Druckartikel: 800 Euro Beute, acht Jahre Knast

800 Euro Beute, acht Jahre Knast


Autor: Franz Barthel

Würzburg, Freitag, 14. Juni 2013

22 Mal ist ein rumänischer Staatsbürger schon verurteilt worden. Er war immer wieder als Einbrecher unterwegs. Zuletzt hat er einen Rentner mit einem Brotzeitmesser und einem Elektroschocker bedroht.


800 Euro hat ein mit Sturmhaube maskierter und mit einem Elektro-Schockgerät bewaffneter Räuber beim Überfall auf einen Rentner in dessen Wohnung in Höchberg bei Würzburg erbeutet. Dafür schickte eine Große Strafkammer des Landgerichts Würzburg den aus Rumänien stammenden Mann am Donnerstag für acht Jahre hinter Gitter.

Es ist seine 22. Verurteilung, zehn Jahre seines Lebens hat der Mann bereits hinter Gittern verbracht. "Beim nächsten Mal", so der Vorsitzende Richter Burkard Poepperl, "werde wir uns dann vermutlich vor allem über die Sicherungsverwahrung unterhalten müssen."

Zwetschgen, die der Rentner an einem Septembertag 2011 in seinem Garten von den Bäumen geholt und nachhause gefahren hatte, wären beinahe seine letzte Ernte gewesen. Als er Eimer und Körbe mit dem Obst vom Pkw ins Haus trug, ließ er die Haustüre vorübergehend offen stehen. Das sah der Angeklagte, der an dem Abend in Höchberg zu Wohnungseinbrüchen unterwegs war. Er schlich ins Haus des allein lebenden Rentners und versteckte sich.

Als der Rentner einige Zeit später in der Küche saß und nach der anstrengenden Gartenarbeit Brotzeit machen wollte, stand plötzlich ein Mann ganz in schwarz vor ihm und fragte, wo er sein Geld verstecke. Erst habe er nur kleine Blitze an dem Elektro-Schocker gesehen, erinnerte sich der Rentner vor Gericht, dann sei er nach zwei Stromschlägen zu Boden gegangen. "Wie im Film" sei es gewesen.

Die Brieftasche auf dem Tisch

Mit dem Brotzeitmesser des Rentners hat der Unbekannte seinem Opfer vor dem Gesicht herum gefuchtelt und gesagt: "Wenn du nicht ruhig bist, bringe ich dich um, das schwör ich dir". Und dazu habe er immer wieder gefragt: "Hey, Alter, wo hast du dein Geld versteckt?". Der Rentner blieb dabei, dass es kein Versteck gebe, nur die Brieftasche auf dem Tisch.

"Ich weiß, wo du wohnst"

Den Inhalt, 800 Euro, nahm der maskierte Räuber an sich, hat dann sein Opfer noch mit mitgebrachtem Kabelbinder gefesselt und davor gewarnt, zur Polizei zu gehen: "Ich weiß, wo Du wohnst. Du kennst mich nicht, aber ich dich. Dann komm ich wieder". Täter und Opfer kannten sich vom Sehen, weil der Angeklagte vorübergehend auch mal in der Höchberger Hauptstraße gewohnt hatte, allerdings hatten sie nie mit einander gesprochen.
Der Prozess war bereits im Januar angelaufen, musste aber nach zwei Verhandlungstagen wegen Erkrankung eines Gutachters abgebrochen werden. Abblitzen lassen hat der Rentner den Räuber, als der sich entschuldigen wollte mit so geschraubten Sätzen wie "Ich versichere, dass Sie in Zukunft von mir nichts mehr zu befürchten haben" oder "Ich hoffe, dass Ihnen so etwas nicht noch einmal passiert".

Ihm sei es, so der Angeklagte, wirklich nur um Geld gegangen, als er an dem Abend ausrückte, um irgendwo in eine Wohnung einzubrechen. Auf keinen Fall habe er beabsichtigt, einem alten Menschen weh zu tun, wie man das immer wieder im Fernsehen sieht, zum Beispiel bei "Aktenzeichen XY ungelöst".

Seine schwere Kindheit in Rumänien, die der Angeklagte als Begründung für sein Abgleiten in die Kriminalität schilderte, könne man nach so vielen Jahren, so das Gericht, nur noch bedingt berücksichtigen. Das Familienleben soll durch Alkohol und Gewalt geprägt gewesen sein. Als der tyrannische und meist betrunkene Vater sich aufhängte, sei ein Bruder des Angeklagten als Familienoberhaupt nachgerückt und habe, wie vorher der Vater, die Geschwister ebenso wie die häufig betrunkene Mutter verprügelt. Als 17-Jähriger war der Angeklagte dann allein nach Deutschland aufgebrochen.

Obwohl die Tat bereits fast zwei Jahre zurückliegt, leidet der Rentner immer noch erheblich unter den psychischen Folgen des Überfalls. Er schlafe schlecht, berichtete er vor Gericht, und springe häufig, wenn es in dem alten Haus mit vielen Holzbalken irgendwo "knarzt", aus dem Bett, weil er meint, es sei wieder jemand im Haus. Dann durchsuche er bis in den Keller hinunter alle Räume, leuchte mit der Taschenlampe in alle Ecken, bevor er sich wieder ins Bett legt, aber natürlich nicht schlafen kann.

21 Vorstrafen

Die 21 Vorstrafen des Angeklagten haben überwiegend als Absender das Amtsgericht Würzburg: Schwerpunkte seiner Einbrecher-Karriere waren öffentliche Einrichtungen wie das Würzburger Rathaus, die Fachhochschule, der Caritas-Verband, Uni-Kliniken, das Sozialamt und die Bewährungshilfe. Häufig hat der Einbrecher sich in diesen Gebäuden einschließen lassen und in der Nacht dann Büros und Schreibtische aufgebrochen. In vielen Fällen war der Sachschaden erheblich höher als die Beute, an zahlreichen Tatorten hat der Angeklagte Scheiben eingeschlagen,. Raffiniertes Aufbrechen war nicht "sein Ding".