Druckartikel: Angst vor unsichtbaren Bomben in Kitzingen

Angst vor unsichtbaren Bomben in Kitzingen


Autor: Diana Fuchs

Kitzingen, Donnerstag, 17. Januar 2013

Was man nicht sieht, kann man schwer einschätzen. Deshalb ist die potenzielle Gefahr durch Blindgänger noch immer ein Hemmschuh in der Harvey-Entwicklung.


Wie viel Sicherheit ist genug? Wenn die Antwort auf diese Frage so einfach wäre, dann wären die Verhandlungen schon abgeschlossen. Dann wäre die 200 Hektar große, frühere US-Kaserne "Harvey-Barracks" längst verkauft. Und wahrscheinlich wären alle - Stadt, Bürger, Investor - glücklich. So aber sorgte die potenzielle Gefahr durch Bombenblindgänger kurz vor Weihnachten für explosive Stimmung. Die schon sicher geglaubte Zukunft von Harvey als Gewerbegebiet schien plötzlich wieder offen. Doch nun strengen sich alle an, die Wogen zu glätten.

Der potenzielle Käufer Markus Blum (Blumquadrat GmbH Iphofen) und die Verantwortlichen der Stadt treffen sich am Montag, 21. Januar, erneut. Erklärtes Ziel: den Verkauf endlich unter Dach und Fach zu bringen. Will heißen: Die Sicherheitsfrage muss endlich geklärt werden.



Mindestens drei Bombenwellen gingen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges über dem Flugplatz-Areal nieder und in der einstigen Flak-Stellung liegt wohl noch Munition im Boden. "Bevor Planungsrecht geschaffen und gebaut werden kann, muss Kampfmittelfreiheit herrschen", stellt Bauamtsleiter Oliver Graumann fest. Aber was bedeutet "Kampfmittelfreiheit"? Laut Regierung von Unterfranken darf es "keine Gefahr für Leib und Leben geben".
Als Sicherheitsbehörde trage die Stadt dafür "ein Stück weit Verantwortung", stellt Graumann klar. Um 100prozentige Sicherheit zu bieten, müsste jegliches Kriegsgerät aus dem Boden raus. "Das geht zwar theoretisch, aber das kann kein Mensch bezahlen", bringt Graumann das Problem auf den Punkt. Schließlich müsste dann auch unter allen Gebäuden gebaggert werden, die nach dem Krieg gebaut wurden, und unter sämtlichen versiegelten Flächen.
Also muss ein für alle gangbarer Zwischenweg gefunden werden. Was ist wirtschaftlich tragfähig, gibt aber zugleich so viel Sicherheit, dass eine Entwicklung auf dem Gebiet möglich wird?

Parallelen zu Giebelstadt?

Markus Blum will es in Kitzingen ähnlich wie in Giebelstadt machen - auch wenn Graumann diesen Vergleich scheut. Blum sieht durchaus Parallelen: "Beide Areale bergen einen Flugplatz, auf beiden soll ein Gewerbegebiet entstehen." Er will der Stadt am Montag einen Stufenplan vorschlagen: Zunächst will Blum einen erfahrenen Kampfmittelräumer mit einer ferromagnetischen Untersuchung beauftragen. "Mit einem Sensor werden sämtliche Metallteile auf dem Areal erfasst und am Computer ausgewertet.

Per GPS-Daten werden die Fundstellen vor Ort abgesteckt. Der Kampfmittelräumer fährt dann alle wesentlichen Punkte ab und schaut nach, was da unten liegt." Je nach Art der Signale und Störfelder könne er das Gefährdungspotenzial abschätzen, beschreibt der 39-jährige Unternehmer das Vorgehen. "Alle Blindgänger werden entfernt. Früher gab es aber zum Beispiel auch Flakschützengräben. Wenn dort noch Patronen in einem Meter Tiefe liegen, holt man die nicht raus - sie stellen ja keine Gefährdung dar."

Die zweite Stufe ist die Wiederholung der ersten: Der Kampfmittel-Experte misst mit Sensor nochmal alles nach. "Zusätzlich werden historische Luftbilder ausgewertet."
Schließlich bescheinigt der Kampfmittelräumer die so genannte "beschränkte Kampfmittelfreiheit", das heißt: Nach menschlichem Ermessen ist es ungefährlich, diese Fläche zu betreten. "In Giebelstadt haben wir das so gemacht. Sowohl die Stadt als auch das Luftamt habe dieses Vorgehen akzeptiert."
In Kitzingen will Blum nun anbieten, noch ein weiteres - externes - Beratungsbüro mit zugelassenem Kampfmittelräumer hinzuzuziehen. "Ich hoffe, dass die Sicherheit dann auch aus Sicht der Stadt Kitzingen ausreicht, wenn sie drei Gewährleister hat: den Kampfmittelräumer, meine Firma und den externen Gutachter."
Im Übrigen werde die Kampfmittelfreiheit immer im Hinblick auf den Nutzungszweck erteilt. Für Harvey heiße das: Immer, wenn für neue Gebäude ein Fundament ausgehoben wird, muss ein Kampfmittelräumer dabei sein. "Das ist in Giebelstadt auch so."
Obwohl das Gefährdungspotenzial nach 60 Jahren deutlich reduziert ist, ist laut Blum eines klar: "Keiner will ein Risiko eingehen - wir auch nicht. Ein vernünftiges Sicherheitsniveau kann erreicht werden. Und dann ist es gut."

Eine kalkulierbare Größe

Mit dem Landratsamt hat Blum in Sachen Altlastenbeseitigung "so weit alles geklärt". Sein Team arbeite - "um keine Zeit zu verlieren" - derzeit parallel am Bebauungsplan sowie an einem Exposé für Interessenten. "Was jetzt noch fehlt, ist die Aussage der Stadt: Was müssen wir tun, damit es ausreichend sicher ist? Wir brauchen eine konkrete Antwort." Am Montag soll es so weit sein.