Altes Haus erwacht aus dem Dornröschenschlaf
Autor: Tom Müller
Kitzingen, Freitag, 10. Mai 2013
Das Haus in der Kitzinger Ritterstraße 20 war schon vieles, bis es in einem Dornröschenschlaf fiel. Als es vor sieben Jahren gekauft wurde, fand sich kein Mieter. Doch jetzt ist das Haus zu neuem Leben erwacht.
Könnten Häuser erzählen, dann würde dieses Haus sicher eine Geschichte zum Besten geben, die an Dornröschen erinnert. Von einstigem Glanz wäre die Rede, vom Zauber der Renaissance, von Feiern und Geschäften, die in seinen Mauern getätigt wurden. Das 16. Jahrhundert würde in all seiner mittelalterlichen Pracht wieder auferstehen. Dann würde noch die Geschichte einer Brauereigaststätte erzählt werden, bevor das Haus in einen langen Schlaf versinkt. Mehr und mehr verfällt das Gemäuer, die Balken der Fassade und des Dachgestühls werden porös.
Vor sieben Jahren kaufte Marcus Wittmann das Gebäude. Sein Vater, Immobilienmakler Georg Wittmann, nahm es unter seine Fittiche. Er ließ aber noch offen, wie das Gebäude eventuell umgebaut werden soll.
Ein Faible für alte Gebäude
Der Zufall wollte es, dass der Mietvertrag der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. Kley 2013 in Kitzingen auslaufen sollte. Die Gesellschaft, die noch weitere Büros in Schweinfurt und Würzburg betreibt, wollte den Standort Kitzingen aber auf keinen Fall aufgeben und sah sich nach einem neuen Objekt um. Im Fokus von Wirtschaftsprüfer Michael Bastert, der die Geschäfte der Gesellschaft führt, stand eher kein Neubau. "Ich habe ein Faible für alte Gebäude, die aber den Ansprüchen unserer Zeit gerecht werden müssen", erzählt Bastert. So entdeckte er das Anwesen in der Ritterstraße.
Als "absoluten Glücksfall für das Haus und die Stadt Kitzingen" bezeichnet Georg Wittmann im Rückblick diesen Moment. "Herr Bastert hat eine außergewöhnliche Vorstellungskraft", rühmt Wittmann seinen Mieter. "In kürzester Zeit lagen seine Vorstellungen auf dem Tisch, denen wir problemlos gerecht werden konnten", so Wittmann. Von da ab ging alles ganz schnell. Mit anderen Worten: Es musste ganz schnell gehen, weil ja der Mietvertrag der Kitzinger Kanzlei auslief. "In vier Monaten wurde das Haus zum Leben erweckt", berichtet Wittmann
lachend.
Nur wenige abgeschlossene Räume
160 Quadratmeter im ersten Stock des Gebäudes wurden an die Erfordernisse einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angepasst. "Im alten Büro hatten wir nur wenige abgeschlossene Räume", gesteht Bastert, "was für unser Klientel aus Gründen der Vertraulichkeit nicht ganz optimal war". Außerdem war die Gesellschaft in unterschiedlichen Stockwerken untergebracht. "Hier ist jetzt alles auf einer Ebene", schwärmt Bastert. Mehr noch. Die Büros wurden weitestgehend offen gestaltet, aber mit Milchglaswänden abgeschottet. "Somit sind die Büros von zwei Seiten von Licht durchflutet und dennoch abgeschlossen".
Geht man heute durch die Räume, wirkt alles so, als wäre es schon immer so gewesen. "Na ja", entgegnet Georg Wittmann schmunzelnd, "da mussten hier und da schon meterdicke Wände eingerissen werden". Bei einem denkmalgeschützten Haus ist das nicht immer selbstverständlich. Und nicht immer war alles möglich. "Wir wollten zum Beispiel die Eingangstüre versetzen", erzählt Bastert. "Da schob die Denkmalschutzbehörde einen Riegel vor". Bastert äußert aber Verständnis für die Entscheidung. "Das geht schon in Ordnung", sagt er. "Wir haben hier ein Einzeldenkmal in Rathausqualität", ergänzt Georg Wittmann. Die sechs neuen Räume nebst zweier kleiner Badezimmer passen sich so oder so überaus elegant in die alte Statik ein.
Mitarbeiter sind begeistert
Die Mitarbeiter der Gesellschaft atmen im neuen Büro auf. "Wir haben hier mehr Platz", erzählt Antje Bischoff. "Die Sonne scheint hinein, wir können den blauen Himmel sehen und unsere Räume sind individuell gestaltet". Kein Raum gleicht dem anderen. Und kaum ein Büro hat eine gerade Wand. "Herausgekommen ist eine gelungene Kombination aus Alt und Neu", bestätigt Michael Bastert. Seit rund zwei Wochen ist die Kanzlei nun in den neuen Räumen. Mit diesen kamen auch gleich neue Kunden. "Wir sind am Donnerstag eingezogen und hatten am Freitag den ersten neuen Mandanten im Haus", berichtet Bastert.
Gewerkelt wird jetzt mit Hochdruck, denn natürlich sollen jetzt auch das Untergeschoss und der Dachbereich zügig vermittelt werden. "Eine italienische Kaffee-Bar unter uns, das wäre ideal", formuliert Michael Bastert seinen Wunsch bezüglich der Nachbarn. Georg Wittmann hätte nichts dagegen. "Schön wäre es, mit dem Haus auch den Innenhof zu beleben". Eines ist jedenfalls sicher: Dornröschen ist erwacht und wirkt heute schöner denn je.