hausaufgaben machen oder der Haushalt erledigen.
"Wenn man die Dörfer attraktiver macht, dann kann man vielleicht die Abwanderung der jungen Leute in die Städte etwas schmälern", weiß Arnold Schwab. Der Diplom-Landwirt leistete vor über 25 Jahren dreieinhalb Jahre Entwicklungshilfe in Guinea-Bissau. Seine Ehefrau Sonja begleitete ihn damals und arbeitete als Ärztin in dem westafrikanischen Land, das zu den zehn ärmsten Ländern der Erde zählt. Schnell lernten die Schwabs die Landessprache Criolo, eine Art einfaches Portugiesisch. Nach der Heimkehr herrschte viele Jahre "Funkstille" zwischen Astheim und Guinea-Bissau.
Einmal im Jahr nach Westafrika
Zunächst standen bei Sonja Prexler-Schwab die Erziehung ihrer vier Kinder und ihre Arztpraxis in Astheim im Vordergrund, wobei sie der Gedanke, wieder einmal nach Westafrika zurückzugehen, nie losließ. "Ich wollte aber nicht als Touristin zurück nach Guinea-Bissau, sondern ich wollte dort etwas arbeiten." Als dann in Guinea-Bissau ein naturheilkundlicher Verein in Anlehnung an Caritas gegründet wurde und sich "Ehemalige" an dem Projekt beteiligten, war Prexler-Schwab wieder dabei.
Ihr Hauptziel: Möglichst unabhängig von der "westlichen Medizin" zu werden. Seitdem fährt Prexler-Schwab, die heute als Homöopathin praktiziert, mindestens einmal pro Jahr nach Westafrika. In Guinea-Bissau unterrichtet sie Naturheilkunde, bildet Hebammen aus und hilft den Leuten bei der Verarbeitung von lokalen Heilmitteln samt Qualitätskontrolle. "Mittlerweile haben wir eine naturheilkundliche Apotheke eingerichtet, Gesundheitszentren renoviert und Schul- und Heilpflanzengärten angelegt. Da hat sich also Einiges getan."
Ein vielseitiger Baum
Guinea-Bissau besitzt einen wertvollen Schatz in Sachen Natur: Den Moringabaum. Seine Blüten helfen als Medikament, seine Blätter und Früchte dienen als hochwertige Nahrung und können für eine effektive Behandlung der Unterernährung eingesetzt werden. Moringablätter in Pulverform enthalten sehr viel Eiweiß, Mineralstoffe und Vitamine. Die getrockneten Kerne der Moringafrucht machen aus qualitativ minderwertigem Wasser gutes Trinkwasser. "Unser Wunsch ist es, dass in möglichst vielen Dörfern der Moringabaum gepflanzt und genutzt wird", erläutert Arnold Schwab das derzeitige Moringaprojekt.
24 Vereinsmitglieder
Um die finanziellen Grundlagen für "Hilfe zur Selbsthilfe" zu schaffen, gründeten die Schwabs 2007 den Verein "Tabanka" (Dorf). Regelmäßig treffen sich die Vereinsmitglieder - zwölf Frauen und zwei Männer -, um Taschen, Lavendelsäckchen, Traubenkernkissen und andere Sachen zu nähen. Die Gegenstände werden dann auf Märkten und beispielsweise am Afrika-Festival verkauft.
Ein bisschen stolz dürfen die Tabanka-Leute schon sein, haben sie in den vergangenen fünf Jahren immerhin 136 000 Euro für Projekte in Guinea-Bissau zur Verfügung gestellt. "Wir wollen anderen Menschen ein Beispiel geben, dass man im kleinen Rahmen und mit einfachen Mitteln etwas erreichen kann", erklärt die Vereinsvorsitzende.
Ihr sind die Menschen in dem afrikanischen Land sehr ans Herz gewachsen. Die Ärztin schwärmt von der Herzlichkeit der Menschen: "Man kommt nach 20 Jahren zurück und einer aus dem Dorf, der dich noch kennt, fällt Dir einfach um den Hals." Auch in Zukunft wollen Prexler-Schwab und ihre Mitstreiter die Guinenser bei der Verwirklichung ihrer Ziele unterstützen. "Die Vorschläge kommen nicht von uns, sondern von den Einheimischen," sagt sie - Hilfe zur Selbsthilfe eben.